Seine Produkte sind allgegenwärtig: in Restaurants, Flughäfen, Büros und Haushalten. Handtrockner, Luftreiniger, Ventilatoren, Leuchten, Föhne - und natürlich die revolutionären Staubsauger ohne Beutel mit dem eigenwilligen Design und in knalligen Farben. James Dyson, der Visionär und experimentierfreudige Tüftler, der als Englands Antwort auf Elon Musk gilt, hält mehrere Tausend Patente, über 12 000 Angestellte arbeiten weltweit für ihn. 2018 erzielte er laut dem US-Magazin "Forbes" für seine über 60 Erzeugnisse Verkaufserlöse von 5,8 Milliarden Dollar. Sein Weg zum Erfolg war steinig. Jahrelang kämpfte er gegen die Widerstände und die Arroganz der großen internationalen Elektrikkonzerne. Aber er hat den Briten ihren industriellen Stolz zurückgegeben und gezeigt, wie ein westlicher Hersteller gegen die Billigkonkurrenz aus Asien bestehen kann.

Dyson, 1947 als Sohn eines Altphilologen und einer Lehrerin geboren, wuchs in der englischen Küstenstadt Norfolk auf. Über seine Jugendzeit sagte er später: "Geld spielte damals überhaupt keine Rolle, viel wichtiger für mich waren die Landschaft, das Meer, die Sanddünen, die Freiheit." Er verlor seinen Vater, als er neun Jahre alt war - sein Tod habe ihn zu dem gemacht, der er heute sei, sagt er. Von 1966 bis 1970 studierte er am renommierten Royal College of Art in London Möbeldesign und Innenarchitektur. Später interessierte er sich für Ingenieurswissenschaften. Mitte der 80er-Jahre folgte eine revolutionäre Erfindung, die ihn schließlich berühmt und reich machen sollte: der beutelfreie Staubsauger, dessen Motor Zentrifugalkräfte nutzt. Fünf Jahre lang hatte er an einem Prototypen gearbeitet, während seine Frau Deirdre die drei Kinder als Kunstlehrerin durchbrachte. Später gestand er: "Ich habe jeden Tag ans Aufhören gedacht und bin nur deshalb immer wieder an die Werkbank zurückgekehrt, weil ich als Schüler Langstreckenläufe gemacht habe." Papa Dyson sei damals oft mit überschaubarer Laune zum Essen erschienen, verriet sein Sohn Jake. Aber nach 5126 Fehlversuchen und rund 50 000 Stunden Tests in Haushalten auf der ganzen Welt funktionierte das Gerät. Die lange Entwicklungsphase hatte Dyson fast ruiniert: Phasenweise schuldete er der Bank über eine Million Pfund.

Echte Innovation


Mit seiner neuartigen Technik löste Dyson das Problem, dass der Schmutz ständig die Poren im Staubbeutel verstopfte. Sein Staubsauger - er nannte ihn "G-Force" - nutzte den Effekt, dass rotierende Luft, die durch einen Trichter geschickt wird, schneller wird. Dadurch entsteht eine Saugkraft, die selbst winzigste Schmutzpartikel anzieht. Zentrifugalkraft schließlich sorgt dafür, dass der Schmutz in einem Sammelbehälter landet. Dysons Staubsauger wurde mehrfach ausgezeichnet und steht heute in Museen rund um die Welt. Auffallend sind die bunten Farben des Geräts und das charakteristische Design: Die zylindrische Abscheidungskammer ist ein zentrales Designelement. Der "G-Force" wurde 1990 präsentiert. Aber Dyson stieß erst mal auf Skepsis. "Wenn es eine bessere Art des Saugens gäbe, dann hätten Hoover oder Electrolux die doch längst erfunden", bekam er zu hören. Es dauerte tatsächlich einige Jahre, bis er schließlich einen japanischen Partner fand, der den Sauger lizenzierte und zum Preis von 2000 Dollar verkaufte. Mit den Lizenzeinnahmen gründete Dyson im beschaulichen Malmesbury, dem ältesten Städtchen Englands, eine eigene Firma mit angeschlossener Entwicklungsabteilung. 1993 brachte er sein erstes Produkt - ein Nachfolgemodell des "G-Force" - auf den Markt. Der wurde schnell zum meistverkauften Staubsauger Englands. Heute muss jeder neue Mitarbeiter an seinem ersten Arbeitstag einen Dyson-Staubsauger montieren. "Es gibt ihnen Vertrauen in unsere Technologie. Sie wissen dann, was drinsteckt", erklärte er der "Harvard Business Review" dieses Firmenritual.

Seine Erfolge verdanke er den "Tugenden eines Maulesels", schrieb er in seiner Autobiografie ("Sturm gegen den Stillstand"). "Ich bin ein sehr hartnäckiger Mensch und gebe nicht so leicht auf. Ich war immer überzeugt, dass die Menschen einen Staubsauger wollen, der seine Saugkraft nicht verliert, und ich war fest entschlossen, dieses Problem ein für alle Mal zu lösen."

Die gleiche Hartnäckigkeit zeigte der ehemalige Langstreckenläufer, der noch heute jeden Tag joggt, auch bei der Entwicklung eines neuen Föhns. Er fand die herkömmlichen Modelle schwer und laut. Seine Entwickler in Malmesbury verstanden zwar viel von Motoren, aber nicht von Haaren. Also kauften sie erst Tausende Kilometer Haare in Büscheln, die gebogen und gedehnt, mit dem Dyson-Föhn getrocknet und anschließend unter dem ­Mikroskop auf mögliche Schäden untersucht wurden. Die Lautstärke wurde in schalldichten Räumen getestet. Fünf Jahre lang arbeiteten Dysons Tüftler unter strengster Geheimhaltung an der Entwicklung. 2018 kam dann der "Supersonic" auf den Markt, zu einem Verkaufspreis um die 400 Euro.

Entwickelt werden alle neuen Geräte in einem gläsernen Hochsicherheitstrakt in Malmesbury, idyllisch zwischen grünen Hügeln gelegen. Hier arbeiten rund 3000 meist junge Wissenschaftler und Ingenieure an den Produkten der Zukunft. In der Kantine hängt an der Decke ein Kampfjet vom Typ Lightning aus den 60er-Jahren, damals ein Vorzeige­produkt englischer Ingenieurskunst. Er soll die Mitarbeiter zu ähnlichen revolutionären Entwicklungen inspirieren. Dyson stellt fast nur Mitarbeiter ein, die frisch von der Universität kommen. "Nicht weil ich Erfahrung ablehne", argumentiert er, "aber wir brauchen sie nicht. Wir wollen nicht wissen, was früher Erfolg hatte. Wir wollen etwas Neues und Anderes voranbringen." Dyson gilt als größter Landbesitzer im Königreich, er hat große Ländereien in den Grafschaften Lincolnshire, Oxfordshire und Gloucestershire aufgekauft, mit Bauernhöfen, auf denen er Gemüse anbaut. Er verfügt über mehr Land als die Queen. Diese hatte ihn übrigens 2007 zum Ritter geschlagen - er trug damals zum letzten Mal eine Krawatte.

Erst Befürworter, dann Flucht


Der Unternehmer ist ein bekennender Brexit-Anhänger. "Meine Gründe sind sehr einfach: Ich glaube an Souveränität", erklärte er. Im Juli 2019 schockierte James Dyson, der gerade zum reichsten Mann der Insel aufgestiegen war, die britische Öffentlichkeit jedoch mit der Nachricht, dass er seinen Firmensitz nach Singapur verlegen werde - angeblich, um seinem am schnellsten wachsenden Absatzmarkt Asien näher zu sein. Dieser Schritt kam nicht gut an. Britische Oppositionspolitiker kritisierten die Entscheidung scharf und sprachen sogar von Verrat.