Jens Rabe: Gegenüber anderen Anlageklassen wie Gold oder Aktien ist der Bitcoin noch sehr klein. Je kleiner und je weniger liquide ein Instrument ist, umso mehr schwankt es. Ähnlich wie bei Aktien: Kleine Aktien schwanken stärker als große. Zudem ist die Verteilung des Bitcoin sehr inhomogen. Die Masse der Bitcoins wird von wenigen großen Adressen gehalten, den sogenannten Walen. Entscheiden sich diese für einen Kauf oder Verkauf, kommt es zu Schwankungen. In keiner anderen Anlageklasse sind so viele Emotionen enthalten wie in Kryptowährungen.
Die EU will in Zukunft den Bitcoin regulieren. Wie sehen Sie eine solche Regulierung für die Kursentwicklung des Bitcoins?
Langfristig ist das durchaus positiv. Viele institutionelle Investoren, etwa Pensionskassen oder ein Versicherungsunternehmen, können aus regulatorischen Gründen nicht in Bitcoin investieren, stehen aber unter Anlagedruck. Je regulierter Kryptowährungen sind, umso mehr institutionelle Anleger können ihr Geld in diese Anlageklasse anlegen. Kurzfristig kann es aber zu großen Schwankungen kommen.
Die starken Kursschwankungen erschweren Zahlungen. Würde man ein in Bitcoin gekauftes Produkt zurückgeben, könnte man Kursverluste erleiden. Hat der Bitcoin trotzdem eine Zukunft als Zahlungsmittel?
Derzeit hat der Bitcoin keine Zukunft als Zahlungsmittel. Die Kosten für eine Transaktion sind viel zu hoch. Aufgrund der hohen Nachfrage dauert es auch viel zu lange, das Bitcoin Netzwerk ist zu langsam. Andere Anbieter wie PayPal sind viel schneller und günstiger. Das ist nicht zwingend ein Nachteil, denn Gold ist auch kein Zahlungsmittel in dem Sinne.
Es wird immer wieder gesagt: Bitcoin ist das neue Gold. Ist da was dran?
Bitcoin hat sich in den vergangenen Jahren besser entwickelt als Gold. Viel Kapital fließt beispielsweise aus Gold-ETFs ab und in Kryptoprodukte. Aber es gibt Gemeinsamkeiten. In beiden Fällen muss man vertrauen, dass es sich um ein Wertaufbewahrungsmittel handelt. Des Weiteren wollen die Staaten beides nicht unbedingt: weder eine Gold gedeckte Währung, noch ein alternatives Zahlungsmittel. Momentan kann eine Kryptowährung, aufgrund der Schwankungen, ohnehin nicht als Wertaufbewahrungsmittel genutzt werden. Ein Investment der Summe x kann in sechs Monaten das dreifache oder nur noch die Hälfte wert sein. Dass viele Firmen eine Zahlung mit Bitcoin anbieten, ist auch viel Marketing, weil es gerade angesagt und hip ist. Bitcoin wird andere Anwendungen finden, aber nicht als Zahlmittel.
Jetzt klang alles etwas kritisch. Der Bitcoin ist Ihrer Meinung nach nicht als Zahlungsmittel einzusetzen und auch als Wertaufbewahrungsmittel nicht unbedingt geeignet. Wie geht es mit dem Bitcoin weiter?
Man sollte sich nicht ausschließlich auf den Bitcoin konzentrieren, sondern auf Krypto und Blockchaintechnologie insgesamt. Es wird künftig viele Anwendungsmöglichkeiten geben, wie jetzt schon NFTs oder die dezentrale Aufbewahrung über Token. Große Werte wie Immobilien könnte man kleinteilig vergeben. Man kann dies mit dem Internet vor 25 oder 30 Jahren vergleichen. Das Internet hat die Welt verändert und es waren nicht unbedingt die ersten Firmen wie Aol, die heute groß sind. Wichtig ist, dass die jeweilige Kryptowährung einen Anwendernutzen hat. In wenigen Jahren werden wir alle mit einer Kryptowährung bezahlen.
Das Schürfen von Bitcoin, das sogenannte Mining, verbraucht mehr Strom als ganze Staaten. Sehen Sie den Energieverbrauch der Kryptowährung langfristig als Problem, gerade in Hinblick auf den Klimaschutz?
Der Verbrauch ist nicht das große Problem, sondern, was daraus politisch gemacht wird. Es ist ein absoluter Angriffspunkt von Gegnern, egal ob staatlich oder privat. Man kann dem schwer etwas entgegnen. Transaktionen werden immer teurer und der Energieverbrauch wird immer höher. Mit grüner Energie wäre das nicht zu stemmen. In China, einem Land mit vielen Bitcoin-Minern kommt die Energie aus Kohlekraft. Es könnte ein großes Problem für Bitcoin werden, wenn man sich nichts einfallen lässt. Der Staat hat hier ein riesiges Druckmittel in der Hand.
Neben Bitcoin existieren mehrere Tausend Kryptowährungen, sogenannte Alt-Coins.
Welche alternativen Kryptowährungen halten Sie für am attraktivsten?
Das ist ganz einfach! Ethereum als Plattform und Ether als Token. Dies hat momentan die meisten Anwendungen. Denn eine Währung braucht einen Anwendernutzen - und da setzt sich Ethereum und Ether am ehesten durch. Die neuen Produkte werden oftmals auf der Ethereum-Plattform aufgesetzt. Unter den Kryptowährungen befindet sich viel Betrug. Viele alternative Währungen haben eine große Marktkapitalisierung, aber im Grunde genommen noch keinen praktischen Nutzen. Ohne Expertise sollte man sich an die wenigen großen Kryptowährungen halten. Auch hier wird man erleben, dass die ein oder andere Währung in sich zusammenbricht.
Worauf ist beim Einstieg in den Bitcoin Handel zu achten?
Man sollte seine Erwartungshaltungen anpassen. Viele unerfahrene Anleger erwarten schnellen Reichtum, Kurssteigerungen von über hundert Prozent. Dies ist unrealistisch. War dies in der Vergangenheit möglich, haben wir nun eine andere Zeit. Man sollte viel darüber lernen und sich sehr intensiv damit beschäftigen. Zudem sollte der Anleger seine Kryptowährungen von der Börse auf ein Hardware Wallet ziehen. Auch wenn es weniger geworden ist, werden Börsen weiterhin gehackt werden.
Ein sogenanntes Hardwear Wallet ist eine Speichermöglichkeit von Kryptowährungen zum Beispiel auf einem USB-Stick. Da die Transaktionen offline gespeichert werden, ist die Sicherheit erhöht. Was wäre denn ein solcher Hardware Wallet Anbieter?
Ein großer Anbieter ist Ledger. Ein chinesisches Hardware Wallet, gekauft von Ebay, könnte manipuliert worden sein. Man sollte in dem Fall einmal mehr investieren und nicht am falschen Ende sparen. Sind die Bitcoins einmal weg, hat man keinen Zugriff mehr darauf.
Wäre ein Krypto ETF für Anfänger sinnvoller als eine Einzelwährung?
Sie sprechen einen klassischen ETF mit einer Mischung aus verschiedenen Kryptowährungen an. In den jetzigen Produkten sind nur Ether und Bitcoin drin. In Kanada und der Schweiz sind diese schon zugelassen. Alle warten, ob diese in den USA kommen. Es gibt Anbieter wie Grayscale, die Produkte an der Börse haben und nur darauf warten, diese zu ETFs zu machen. Institutionelle und private Anleger könnten diese nutzen. Man hätte eine Diversifikation, also eine Streuung, was den Einstieg erleichtern würde. Die ETF Anbieter müssten auf die Sicherheit achten, sodass die Kryptowährung nicht auf dubiosen Börsen liegt. Dadurch wären Kryptowährungen attraktiver.
Wie kann man sich gegen einen Verlust beim Handel mit Kryptowährungen absichern?
Der investierte Anteil sollte so gewählt werden, dass Schwankungen ausgehalten werden können. Man kann zudem Stoppkurse benutzen. An der Chicago Stock Exchange, der Börse in Chicago, wird auch eine Absicherung durch Futures angeboten. Dies ist aber für die meisten Privatanleger nicht profitabel, da man ständig ein Auge darauf haben muss.
Zum Abschluss noch die Frage: Sind Sie selbst in Kryptowährungen investiert?
Mal mehr, mal weniger: Am Anfang des Jahres war es deutlich mehr. Neben Bitcoin und Ethereum halte ich auch andere Kryptowährungen. Sozusagen ein selbstgebastelter ETF. Allerdings habe ich nach dem starken Anstieg einige Gewinne mitgenommen. Momentan ist es für mich nicht ersichtlich, wohin die Reise geht. War das Tief bei 30.000 Dollar schon der Tiefpunkt oder fallen wir tiefer? Oder geht es weiter nach oben? Wir selbst als Händler nutzen Krypto mehr aus Tradingaspekten. Wir sind nur noch rund fünf Prozent investiert, vorher waren es auch schon einmal 15 Prozent. Ich glaube langfristig an Krypto, daher bin ich investiert.
Zur Person: Jens Rabe ist Börsenhändler mit über 20 Jahren Erfahrung. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Rabe Unternehmensgruppe. Er berät Kunden bei Investments auch zum Thema Kryptowährung. Neben seiner Beratertätigkeit gibt er sein Wissen in Büchern weiter z.B. in seinem Bestseller "Optionsstrategien für die Praxis".