BÖRSE ONLINE: Herr Gerhardt, Hanseyachts war im Januar mit mehreren Marken auf der Boot 2017, der größten Wassersportmesse der Welt, in Düsseldorf vertreten. Wie zufrieden waren Sie mit der Resonanz der Besucher auf dieser wichtigen Verkaufsplattform?


Jens Gerhardt:

Auf der Boot in Düsseldorf waren wir mit 16 Yachten vertreten, was insgesamt 220 Meter Qualitätsarbeit aus Greifswald entspricht. Das ist viel Schiff und diese Größenordnung ist auch für uns etwas Neues und spiegelt den erfolgreichen Kurs der letzten Jahre wider. Wir hatten Besucher aus der ganzen Welt und sind damit voll zufrieden. Auch die Verkäufe lagen im Rahmen der Erwartung. Die Boot entwickelt sich immer stärker zu der wichtigsten internationalen Messe für Yachten.

Was war aus Ihrer Sicht das Messehighlights für Hanseyachts?


Das war in diesem Jahr eindeutig die neue Hanse 675, mit der wir nicht nur die weltweit größte Yacht einer Serienwerft präsentieren konnten. Mit der Hanse 675 haben wir zugleich in der Branche auch einen neuen Designstandard für Luxusyachten im 20-Meterbereich etabliert. Diese Yacht war ein Hingucker in der Segelhalle und begeisterte nicht nur Kunden aus dem oberen Segment. Sie ist allgemein ein Zeichen für Bootsbaukunst "made in Germany" und das Know-how der Hanse Werft.

Welche weiteren Ihrer Yachten kamen bei den Besuchern besonders gut an?


Die von uns präsentierten Neuheiten sind in Düsseldorf durchweg auf eine sehr positive Resonanz gestoßen. Exemplarischen nennen möchte ich hier die Fjord 42 Open, eine echte Stilikone für Luxus und Spaß, sowie die Sealine C530, die mit perfektem Finish und Funktionalität besticht. Vor allem die Vielzahl an Innovationen, wie der ersten vollelektrischen Hanse 315 oder dem multifunktionalen T-Top auf der Hanse 588 und Hanse 675, sorgten für den ein oder anderen "Aha"-Moment. Und darum geht es uns. Wir wollen einen Mehrwert für die Kunden schaffen und der Konkurrenz immer ein Stück voraus sein.

Die Übernahme der Sealine GmbH hat sich für Hanseyachts als Glücksgriff erwiesen. Welche Wachstumsperspektiven sehen Sie im Bereich Motoryachten?


Mit der Marke Sealine haben wir die Lücke für Fahrtenmotoryachten in unserem Portfolio geschlossen und konnten sie erfolgreich in unsere Werft integrieren. Jedoch hat die Marke ihr Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft, im Gegenteil, wir stehen noch am Anfang. In den letzten drei Jahren haben wir zusätzlich zum bestehenden Portfolio von Sealine vier neue Motoryachten in Greifswald entwickelt. Diese wurden international für renommierte Preise nominiert und ausgezeichnet und begeistern auch traditionelle Sealine-Kunden.

Dieser Trend von Neuentwicklungen wird sich über die nächsten Jahre fortsetzen, um in ein paar Jahren eine komplette Produktlinie "Made in Germany" anbieten zu können. Beim Ausbau der Marke Sealine können wir zudem auf das Know-how der Fjord-Übernahme aus dem Jahre 2007 zurückgreifen. Heute ist die Marke Fjord übrigens einer der stärksten Wachstumsmotoren der Werft. Wir mussten erst kürzlich den nach Kauf der Marke zuerst abgewerteten Markenwert auf seine ursprüngliche Größe wieder aufwerten.



Hanseyachts befindet sich seit dem Einstieg der Münchner Beteiligungsgruppe Aurelius im Jahr 2011 auf einem erfolgreichen Turnaroundkurs. Was waren die bedeutendsten Schritte im Rahmen der Restrukturierung?


Nach der Übernahme durch Aurelius wurde die gesamte Wertschöpfungskette der Werft analysiert und nach modernen Lean Management Standards umgebaut. Die Werft wurde einer typischen Restrukturierung unterzogen. Es wurde zentralisiert und es wurden alle Tätigkeiten abgestoßen, die nicht zum Kern des Bootsbaus gehören. Nach erfolgreicher Beendigung dieser Phase wurde den Aktionären ein Wachstumspaket vorgestellt, welches beschlossen und finanziert wurde. In dieser Phase befinden wir uns nun seit einigen Jahren. Das Wachstum speist sich aus dem Kauf der für uns neuen Marke Sealine, neuen Modellen bei den vorhandenen Marken Fjord, Hanse, Dehler und Moody und dem Investment in neue Märkte wie China und USA. Diese Strategie ist bisher erfolgreich implementiert worden. Wir konnten mehrfach um 10 Prozent und mehr pro Jahr wachsen.

Wie zufrieden sind Sie bisher mit dem Verlauf des aktuellen Geschäftsjahres 2016/2017? Liegen Sie bezüglich der Absatz- und Auftragssituation im Plan?


Das aktuelle Geschäftsjahr läuft wie erwartet gut. Die Werft erlebt weiterhin ein überproportionales Wachstum, das schon im Vorjahr prognostiziert wurde. Der aktuelle Auftragseingang bewegt sich auf hohem Niveau. Schon das letzte Jahr war unser zweitbestes in der Firmengeschichte und der Umsatz bei Dehler, Sealine und Fjord war der Höchste seit Integration in die Hansegroup.

Welche Erwartungen haben Sie an die gerade angelaufene zweite Jahreshälfte des aktuellen Geschäftsjahres?


Wir haben auf der Boot Düsseldorf unser neues Flaggschiff von Sealine, die neue Sealine C530, gelauncht und viel positives Feedback von unseren Kunden und der Presse erhalten. Diese Yacht ist allerdings nur eine von vielen Neuheiten und Erfolgsprodukten, welche nach der aktuellen Auftragslage auch in den nächsten Monaten stark nachgefragt werden. Wir werden aber am meisten damit beschäftigt sein, die Aufträge des ersten Halbjahres auch alle zu bauen und auszuliefern.

Inwiefern müssen Sie befürchten, dass Ihnen neue Unsicherheiten durch die Wahl in den USA, den bevorstehenden Brexit oder auch die Spannungen in der Türkei den Geschäftsverlauf negativ beeinflussen?


Wie jedes internationale Unternehmen sind auch wir über die Entwicklungen in den jeweiligen Ländern besorgt. Bisweilen ist diese Sorge jedoch unbegründet und schlägt sich in keiner Weise in den Verkaufszahlen nieder. Alle drei genannten Länder verzeichnen derzeit sogar noch einen leichten Wachstumstrend. Wir haben einen Exportanteil von 85 Prozent und sind auf allen Erdteilen von mehr als 200 Händlern oder Generalimporteuren vertreten. Lokale Krisen konnten wir in den letzten Jahren immer mit neuen Wachstumsbereichen in anderen Regionen ausgleichen.



Welche mittelfristigen Ziele haben Sie sich mit der Hanseyachts gesetzt? Wo sehen Sie die Gesellschaft in drei bis fünf Jahren?


Mein Ziel ist es, Hanseyachts langfristig profitabel zu machen und auf die Herausforderungen der nächsten 20 Jahre vorzubereiten. Wir sehen allgemein einen Umschwung in der Branche. Heute sind die Bedürfnisse der Segler anspruchsvoller als noch vor 10 Jahren und der Markt wird sich auch in Zukunft noch weiter ändern. Käufer werden erfahrener und kaufen wirkliche Qualität und Innovationen, keine Blender. Das kommt uns sehr entgegen. Aus diesem Grund fahren wir eine kontinuierliche Neuentwicklungsstrategie, um die Product-Life-Cycles der Yachten so effizient wie möglich zu halten. Diese Strategie hat sich schon jetzt ausgezahlt und wir können relativ schnell auf die Bedürfnisse am Markt reagieren. Konkrete Beispiele sind das neue Lounge-Konzept, die T-Tops und die Dingi-Garagen auf den großen Yachten. Auch der Ausbau unserer Motoryachtmarken ist Teil der Marktveränderung, da nicht wenige Kunden im Alter vom Segel- zum Motorboot kommen.

Obwohl die Hanseyachts-Aktie in den vergangenen Jahren kaum in den Schlagzeilen war, hat sie sich innerhalb von 16 Monaten in etwa verdoppelt. Hat das Papier aus Ihrer Sicht damit einen Teil des weiteren Wachstums schon vorweggenommen oder war dies erst der Anfang einer nachhaltigen Neubewertung?


Wer die Ergebnisse der letzten Jahre im Verlauf betrachtet, wird schnell einen positiven Trend erkennen, der konstant durch alle Geschäftsberichte hinweg sichtbar ist. Bisher haben wir seit Beendigung der Restrukturierung den Umsatz stark ausgebaut. Heute sind wir an einem Punkt angelangt, an dem das Unternehmen kurz vor dem Breakeven-Point steht. Wir kommen also in eine interessante Geschäftsphase und unsere Anleger wissen das.