Die Commerzbank hat ihre Kapitaldecke über Nacht um fast 1,4 Milliarden Euro aufgepolstert. Nach einer Blitz-Aktienplatzierung kommt sie nun nach eigenen Angaben auf eine harte Kernkapitalquote von mehr als zehn Prozent und ist damit auch im internationalen Vergleich konkurrenzfähig. Mit der zum Verkauf stehenden Postbank habe die Aktienplatzierung nichts zu tun, sagten drei mit den Hintergründen vertraute Insider. Es ist das erste Mal seit der Finanzkrise, dass die Commerzbank bei einer Kapitalerhöhung nicht von der Notwendigkeit getrieben war, Bilanzlöcher zu stopfen. "Sie hat schlicht eine gute Gelegenheit genutzt, Kapital einzusammeln", sagte ein Banker, der in die Platzierung involviert war, am Dienstag.

Die zweitgrößte deutsche Bank nutzte dazu den Rückenwind, den ihr ein überraschend hoch ausgefallener Gewinn in den ersten drei Monaten des Jahres gab. Das operative Ergebnis hat sich auf 685 (Vorjahr: 324) Millionen Euro mehr als verdoppelt. Das liege etwa zu gleichen Teilen an den deutlich gestiegenen Erträgen, an Bewertungs- sowie an Einmaleffekten, hieß es. Dabei verkraftete die Bank sogar eine Abschreibung auf ihr Anleihen-Engagement bei der zahlungsunwilligen österreichischen "Bad Bank" Heta. Von den 400 Millionen Euro, die die Commerzbank dort im Feuer hat, muss sie auf Geheiß der Bankenaufseher etwa die Hälfte wertberichtigen. Die Erträge stiegen von Januar bis März um gut eine halbe Milliarde auf 2,8 Milliarden Euro. Die Risikovorsorge sank, der Nettogewinn legte auf 366 (200) Millionen Euro zu.

Die Commerzbank weckte gleichzeitig Hoffnungen, dass sie für 2015 wieder eine Dividende zahlen könnte - die erste seit 2007. Dafür seien im ersten Quartal 57 Millionen Euro zurückgestellt worden, hieß es in der Mitteilung. Die Bank of America rechnet nun mit einer Ausschüttung von 16 Cent je Aktie.

Institutionelle Investoren bekamen die 114 Millionen neuen Aktien zu je 12,10 Euro zugeteilt, gut sechs Prozent unter dem Schlusskurs vom Montag. Das Commerzbank-Papier pendelte sich anschließend bei 12,37 Euro ein.

Die Platzierung verhilft dem Institut zu einer harten Kernkapitalquote von 10,2 Prozent; Ende März hatte sie - den Quartalsgewinn eingerechnet - bei 9,5 Prozent gelegen. "Damit wird schneller als geplant das vom Kapitalmarkt mittlerweile geforderte Niveau für die harte Kernkapitalquote erreicht", erklärte die Bank. Die Analysten der Bank of America rechnen damit, dass die Commerzbank bis 2016 auf elf Prozent kommt. Die Verschuldungsquote (Leverage Ratio) steigt auf 3,9 von 3,7 Prozent. Die Regulierer fordern bisher nur drei Prozent, eine Anhebung der Mindestschwelle auf mindestens vier Prozent wird aber erwartet.

Analysten kritisierten, dass die Commerzbank-Aktionäre einmal mehr eine Verwässerung ihrer Anteile hinnehmen müssten. Um die Staatshilfen aus der Finanzkrise zurückzuzahlen, hatte Vorstandschef Martin Blessing mehr als zehn Milliarden Euro am Markt eingesammelt. "Wir sehen keinen Sinn darin, Kapital unter dem Buchwert aufzunehmen", schrieb JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein und stufte die Commerzbank-Aktie auf "Neutral" von "Übergewichten" zurück. Der Börsenwert der Commerzbank liege nur beim 0,6-fachen des Buchwerts. Der Bankenrettungsfonds SoFFin als größter Commerzbank-Aktionär hält nach der Kapitalerhöhung nur noch 15,6 (vorher 17,3) Prozent.

Der angekündigte Börsengang der Postbank hatte vor allem in der Berliner Politik zu Gedankenspielen geführt: Aus Commerzbank und Postbank ließe sich eine starke Privatkundenbank schaffen - als Gegengewicht zu den Sparkassen und den Volks- und Raiffeisenbanken. Doch die Commerzbank sei auf die Postbank nicht erpicht, sagten die Insider. Das Massengeschäft der Postbank passe nicht zum Bestreben der Commerzbank, sich stärker auf wohlhabendere Kunden auszurichten.

Reuters