Die US-Regierung mahnte alle Beteiligten, die Folgen für die Weltwirtschaft im Blick zu behalten. Die griechische Notenbank zeichnete ein düsteres Bild, falls die Verhandlungen scheitern und das Land aus der Euro-Zone und womöglich auch der EU kippen sollte.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bewertete die Chance, bei dem Ministertreffen am Donnerstag in Luxemburg zu einer Lösung zu kommen, als "sehr klein". Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble äußerte sich im Bundestags-Finanzausschuss Teilnehmern zufolge skeptisch. Weil die Regierung in Athen noch immer keine Übereinkunft mit den für die Gläubiger verhandelnden Institutionen EU-Kommission, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) getroffen hat, fehlt bisher eine Beschlussvorlage.

Seit Wochen streiten beide Seiten über Reformen, mit denen der Weg für die Auszahlung der letzten Tranche von 7,2 Milliarden Euro aus dem Ende des Monats auslaufenden Hilfspaket freigemacht werden soll. Bis zum 30. Juni muss die Regierung in Athen 1,6 Milliarden Euro Kredite an den IWF zurückzahlen - wie ist völlig offen. Womöglich ist erst beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs kommende Woche oder einem EU-Sondergipfel im Anschluss ein Durchbruch zu erwarten.

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ÖSTERREICHISCHER KANZLER VERSUCHT SICH ALS BRÜCKENBAUER



Auch ein Vermittlungsversuch von Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann in Athen brachte am Mittwoch keinen Durchbruch. Anschließend sagte Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras, er wolle eine "ehrenvolle" Lösung und sei bereit, die politischen Kosten dafür zu akzeptieren. Sollte keine solche Lösung möglich sein, werde er sich allerdings den "katastrophalen" Forderungen widersetzen. So lehnte Tsipras weitere Einsparungen bei den Renten strikt ab.

Faymann war eigenen Angaben zufolge in Absprache mit dem Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, nach Athen gereist. Der österreichische Kanzler appellierte an alle Beteiligten, guten Willen zu zeigen. Im Vorfeld hatte er Verständnis für Griechenland gezeigt. Nach fünf Jahren Dauerkrise ist jeder vierte Grieche ohne Arbeit.

US-Finanzminister Jack Lew forderte Tsipras telefonisch zu einer Lösung des Konflikts auf. Ein Scheitern hätte nicht nur schwerwiegende Folgen für die Griechen, sondern die ganze Welt. In Brüssel traf IWF-Chefin Christine Lagarde zu Gesprächen ein. Ein Kompromiss wird auch dadurch erschwert, dass sich die Geldgeber nicht in allem einig sind. So dringt der IWF auf einen Schuldenschnitt zu Lasten der Euro-Zone, was die Europäer vehement ablehnen.

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GRIECHISCHE ZENTRALBANK MALT HORRORSZENARIO



Der Dauerstreit belastet zunehmend die Atmosphäre zwischen den Beteiligten. Juncker warf der Regierung in Athen vor, seine Äußerungen gegenüber Tsipras falsch darzustellen. Tsipras hatte seinerseits von Demütigungen und Machtspielen gesprochen.

Die griechische Zentralbank warnte vor einem Scheitern der Verhandlungen. Dies wäre der Beginn eines schmerzvollen Weges, der das klamme Land in die Pleite und aus der Euro-Zone und wahrscheinlich auch aus der EU führen werde. Eine Einigung mit den Euro-Partnern und dem IWF sei eine historische Notwendigkeit. Eine breite Mehrheit der Griechen will den Euro behalten.

Die Verhärtung der Fronten machte den Aktienanlegern in Europa erneut zu schaffen. Der Dax verlor bis zum Nachmittag zeitweise 0,7 Prozent auf 10.964 Punkte, der EuroStoxx50 büßte bis zu 0,9 Prozent ein. "Neuerdings werden persönliche Giftpfeile zwischen Athen und Brüssel hin- und hergeschossen", sagte Moritz Westerheide, Analyst bei der Bremer Landesbank. Es sei fraglich, wie so eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könne.

Reuters