Die wirtschaftliche Situation 2021
Die Wirtschaft hat im Jahr 2021 ein starkes Wachstum verzeichnet. Tillmann Galler, der globale Marktstratege von JP Morgan, spricht von einem globalen BIP-Wachstum von 5,8 Prozent in diesem Jahr. Der Leitzins in den USA liege bei 0,13 Prozent und die Inflation sei auf dem höchsten Stand seit den 70er Jahren, so Galler.
So sehen die Experten das Wirtschaftswachstum in 2022
Das globale Wirtschaftswachstum sollte kommendes Jahr überdurchschnittlich stark bleiben, erklärt der Kapitalmarktstratege. Die Kraft des Wachstums könne aber abnehmen, auch weil Staaten Konjunkturprogramme reduzieren und die Notenbanken sich stärker auf die Inflationsbekämpfung konzentrieren. Zudem sorgen Viruskrise und Materialengpässe weiter für hohe Volatilität.
Die fiskalpolitischen Impulse in den USA dürften abnehmen, so Galler. Daher werde der Privatsektor auch vermehrt investieren müssen, um die Wirtschaft zu stützen. Diese Bereitschaft sehen die JPMorgan-Experten, da der Privatsektor in den USA aufgrund staatlicher Hilfe gut durch die Krise gekommen sei. Die privaten Haushalte verzeichneten einen deutlichen Vermögenszuwachs, sowohl beim Finanzvermögen als auch beim Immobilienvermögen. Positiv dabei: Das gesteigerte Finanzvermögen könnte zum Wachstum der Wirtschaft beitragen. Auch bei europäischen Unternehmen sehen die Experten eine hohe Bereitschaft, etwa in Digitalisierung und Nachhaltig zu investieren.
Virusvarianten verunsichern
Das nächste Jahr weist aufgrund der neuen Coronavirus-Variante Omikron eine hohe Unsicherheit auf. Potenzielle neue Varianten könnten das Vertrauen der Verbraucher beeinflussen, erklärt Galler. Die Wirtschaft entwickle sich inzwischen in pandemischen Zyklen. So werden Aktivitäten in Wintermonaten aufgrund von Beschränkungen und Lockdowns zurückgefahren. In der wärmeren Jahreszeit gebe es dadurch Nachholeffekte, erklärt der Kapitalmarktstratege weiter.
Inflation auf hohem Niveau
Die Inflation in den USA befinde sich auf dem höchsten Stand seit den 70er Jahren. Experten erwarten eine sinkende Teuerungsrate in 2022. Die Inflation sei auch stark von der Energiekomponente getrieben. So hat die Opec, also der Zusammenschluss von Erdöl exportierenden Ländern, das Angebot künstlich verknappt. Doch jetzt beginnt das Ölbündnis das Angebot wieder auszuweiten, um die gesteigerte Nachfrage zu befriedigen. Die ist bereits stark erhöht. 2021 würden wir uns in Bezug auf die Energienachfrage bereits auf Vorkrisenniveau befinden. Ungeachtet des erhöhten Angebots werde der Ölpreis auf einem teuren Niveau bleiben.
Ein weiterer Preistreiber seien die Angebotsengpässe vor allem in der Chipindustrie, kommentiert der Stratege. Der Druck sollte hier jedoch ebenfalls nachlassen. Die Halbleiterindustrie habe ihre Kapazitäten ausgebaut, wodurch es zu einer Entspannung kommen könnte. Ein weiterer Faktor seien auch die hohen Immobilienpreise in den USA. Die erhöhten Löhne, etwa auch verbesserte Mindestlöhne, würden die Bereitschaft steigern für Wohnraum mehr Geld zu zahlen. Eine entscheidende Maßnahme im Umgang mit der Teuerungsrate ist die Reaktion der Zentralbanken. Mit einer weniger expansiven Geldpolitik versuchen die Notenbanken inzwischen weltweit, bei den hohen Inflationsraten gegenzusteuern.
So hat die US-Notenbank Fed in der Sitzung vom 15.12.21 die Erhöhung des Leitzinses angekündigt. In kommendem Jahr sollen bis zu drei Zinsschritte erfolgen. Zudem werden die Anleihekäufe erheblich zurückgefahren. Die Börse reagierte positiv auf die Meldung.
Die Bank of England hat bereits am 16.12.21 beschlossen, als erste der großen Notenbanken den Leitzins auf 0,25 Prozent anzuheben. Damit möchte die Notenbank das Inflationsziel von zwei Prozent erreichen.
Die Europäische Zentralbank hat entschieden ihre Käufe von Vermögenswerten zum Ende März 2022 einzustellen. Das während der Pandemie beschlossene Kaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) werde somit nächstes Jahr beendet. Der Leitzins verbleibe jedoch auf Rekordtief.
Value-Aktien vor Growth-Aktien
Die Ertragslage bei den Unternehmen sei exzellent, sagt Galler. Die Konzerne dürften in der Lage sein, die Gewinne weiterhin zu steigern, aber nicht mehr in dem gleichen Ausmaß wie in diesem Jahr, prognostiziert der JP-Morgan Experte.
Die JP-Morgan-Experten raten aufgrund der künftigen Entwicklung weiterhin zu Value-Werten. Eine Value-Aktie wird so bezeichnet, da der innere Wert ("Value") der Aktie für höher gehalten wird als der Aktienkurs. Oftmals zahlen stabile Unternehmen auch hohe Dividenden. Das Gegenteil sind Wachstums- also Growth-Aktien. Bei einer Value-Aktie ist der Gewinn in der Gegenwart hoch. Mit einer Wachstumsaktie setzen Investoren hingegen auf zukünftige Gewinne.
Zudem spielen die Zinspolitik und die erhöhte Inflation den Value-Papieren in die Karten. Befindet man sich in einem inflationären Umfeld, haben die Value-Papiere einen Vorteil gegenüber Wachstumsaktien. Denn die zukünftigen Gewinne von Growth-Anteilen dürften stärker von der Inflation betroffen sein.
Ähnlich verhält es sich bei steigenden Zinsen. Bei der Unternehmensbewertung werden die zukünftigen Erträge auf den Tag der Bewertung abgezinst. Die hohen Erträge in der Zukunft werden daher stärker abgezinst als die aktuellen Erträge.