Nur "Blabla", wie Greta Thunberg die Klimakonferenz in Glasgow kritisierte, war es nicht. Begreift man Politik als die Kunst des Möglichen, dann war die Anfang dieser Woche zu Ende gegangene COP 26 Conference of the Parties keineswegs eine verpasste Chance. Grüne Anleger sehen ihr Engagement bestätigt. Der Glasgow-Klimapakt erhöht die Renditechancen, die Staaten sind sich ihrer Verantwortung bewusst. "Der Kampf gegen die Klimaerwärmung ist sowohl ein moralischer als auch ein ökonomischer Imperativ", sagt US-Präsident Joe Biden.
Die wohl wichtigste Botschaft aus Schottland: Es muss viel mehr getan werden, um künftige Generationen vor Dürre, Überflutungen und den damit einhergehenden massiven ökonomischen Schäden zu schützen. Die bislang geplanten Vorhaben reichen bei Weitem nicht aus. Darüber haben die 197 in Glasgow vertretenen Staaten Einigkeit erzielt. Nicht erst in drei Jahren, sondern bereits im kommenden Jahr wollen sie bei der UN-Klimakonferenz in Ägypten ihre nationalen Emissionsminderungsziele überarbeitet und wenn nötig verschärft vorlegen. Daran entzünden sich neue Kursfantasien. Zur Umsetzung der "Nationally Determined Contributions" bedarf es kluger Ideen aus der Wirtschaft, die mit mehr Geld als bislang gefördert und realisiert werden müssen. "Dem Kapitalmarkt kommt eine Schlüsselrolle zu, um Klimamaßnahmen zu finanzieren", schreibt Union Investment in einer Studie.
Investition mit Wirkung
Zusammen wollen die Staaten bis zum Jahr 2030 die globalen Emissionen um 45 Prozent gegenüber 2010 senken und bis zum Jahr 2050 auf "Netto-Null" kommen. "Das ist eine deutlich konkretere Umsetzung der Minderungsziele als bisher, die auch eindeutig messbar und überprüfbar ist", lobt Anke Herold, Geschäftsführerin des Öko-Instituts. Allerdings haben die Vereinten Nationen keine Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Staaten, die Ziele zwar nennen, diese aber nicht umsetzen.
Über die dazu notwendige Power verfügen dagegen Investoren. Sie können die zum Erhalt einer lebenswerten Umwelt notwendigen Anstrengungen forcieren, indem sie ihr Kapital in Unternehmen lenken, die umweltschonende Technologien entwickeln. Wirkung erzielen Investoren zudem, indem sie ihren Einstieg in Aktien oder Anleihen davon abhängig machen, ob und wie sehr Unternehmen oder Staaten ressourcenschonend agieren.
Der Einfluss grüner Investoren wächst, nachhaltige Produkte sind gesucht. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg kann das in ESG-Investments (Environment, Social, Governance) weltweit angelegte Vermögen bis zum Jahr 2025 auf 46 Billionen Euro ansteigen. In Deutschland ist der Nachhaltigkeitstrend besonders stark. Im ersten Halbjahr 2021 flossen laut dem Fondsverband BVI über 20 Milliarden Euro in ESG-Fonds. Insgesamt weisen sie ein Volumen von mittlerweile 251 Milliarden Euro auf.
Die Investmentbranche reagiert auf die steigende Nachfrage und legt kontinuierlich neue Produkte auf. Bei der wachsenden Auswahl bedarf es jedoch einer Entscheidungshilfe. Die liefert zum Beispiel das Eco-Rating von Mountain-View Data und dem Finanzen Verlag, in dem €uro am Sonntag erscheint. Das Rating konzentriert sich vor allem auf den Aspekt Umwelt- und Klimaschutz. "A" ist die beste Note, "E" ist die schlechteste Einstufung.
Welches Renditepotenzial grüne Investments bieten, belegt der mit Eco-Rating "A" beurteilte Ökoworld Klima. Der Fonds legte innerhalb von fünf Jahren 165 und innerhalb von zehn Jahren 358 Prozent zu. Er investiert global in Unternehmen, die zur Behebung der Ursachen des Treibhausgaseffekts beitragen. Dazu zählt zum Beispiel der Chiphersteller Advanced Micro Devices. Das Unternehmen entwickelt Standards für energieeffiziente Informationstechnologien. Chancen sieht das Management auch bei First Solar. Einer Studie des US-Energieministeriums zufolge kann die Solarenergie bis zum Jahr 2035 rund 45 Prozent des Strombedarfs decken. Aktuell sind es nach Angaben des Instituts für Regenerative Energiewirtschaft gerade mal drei Prozent. Allein in den vergangenen drei Monaten stieg die Aktie von First Solar um 17 Prozent.
Auch das vom Finanzen Verlag konzipierte Wikifolio €uro am Sonntag GreenDeal entwickelt sich gut. Seit Auflage im Februar dieses Jahres legte es um über 18 Prozent zu. In dem nach Branchen breit diversifizierten Portfolio finden sich Tesla, Nordex und Enel. Die Titelauswahl fokussiert sich auf Unternehmen aus dem Bereich regenerative Energieerzeugung sowie auf Unternehmen, die smarte und dezentrale Energienetze ausrüsten. Auch Unternehmen, die umweltfreundliche Mobilität anbieten, sind ein Kauf.
Hohe Gewinne lassen sich auch mit aktiv gemanagten Fonds erzielen, die sich auf ein spezielles Thema aus dem Bereich Nachhaltigkeit fokussieren. Der ebenfalls mit Eco-Rating "A" beurteilte LSF Active Solar Fund (ISIN: LU 037 729 647 9) beispielsweise investiert ausschließlich in Unternehmen, die entlang der Wertschöpfungskette Photovoltaik aufgestellt sind. In den vergangenen drei Jahren schaffte der Fonds 309 Prozent.
Rund 47 Prozent der Mittel haben die Fondsmanager in chinesische Werte wie etwa Longi Green Energy gesteckt. Eine vielversprechende Anlage. Die wirtschaftlichen Entwicklungen haben in China zu massiven Umwelt- und Gesundheitsproblemen geführt. Betroffen ist nicht nur das Reich der Mitte. Im Jahr 2019 war China für 27 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Die Regierung in Peking hat nun versprochen, den Höhepunkt der Kohlenstoffemissionen bereits vor 2030 zu erreichen. "Das ist eine Verbesserung gegenüber früheren Zusagen", sagt Kathlyn Collins von der Fondsgesellschaft Matthews Asia. Peking setzt zunehmend auf erneuerbare Energiequellen. Das Ziel der Regierung für Solar- und Windenergie liegt bei 1200 Gigawatt installierter Kapazität bis 2030. Longi Green Energy sollte davon profitieren.
China ist zudem bereits der größte und am schnellsten wachsende Markt für Elektroautos weltweit. Bis 2030 sollen 40 Prozent aller verkauften Neuwagen in China mit neuen Energiequellen betrieben werden. Zu Chinas Top-Herstellern zählt beispielsweise BYD (Build your dreams). Die Aktie legte innerhalb von drei Jahren um 439 Prozent zu.
Raus aus der Kohle
Trotz der bereits guten Entwicklung nachhaltiger Anlagen: Die Ertragschancen bleiben gut, die Ergebnisse der COP 26 verleihen den Themen Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien zusätzliche Dynamik. Denn erstmals in der Geschichte der Klimakonferenzen haben sich die Teilnehmerstaaten auf einen "schrittweisen Abbau" der Kohleverbrennung verständigt. Zudem enthält die Abschlusserklärung auch die Forderung, "ineffiziente Subventionen für Öl und Gas" zu reduzieren.
Für Anleger, die speziell das Thema Dekarbonisierung spielen wollen, bietet sich der erst vor Kurzem aufgelegte BNPP Easy Low Carbon 300 World PAB ETF (LU 219 444 907 5) an. Der Exchange Traded Fund weist bislang erst ein Volumen von zwei Millionen Euro auf. Die Mittelzuflüsse dürften jedoch deutlich anziehen. Das Anlagethema Dekarbonisierung kann sich zum Megatrend entwickeln.
Der ETF bietet Zugang zu 300 Unternehmen aus aller Welt, die eine geringe Kohlenstoffemission und ein hohes Rating in den Bereichen Umweltschutz, soziale Verantwortung und Unternehmensführung aufweisen. Dazu zählt beispielsweise United Health. Das US-Gesundheitsunternehmen führt auf seiner Homepage klar auf, wie viel Wasser und Strom es pro Jahr einspart und wie viel Mengen an Papier recycelt werden. Zudem belegt das Unternehmen auch, wie viele Bäume es gerettet hat. Im vergangenen Jahr waren es 83.000. Der damit einhergehende Imagegewinn schlägt sich im Aktienkurs nieder. Auf Sicht von einem Jahr legte der Titel um 32 Prozent zu.
Warum Dekarbonisierung so wichtig ist: Fossile Brenn-, Kraft und Heizstoffe gelten neben der Landwirtschaft als die Hauptverursacher des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2). Die Treibhausgasemissionen steigen massiv an. 1960 wurden neun Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid gemessen. Im vergangenen Jahr waren es bereits 34,8 Milliarden Tonnen.
Laut einer Prognose der US Energy Information Administration droht - wenn Klimaschutzmaßnahmen nur unzureichend umgesetzt werden - der globale, energiebedingte Kohlendioxidausstoß im Jahr 2050 auf 43 Milliarden Tonnen zu steigen. Kommt es so, lässt sich das in Glasgow klar bestätigte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, nicht erreichen. Das wiederum hätte einen "massiven Verlust von Menschenleben und Lebensgrundlagen zur Folge", warnt UN-Generalsekretär António Guterres.
Es gilt daher, die fossilen Brennstoffe schnell zu ersetzen beziehungsweise die Dekarbonisierung voranzutreiben. Aktuell liegt der globale Anteil erneuerbarer Energien am globalen Energiemix bei gerade mal 15 Prozent. Hält das aktuelle Tempo des Ausbaus an, könne sich laut der Investmentgesellschaft JP Morgan die Kapazität bis zum Jahr 2050 verdreifachen. Da jedoch gleichzeitig der globale Energiebedarf vor allem in den Schwellenländern steigt, läge der Anteil der erneuerbaren Energien dann immer noch bei erst 27 Prozent.
Um auf dem 1,5-Grad-Kurs zu bleiben, müssen nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur weltweit die jährlichen Ausgaben für erneuerbare Energien sowie zur Steigerung der Energieeffizienz von aktuell jährlich einer Billion Dollar auf vier Billionen gesteigert werden.
Die EU will ihren Anteil an den notwendigen Investitionen leisten. Alle 27 Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet, die EU bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Brüssel knüpft deshalb die Vergabe von Geldern aus dem insgesamt 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds nach der Corona-Krise an klare Vorgaben. Ein erheblicher Teil muss in grüne Projekte fließen. Brüssel prüft die Umsetzung. Werden Unzulänglichkeiten festgestellt, fließt kein Geld.
Grüne Bonds
Bei Spanien dürfte es keine Bedenken geben. Die Regierung ist hochmotiviert. In vier Jahren soll keine Kohle mehr genutzt werden, schon in acht Jahren sollen 74 Prozent des Energiebedarfs mit Wind- und Sonnenkraft gedeckt werden. Zudem will Spanien in den kommenden zwei Jahren 800 Millionen Euro investieren, um den Kauf von Elektrofahrzeugen zu stimulieren. Auch das Eisenbahnnetz wird ausgebaut. Madrid verwendet dazu nicht nur Gelder aus Brüssel, sondern zapft auch den Kapitalmarkt an. Der im September aufgelegte erste grüne Bond stieß bei Gläubigern auf großes Interesse. Das Angebot war seinerzeit zwölffach überzeichnet. Neben Frankreich, Italien und Polen hat auch Deutschland erstmals eine grüne Anleihe emittiert. Der bis zum Jahr 2031 laufende Bond (ISIN: DE 000 103 073 2) ist allerdings negativ verzinst.
Auch die EU ist aktiv. Im Oktober legte sie ihren ersten grünen Bond in Höhe von zwölf Milliarden Euro auf. Bis zum Jahr 2026 will sie 250 Milliarden Euro einsammeln. Sie ist damit auf dem Weg zum größten grünen Schuldner weltweit. Aus Renditegesichtspunkten dürften aber auch die Papiere aus Brüssel nicht sonderlich attraktiv ausfallen.
Ein weiteres wichtiges Signal aus Glasgow: Die Industrieländer wollen ihrem bislang nicht eingelösten Versprechen, mit 100 Milliarden Dollar jährlich den Klimaschutz in den Schwellenländern zu unterstützen, nun doch nachkommen. Auch wenn die Zusage nicht verbindlich beziehungsweise einklagbar ist: Sie erhöht die Chancen, die sich für nachhaltige Investoren in den Emerging Markets ergeben.
Der mit Eco-Rating "A" eingestufte Swisscanto Equity Sustainable Emerging Markets Fund (ISIN: LU 033 854 803 4) sucht nach Unternehmen, die aufgrund ihrer nachhaltigen Produkte und Dienstleistungen profitabel zu wachsen versprechen. Innerhalb von drei Jahren legte der Fonds um 37 Prozent zu. Knapp 70 Prozent der Mittel entfallen auf chinesische und indische Unternehmen. Hinzu kommen Titel aus Thailand, Indonesien und Chile.
Zu den Top Ten im Portfolio des Fonds zählt auch das russische Kredithaus Sberbank. Sein Vorstandschef Herman Gref hat sich viel vorgenommen: "Wir wollen ESG-Führer im russischen Markt werden."
Die Beschlüsse
Kohleausstieg
Die Staaten sind aufgerufen, den schrittweisen Ausstieg (phase out) aus der Kohle zu beschleunigen. Auch "ineffiziente Subventionen" für Öl und Gas sollen reduziert werden.
Unterstützung
Die Industriestaaten wollen die Schwellenländer in ihren Klimaschutzmaßnahmen ab dem Jahr 2023 mit jährlich 100 Milliarden Dollar unterstützen.
Freiwillige Initiativen
Global Methan Pledge: Bis 2030 wollen die USA, die EU und andere Staaten die Methan-Emissionen um 30 Prozent verringern. E-Automobile: Eine Reihe von Staaten, Regionen und Autobauern will bis 2040 keine Verbrennermotoren mehr nutzen
INVESTOR-INFO
Ökoworld Klima
Rein-Gewinn
Der Fonds investiert weltweit in Aktien von Unternehmen, die unter anderem zur Verringerung der Schadstoffbelastung von Luft, Böden und Gewässern, zum Erhalt der natürlichen Artenvielfalt, zu Gesundheit und Umweltschutz beitragen. Zu den Top-Ten-Werten zählen das Müllentsorgungs-Unternehmen Waste Management und First Solar. Der mit Note 1 beurteilte Fonds erzielte in den vergangenen zehn Jahren 356 Prozent.
LSF Active Solar Fund
Fokus auf Gigawatt
Der weltweite Solarmarkt boomt, die installierte Photovoltaik-Leistung zieht kräftig an. Fondsmanager Pascal Rochat geht davon aus, dass die besten Unternehmen aus der Branche ihre Gewinne in den kommenden Jahren massiv steigern werden. Zu den Fondsfavoriten zählen vor allem chinesische und US-Unternehmen. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate legte der LSF Active Solar Fund um 27 Prozent zu.
Euro am Sonntag GreenDeal G.
Grün und dividendenstark
Die Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung, die steigende Nachfrage nach E-Automobilen sowie die enormen Mittel, die in die ökologische Transformation fließen, bringen Kursfantasie für Anleger. Das vom Finanzen Verlag aufgelegte Wikifolio €uro am Sonntag GreenDeal Global (ISIN: DE 000 LS9 RJR 4) fokussiert sich auf Unternehmen, die von den für die Abschwächung des Klimawandels notwendigen Maßnahmen profitieren.
Die ausgewählten Firmen sind in der regenerativen Energieerzeugung engagiert, rüsten smarte Energienetze aus oder sorgen für E-Mobilität. Die Gewichtung einzelner Werte wie die Unternehmen Tesla, Enphase Energy und Varta liegt im einstelligen Prozentbereich. Seit der Auflage im Februar legte das Wikifolio um 19 Prozent zu.