Wann diese Auflagen in Kraft treten, ist allerdings unklar. Denn Facebook kündigte umgehend an, Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einzulegen. Unterstützung bekamen die Wettbewerbshüter von der Politik. Bundesjustizministerin Katarina Barley begrüßte den Beschluss und sagte, Nutzern sei dieser Datenabfluss häufig weder bewusst - noch könnten sie diesen verhindern, wenn sie die Angebote nutzen wollten. "Gegen den Missbrauch von Datenmacht müssen wir konsequent vorgehen."

Für Facebook geht es um viel. Das Kartellamt startete das erste offizielle Wettbewerbsverfahren gegen Facebook bereits im März 2016. Seither ist der Druck auf den Konzern gewachsen, transparenter mit den Daten seiner inzwischen weltweit mehr als 2,3 Milliarden Nutzer - fast jeder dritte Erdbewohner - umzugehen. In Europa trug dazu die im vergangenen Jahr in Kraft getretene Datenschutz-Grundverordnung bei. Aber auch der Datenskandal rund um die Analysefirma Cambridge Analytica im US-Präsidentschaftswahlkampf hatte Politiker und Regulierer rund um den Globus alarmiert und zu einer öffentlichen Diskussion darüber geführt, ob Facebook nicht stärker kontrolliert werden müsse.

Um das Zepter in der Hand zu behalten, ging das von Mark Zuckerberg gegründete Unternehmen mit einem Marktwert von fast 490 Milliarden Dollar in die Offensive und nahm viel Geld für den Ausbau der Sicherheit in die Hand. Aber ob das reicht, um die Bedenken in vielen Ländern zu entkräften, ist offen. Nach Einschätzung von Kartellexperte Michael Dietrich von der Anwaltskanzlei Clifford Chance könnten andere EU-Staaten ähnliche Maßnahmen wie das Bundeskartellamt treffen - "vor allem, wenn die Entscheidung in Deutschland vor den Gerichten Bestand hat."

Die Bonner Aufseher zeigten sich jedenfalls von den jüngsten Veränderungen bei Facebook unbeeindruckt und argumentierten, der Konzern mache die Nutzung seines Dienstes davon abhängig, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten auch aus Drittquellen wie etwa den eigenen Töchtern Whatsapp und Instagram sammeln zu können. Zudem habe Facebook auch Zugriff über Schnittstellen auf Daten von Webseiten und Apps anderer Betreiber. Dem Beschluss zufolge dürfen künftig Dienste wie das Messenger-Angebot Whatsapp oder der Fotodienst Instagram zwar weiter Daten sammeln, diese aber nur noch mit Zustimmung des Nutzers dem Facebook-Konto zuordnen. Die Einwilligung sei auch für die Sammlung von Daten von Drittwebseiten zwingend. "Daten sind im 21. Jahrhundert ein wichtiger Wettbewerbsfaktor", sagte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber. Facebook verstoße in mehreren Punkten gegen die hiesigen datenschutzrechtlichen Vorschriften.

Mundt zufolge hat das Unternehmen zwölf Monate Zeit, um die Vorgaben umzusetzen. Die Entscheidung des Kartellamts sei aber noch nicht rechtskräftig. Facebook könne binnen eines Monats Beschwerde einlegen.

MUNDT: "ICH HABE AUCH EINEN FACEBOOK-ACCOUNT"



Facebook hält die Argumente des Kartellamts für falsch, weil sie den starken Wettbewerb in Deutschland durch andere Anbieter wie die Google-Tochter YouTube, Snapchat oder Twitter nicht berücksichtigten. Mundt sieht das anders: Facebook habe in Deutschland täglich mehr als 20 Millionen Nutzer und komme auf Marktanteile bei sozialen Netzwerken zwischen 80 und 90 Prozent. Mundt selbst zählt ebenfalls zu den Mitgliedern: "Ich habe auch einen Facebook-Account."

Dem Unternehmen zufolge bewerten die Aufseher die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung durch Facebook falsch. Außerdem werde das Wettbewerbsrecht in verfehlter Weise angewendet, da es Sonderanforderungen an das Unternehmen stelle, die nur für Facebook gelten sollten. Auch der Branchenverband Bitkom bewertete die Kartellamtsentscheidung kritisch. Sie reihe sich ein in eine Serie zweifelhafter Maßnahmen vom NetzDG bis zu Upload-Filtern, die durchgängig auf die Großen zielten und am Ende vor allem die Kleinen träfen, sagte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Auf die Facebook-Bilanz wird sich der Beschluss der Bonner Behörde zunächst nicht auswirken, da es sich um ein Verwaltungsverfahren handelt, an dessen Ende zunächst einmal kein Bußgeld steht. "Folgt Facebook unseren Vorgaben nicht, könnten wir Zwangsgelder verhängen", drohte Mundt jedoch. Letztlich könnten diese bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes umfassen. Mundt hat sich den Schutz des Wettbewerbs in der Digitalwirtschaft auf die Fahnen geschrieben und immer wieder betont, die Behörde ziele darauf ab, Märkte offen zu halten und die Interessen der Verbraucher zu schützen. Besondere Beachtung findet deswegen auch das jüngste Vorhaben von Zuckerberg, die Technik hinter den Messaging-Diensten von Facebook, WhatsApp und Instagram zu vereinheitlichen und eine durchgängige Verschlüsselung einzuführen. Das müsste man sich wettbewerbsrechtlich mit Blick auf die Sammlung von Daten anschauen, machte Mundt bereits ein mögliches nächstes Verfahren gegen Facebook aus.

rtr