von Index Radar




Chart 1 - DAX Intradaychart auf Ein-Minuten-Basis





Die jüngsten Gewinne werfen die Frage auf, ob es nun wieder für längere Zeit weiter nach oben gehen kann. Dies ist aus marktanalytische Sicht aber weiterhin klar zu verneinen, auch wenn nun noch ein erneutes kurzfristiges Aufbäumen der Kurse wahrscheinlicher geworden ist. Zunächst einmal sollten die Gewinne vom Donnerstag nicht überbewertet werden. Der Anstieg des DAX am Morgen dürfte nervöse Inhaber von Short-Positionen zum frühzeitigen Ausstieg veranlasst haben, was schnell mal einen Aufwärtsschub weiter verstärken kann.

Doch wenn Anschlusskäufe ausbleiben, kann die Stimmung auch vergleichbar rapide wieder kippen. Wir befinden uns immerhin nicht auf einem x-beliebigen Kursniveau sondern sehen bereits seit Mitte Januar ein neues Allzeithoch nach dem anderen. Damals endete die seit Mai 2014 laufende Korrektur mit einem signifikanten Ausbruch über die 10.000er-Marke. Inzwischen notiert der Index bereits weitere 15 Prozent höher, ausgehend vom Korrekturtief Mitte Oktober 2014 sind es sogar mehr als 37 Prozent. Dadurch werden weitere Gewinnerwartungen durch die Realität wieder relativiert.

Wichtigstes Argument gegen eine lange Fortsetzung der Rally ist die Ähnlichkeit der jetzigen Situation mit dem Korrekturbeginn im Mai des vergangenen Jahres: Auch damals notierten mehr als 90 Prozent der 30 DAX-Aktien über der 21- und gleichzeitig über der 200-Tage-Linie (siehe Chart unten). Dass die Kurse so vieler Papiere im Index oberhalb ihrer kurz- und langfristigen Mittelwerte verlaufen, ist ein seltenes Ereignis, das zuverlässig ein wahrscheinliches Ende der Fahnenstange in nicht allzu ferner Zukunft anzeigt.

Für das Feintuning hilft dieser Indikator nicht, denn wenige Punkte weiteres Plus sind an der Börse immer drin - hier versagen die meisten Analyseinstrumente. Hilfreich sind dann Methoden wie beispielsweise die Suche nach Verkaufsformationen im Kerzenchart, welche wir aktuell aber noch nicht ausmachen. Ein Warnsignal kommt aber dennoch auch aus dieser Ecke: Wir sehen eine kleine Notierungslücke, die durch den Aufwärtssprung gleich zu Handelsbeginn am Donnerstag deutlich über die Handelsspanne vom Mittwoch zustande gekommen ist (erkennbar im Chart auf Seite 4). Nun ist dieses so genannte Gap nicht so drastisch, um alle Ampeln auf rot springen zu lassen.

Doch Investoren sollten im Hinterkopf behalten, dass es sich dabei um ein als Exhaustion Gap bekanntes Phänomen - eine Erschöpfungslücke - handeln kann. Sie tritt oft am Ende von Trends auf, wenn die Kurse noch einmal übertrieben schnell und stark ansteigen, bevor dann ein Meinungsumschwung auf breiter Front stattfindet. Wir denken, der Sprung ist etwas schwach um hinreichend sicher von diesem Kursmuster sprechen zu können, ordnen es aber als weiteres negatives Vorzeichen in unsere Gesamtrechnung ein.

Eine weitere Orientierungsmarke stellt die Obergrenze des Aufwärtstrendkanals dar, der sich seit Anfang Februar zunehmend im kurzfristigen Kursbild auf Intradaybasis (oben) herauskristallisiert. Obwohl Trendkanäle zu den primitivsten Einflussfaktoren in der Chartanalyse zählen, und wir sie deshalb meiden, darf man sie dennoch nicht ganz ignorieren. Wenn sonst keine Marken mehr vorhanden sind, beispielsweise bei Allzeithochs, sind sie ab und an ganz nützlich. Bei einer fortgesetzten Kaufpanik limitiert der Kurskorridor den Spielraum nach oben auf 11.610 Zähler, er steigt im Tagesverlauf um rund 40 Punkte. Auf der Unterseite stellt der Trendkanal bei 11.260/11.300 ein Korrekturziel dar, nachdem er sich bei der jüngsten Schwäche in der ersten Wochenhälfte in dieser Hinsicht schon einmal bewährt hat.

Näher gelegen ist nur die relativ breit angelegte Zone um 11.415/11.465, die dem Markt aber recht wenig Luft zum Atmen lässt und schnell wieder durchbrochen werden kann, ohne dass dies ein allzu negatives Vorzeichen wäre. Wenn jedoch auch der Aufwärtstrendkanal unterschritten wird, wäre dies ein erstes Schwächezeichen. Dann ist Luft nach unten bis in die Zone 11.160/11.220, in der wir zwei bisher getrennt aufgeführte Unterstützungen zusammen geführt haben. Da einige Handelstage seit der Ausbildung dieser Chartmarken vergangen sind, ist nicht mehr damit zu rechnen, dass beide getrennt voneinander punktgenau gültig sind. Eine etwas ausgeweitete Zone spiegelt die dort zu erwartende Nachfrage besser wider.

Was sollen Anleger nun tun? Sich am besten nicht vom Goldrausch anstecken lassen, denn wer jetzt noch nicht investiert ist, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft noch günstigere Einstiegskurse sehen. Allenfalls sehr kurzfristig ausgerichtete Spekulationen bis maximal (!) zum oberen Rand des Aufwärtstrendkanals ergeben auf der Long-Seite Sinn. Bei einem Rückschlag unter 11.415 kann dahingegen auf weitere Verkäufe in Richtung 11.300 spekuliert werden, allerdings gegen den übergeordneten Aufwärtstrend, und damit mit hohem Risiko. Entsprechende Papiere für beide Szenarien finden sich am Ende der Analyse auf Seite 6.


Liebe Leser, zum Schluss noch ein Wort in eigener Sache: Mit dieser Analyse verabschiede ich mich für die nächsten Wochen von Ihnen und übergebe das Zepter bis dahin an meinen langjährigen Partner Franz-Georg Wenner, der Sie mindestens ebenso gut durch den Börsendschungel lotsen wird, wie ich das hoffentlich (meistens) vermochte. Mit vereinzelten Wortmeldungen werde ich auch in Zukunft versuchen, den Markt für Sie weiter im Blick zu behalten. Gerne können Sie mir auch unter andreas.buechler@qarat.de Ihre Gedanken mitteilen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und viel Glück beim Anlegen.

Ihr Andreas Büchler

Chart 2 - DAX-Chart mit Anzahl Aktien über 21- und 200-Tage-Durchschnitt in %



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Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %



Gemessen am Abstand zur 21-Tage-Linie verbleibt aktuell ebenfalls nicht mehr viel Potenzial nach oben. Von den Extremwerten zwischen 8 und 9 Prozent ist der DAX zwar noch weit entfernt. Doch die meisten Wendepunkte erfolgten bereits, wenn der Index zwischen 3,6 und 3,8 Prozent über seinem Monatsdurchschnittskurs kletterte - dieser Schwellenwert wurde zu - und jetzt wieder - erreicht, daher erfolgte die jüngste Korrektur aus dieser Perspektive nicht allzu überraschend. Und auch die nächste Pause ist dadurch vorprogrammiert.





Chart 4 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie



Wie weit kann es langfristig nach den neuen Allzeithochs nun noch gehen? Die Statistik hilft, diese Frage zu beantworten: Unter dem Kursverlauf des DAX haben wir im Wochenchart den Abstand der Kurse zur 200-Tage-Linie (entspricht etwa dem 40-Wochen-Durchschnitt) abgebildet. Mit dieser Methode lässt sich ein Kursziel auf der Oberseite bei maximal rund 11.750 Zählern errechnen - dieser Wert entspricht den in der Vergangenheit im Idealfall gemessenen 20 Prozent Abstand des Index zu seinem langfristigen Durchschnittspreis.

Zu Beginn des Jahrtausends waren es auch mal 33 Prozent und mehr - doch das sollten sich Anleger lieber nicht wünschen, auch wenn der DAX dadurch noch rechnerisches Potenzial bis fast an die 13.000er-Marke hätte. Denn anschließend startete damals der dreijährige Abwärtstrend, im Zuge dessen sich der Indexstand fast viertelte.



Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis





Unterstützungen und Widerstände
































GRAFIK 8


























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Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.

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