"Bild" berichtete am Montag unter Berufung auf die Regierung in Athen, die Rechts-Links-Koalition wolle mehr als sieben Milliarden Euro mit ihrem Reformkonzept einnehmen. Am Montag sollte die Liste zur Prüfung an die EU-Kommission, die EZB und den IWF übersandt werden. Vor allem in der CSU bestehen Bedenken, ob die Reformpläne ausreichen, um im Bundestag grünes Licht für neue Kredite des Euro-Rettungsfonds EFSF zu geben. "Es wird keine schwammige Formulierung mehr geduldet", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Während der Dax nach der Grundsatzeinigung der Euro-Finanzminister im Schuldenstreit auf Rekordkurs ging, hielten sich die Euro-Anleger zurück.
Ein Regierungssprecher sagte in Athen, noch werde mit den Gläubigern über die geforderten Reformen geredet. Dadurch solle sichergestellt werden, dass die Pläne auch akzeptiert würden. Er unterstrich, es handele sich um Vorschläge der Regierung in Athen und nicht um Sparauflagen der ausländischen Gläubiger. Ziel sei ein stärkerer Kampf gegen Steuerflucht und Korruption.
Die Euro-Finanzminister hatten sich am Freitag geeinigt, ihr laufendes Hilfsprogramm um vier Monate zu verlängern, allerdings bis Montagabend eine Liste mit konkreten Reformzusagen verlangt. Nach deren Prüfung durch die "Troika"-Fachleute von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds sollen am Dienstag die Euro-Finanzminister darüber befinden. Auch der Bundestag muss der Verlängerung des Programms vor seinem Auslaufen am 28. Februar um 24.00 Uhr zustimmen.
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CSU POCHT AUF "SUBSTANZIELLE SPARMASSNAHMEN"
"Bild" berichtete, in einem Schreiben aus Athen an die drei Prüfinstitutionen heiße es, der Kampf gegen Benzinschmuggel solle 1,5 Milliarden Euro mehr einbringen, ein stärkeres Vorgehen gegen Zigarettenschmuggel weitere 800 Millionen Euro. Außerdem erhoffe sich Athen 2,5 Milliarden Euro mehr Einnahmen durch die Besteuerung reicher Griechen und Oligarchen sowie 2,5 Milliarden Euro durch das Eintreiben von Steuerschulden.
Die CSU machte klar, dass ihr "Luftbuchungen" der Athener Regierung nicht reichten, um einer Auszahlung von weiteren 1,8 Milliarden Euro aus dem Hilfsfonds EFSF zuzustimmen. Daran geknüpft sind außerdem Zahlungen der EZB und des IWF - insgesamt 7,2 Milliarden Euro. Scheuer sagte, er sei eigentlich immer davon ausgegangen, dass ein Staat gegen Schmuggel vorgehe. "Die Griechen haben den Geduldsfaden schon arg angespannt", warnte er: "Jetzt muss geliefert werden von der griechischen Seite, sonst wird es für eine Zustimmung in dieser Woche sehr eng." Das CSU-Präsidium habe beschlossen, sich nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen und die Athener Vorschläge eingehend zu prüfen.
Die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte, "substanzielle Sparmaßnahmen" und die Fortsetzung des Reformkurses seien unerlässlich. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der "Rheinischen Post": "Es werden wieder Milliarden an Griechenland fließen. Ob eine Gegenleistung erbracht wird, ist höchst unsicher." Bisher sei von der griechischen Seite kein einziger Punkt vorgelegt worden, der die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigern würde.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) appellierte, man sollte die Gespräche mit den Griechen "ohne jede Häme und Überheblichkeit" begleiten. "Die Geschäftsgrundlage, Hilfe im Gegenzug zu Reformen zwischen Griechenland und der EU, muss gewahrt bleiben", forderte aber auch er ein. Wenn Griechenland in einzelnen Punkten aber Veränderungen gegenüber den bisherigen Reformplänen vornehme, sei das in Ordnung. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Jäger, sagte: "Wir denken, dass eine erste Liste kohärent und plausibel sein muss." Eine endgültige Reformliste muss bis Ende April vorgelegt werden.
Den Dax trieb die Einigung vom Freitag zunächst auf ein neues Allzeithoch. Der deutsche Aktien-Leitindex rückte um bis zu ein Prozent auf 11.158,55 Zähler vor. Die nachlassende Furcht vor einer Staatspleite Griechenlands ermunterte Investoren zum Auslaufen aus "sicheren Anlagehäfen". So verbilligte sich Gold um 0,5 Prozent auf 1196,30 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Außerdem griffen Anleger bei Anleihen anderer Süd-Länder wieder zu. Dies drückte etwa die Rendite zehnjähriger spanischer Papiere um 0,1 Punkte auf 1,4 Prozent. Euro-Anleger blieben vorsichtig. Die Gemeinschaftswährung notierte knapp über 1,13 Dollar, fast ein Cent schwächer als noch am Freitag.
Reuters