Das Problem: In der Finanzkrise wollten viele Anleger auf einmal ihr Geld aus den Fonds abziehen, die Gesellschaften konnten ihr Betongold aber nicht so schnell versilbern. Die Fonds wurden geschlossen, das Geld Hunderttausender Anleger steckt seither fest. Rund 15,8 Milliarden Euro sind auf diese Weise in Produkten wie dem CS Euroreal, dem SEB Immoinvest, dem KanAm grundinvest oder dem AXA Immoselect eingefroren. Die meisten der abzuwickelnden Produkte mussten ihre Anteilswerte immer wieder nach unten korrigieren. Und in vielen Fonds dürften Gebäude noch immer zu hoch bewertet sein.
Regelmäßig erhalten die Anleger dieser Fonds Angebote merkwürdig klingender Firmen wie MAK Severin oder Parkstraße Immobilien. Die Unternehmen bieten an, die Anteile der leidgeprüften Anleger zu übernehmen - gegen Bares. Die Beträge, die diese Unternehmen offerieren, unterscheiden sich jedoch erschreckend von den Anteilswerten, die die Gesellschaften der eingefrorenen Fonds veröffentlichen. Aktuell bietet beispielsweise die Parkstraße Immobilien 30 Euro pro Anteil für den CS Euroreal. Der Anteilswert der Fondsgesellschaft beträgt hingegen 42,63 Euro. Eine Abzocke?
Natürlich wollen die Unternehmen ein Schnäppchen machen. Sie spekulieren darauf, wie im Beispiel nur 30 Euro für etwas zu zahlen, was 42,63 Euro wert sein soll. Dass Anleger diesen Betrag vom CS Euroreal tatsächlich einmal erhalten werden, wenn alle Gebäude verkauft sind, ist zwar unwahrscheinlich. Sollten aber 36 Euro pro Anteilschein herausspringen, hätten die Unternehmen noch immer einen guten Schnitt gemacht und ein Plus von 20 Prozent erzielt. Unverschämt ist das Angebot trotzdem nicht. Das zeigen die Kurse für Anteile eingefrorener Immobilienfonds, die an der Börse in Hamburg gehandelt werden. Dort bekommen Anleger des CS Euroreal zurzeit nur 28,90 Euro pro Anteil. Da ist das Angebot von Firmen wie Parkstraße Immobilien sogar ein bisschen besser.
Eine Studie des Beratungsunternehmens Drescher & Cie. Immo Consult hat untersucht, wie hoch die Qualität der verbleibenden Immobilien in den Portfolios der eingefrorenen Fonds ist. Die Studie, die am Montag erscheinen wird und €uro am Sonntag vorliegt, liefert Anhaltspunkte, welche Auszahlungen Anleger von den in Abwicklung befindlichen Fonds noch erwarten dürfen.
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Analyse des Gebäudebestands
"Alle Gebäude der Fonds wurden nach den Kriterien Lagequalität, Gebäudequalität und Vermietungssituation bewertet", sagt Oliver Weinrich, der die Studie gemeinsam mit Co-Autorin Sandra Kielholz erstellt hat. Heraus kam ein Ampelsystem, das zeigt, wie viel Prozent des Portfolios als hochwertig, mittelmäßig und minderwertig gelten (siehe Investor- Info).
Außerdem wurde simuliert, welche Verkaufserlöse zu erwarten sind. Daraus berechneten die Autoren der Studie, ob der von den Fondsgesellschaften veröffentlichte Anteilswert mit den verbleibenden Immobilien erreicht werden kann.
Das Ergebnis: So gut wie keiner der eingefrorenen Fonds wird die derzeitigen Anteilswerte vollständig ausbezahlen. Und das, obwohl sie seit Bekanntgabe der Abwicklung schon jetzt zwischen einem (SEB ImmoInvest) und 46 Prozent (TMW Immobilien Weltfonds) an Wert verloren haben. Die von den Autoren ermittelten Verkaufserlöse zeigen, dass Investoren bei den meisten wichtigen Produkten mit weiteren Verlusten zwischen sieben und 17 Prozent rechnen müssen (siehe Investor- Info).
Eine schlechte Nachricht für Anleger, die darauf hoffen, dass die Fondsgesellschaften die aktuellen Anteilswerte ihres Fonds im Lauf der kommenden Jahre komplett auf ihr Konto überweisen. Immerhin stützt die Studie die Hoffnung, dass die Verluste nicht so hoch ausfallen werden, wie dies die niedrigen Börsenkurse suggerieren. In Hamburg betragen die Abschläge gegenüber dem offiziellen Anteilswert ungefähr 30 bis 40 Prozent (siehe Investor- Info). Für Anleger, die mit Offenen Immobilienfonds spekulieren wollen, offenbart die Studie hingegen Chancen: Die Börsenabschläge sind deutlich höher als die von Drescher & Cie errechneten Abschläge nach Verkauf aller Gebäude.
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Kaufen, halten oder verkaufen?
Wer jetzt Anteile Offener Immobilienfonds über die Börse kauft, bekommt also - sofern er die Anteile bis zur vollständigen Liquidation hält - am Ende wahrscheinlich mehr Geld zurück, als er ausgegeben hat. Eine Garantie dafür gibt es jedoch nicht.
Denn wie viel sich letzten Endes für eine Immobilie erzielen lässt, hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählen allgemeine Entwicklungen des lokalen Immobilienmarkts genauso wie Veränderungen an der Immobilie selbst. Auch der Zeitdruck, unter dem die Fonds beim Verkauf stehen, kann sich auf Verhandlungen und Erlöse auswirken.
All das sollten Anleger im Hinterkopf behalten, wenn sie Anteile erwerben, behalten oder abstoßen wollen. Die Entscheidung zum Abstoßen oder Behalten hängt im Übrigen nicht nur von den Erwartungen an die Entwicklung des Fonds ab. "Auch die eigene Liquiditätssituation ist zu betrachten", sagt Weinrich. Soll heißen: Wer jetzt das Geld braucht, wird um einen Verkauf nicht herumkommen. Und auch die eigene Leidensfähigkeit sollte berücksichtigt werden. Anleger, die dem Wertverfall ihrer Immobilienfondsanteile nicht länger zusehen wollen, sollten das sprichwörtliche "Ende mit Schrecken" dem "Schrecken ohne Ende" vorziehen.
Das Trauerspiel um die Fondsliquidationen darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Offene Immobilienfonds weiterhin eine Daseinsberechtigung haben. Sie bieten die einzige Möglichkeit für Privatanleger, sich mit überschaubaren Beträgen an Immobilien zu beteiligen. Fondsschließungen, wie sie in den vergangenen Jahren reihenweise vorkamen, sind auch in Zukunft nicht ausgeschlossen. Doch sie sind unwahrscheinlicher geworden. Seit Juli 2013 gelten neue Regeln. Sie sehen eine zweijährige Mindesthaltedauer und eine einjährige Kündigungsfrist beim Verkauf von Fondsanteilen vor. Besonders anlegerfreundlich klingt das nicht. Weil die Gesellschaften durch den Zeitpuffer jedoch auf überraschende Rückgabewellen besser reagieren können, verleiht es der Anlageklasse mehr Stabilität. Und die dürften viele Anleger zu schätzen wissen.
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