Das kam unerwartet: Die Notenbank von Kanada beendet ihr Anleihekaufprogramm. Postwendend. Den Leitzins beließ man derweil noch bei 0,25 Prozent, stellte aber Erhöhungen im nächsten Jahr in Aussicht. Dies sollte im zweiten oder dritten Quartal 2022 der Fall sein. Dann dürfte nach den neuesten Projektionen die wirtschaftliche Erholung abgeschlossen und das Inflationsziel von zwei Prozent nachhaltig erreicht sein.
Hauptgrund für diese Kehrtwende in der Politik der Notenbank ist die konjunkturelle Lage. "Die weltweite wirtschaftliche Erholung seit der Pandemie schreitet voran", sagt Tiff Macklem, Chef der Notenbank. Belastet werde die Wirtschaft jedoch durch Lieferengpässe und hohe Energiepreise. Der Inflationsdruck dürfte höher und nachhaltiger als erwartet sein.
Die Teuerung in Kanada scheint dabei kein vorübergehendes Phänomen zu sein. Die Zentralbank erwartet eine "hartnäckigere" Inflation. Aktuell liegt sie bei knapp über vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr - also weit über der Zielbandbreite der Bank of Canada von 1,0 bis 3,0 Prozent. Besonders stark wirken sich die erhöhten Automobil- und Immobilienpreise aus, ebenso die höheren Energie- und Lebensmittelkosten.
Gefragte Währung
Auch daher also die Umkehr in der Geldpolitik. Effekt des Ganzen: Der kanadische Dollar legte gegenüber allen anderen wichtigen Währungen zu. Der bislang sehr guten Börsenentwicklung schadeten die Aussagen der Notenbanker nicht. Der 233 Aktien umfassende Leitindex TSX der Börse Toronto gewann seit dem Entscheid weiter hinzu und baute die hervorragende Wertentwicklung in den zurückliegenden zwölf Monaten weiter aus.
Gut bekommt der Börsenentwicklung offensichtlich auch die politische Stabilität im Land. Am 20. September wurde die Liberale Partei Kanadas um Justin Trudeau im Amt bestätigt. Trudeau wird erneut eine Minderheitsregierung bilden, die von Vorhaben zu Vorhaben Verbündete im Parlament benötigt. Ein Schwerpunkt seiner künftigen Politik soll die Steuerpolitik sein. So sind Steuererhöhungen für Banken und Versicherungen geplant - allerdings im überschaubaren Rahmen. Auch Erdöl-, Erdgas- und Kohleprojekte sollen höher taxiert werden. Im Gegenzug werden Umwelttechnologien gefördert und es wird wohl Subventionen für Firmen im Tourismussektor geben.
Dass Banken künftig mehr Steuern zahlen sollen, tut der guten Entwicklung des Sektors keinen Abbruch. Es ist die Zinswende, die für Auftrieb sorgt. Für die Banken ein Segen, weiten sich dadurch doch die Margen aus. Kein Wunder also, dass Bankaktien gefragt sind. So etwa das viertgrößte Finanzinstitut in Kanada, die Bank of Montreal, die nicht nur auf dem heimischen Markt tätig ist, sondern auch im Mittleren Westen der USA. Punkten kann die Bank außerdem als Vermögensverwalter und Anbieter von ETFs - hier ist sie Nummer 2 in Kanada.
Die Bank of Montreal gilt unter Analysten als sehr effizient und hat dadurch Vorteile im Kampf um Marktanteile. Positiv zu werten sind auch die steigenden Technologie-Investitionen der Bank. Die digitale Infrastruktur soll verbessert werden, um die Kundenbindung zu stärken und neue Kunden dazuzugewinnen. Die Bewertung der Bank ist angesichts der sich bessernden Rahmenbedingungen weiterhin relativ moderat.
Auch Sun Life Financial ist angesichts der Zinswende interessant. Das Unternehmen gehört zwar nicht zu den ganz großen Firmen, die in Toronto notiert sind, doch die Angebotspalette des Finanzdienstleisters lässt es an nichts fehlen. Rundum sorglos, so die Devise: mit Spar, Renten- und Pensionsprodukte, Investmentfonds sowie Lebens- und Krankenversicherungen. Dabei ist man neben Kanada auch in den USA, Großbritannien und Asien tätig. Zusammen mit den Konkurrenten Great-West und Manulife kontrolliert man in Kanada 80 Prozent des Markts für Lebensversicherungen. Mittelfristig peilt man bei Sun Life ein Gewinnwachstum von acht bis zehn Prozent pro Jahr an. Das lässt Luft für weiter steigende Kurse.
Wieder in der Spur
Guter Dinge darf man auch weiterhin bei Canadian Pacific Railway (CNR) sein. Unsere Empfehlung vom April hat allerdings einen wilden Kursritt hinter sich, wobei fast der Stoppkurs verletzt wurde. Die jüngste Tendenz zeigt aber wieder nach oben. Positiv ist weiterhin, dass der neue Handelsvertrag zwischen Kanada, Mexiko und den USA den Güterverkehr zwischen den Ländern ankurbeln wird. Dazu kommt, dass CNR wohl das Rennen im Übernahmepoker um die US-Eisenbahngesellschaft Kansas City Southern gewonnen hat. Wettbewerber Canadian National Railway ist im Bieterkampf unterlegen. Zusammen betreiben CNR und Kansas somit demnächst das erste Netz aus einer Hand, das Kanada mit den USA und Mexiko verbindet.