Es ist wohl eine der heißesten Turnaround-Spekulationen des Jahres: Lithium. Nachdem sich der Preis des E-Mobilitäts-Rohstoffs Nummer 1 von Anfang 2021 bis Ende 2022 fast versechsfacht hatte, stürzte er seit Beginn dieses Jahres um mehr als 50 Prozent ab. Jetzt mehren sich die Zeichen für eine Trendwende.
Kommen wir zuerst zur markttechnischen Seite. Seit seinem Tiefststand im April bei 16 5457 Yuan hat sich der Preis inzwischen bis auf rund 300 000 Yuan wieder erholt. Die weltgrößten Lithium-Aktien, vertreten etwa im Solactive Global Lithium Index, hinken jedoch noch hinterher.
Der Index bildete im Januar und Ende April zwar einen Doppelboden aus, doch fiel der Anstieg seitdem mit plus 16 Prozent noch relativ bescheiden aus. Am 3. Juli wurde dann die mittelfristige Abwärtstrendlinie im Chart durchbrochen und auch der exponentielle Gleiten-de Durchschnitt für 50 Tage (EMA 50) und 100 Tage (EMA 100) wurde auf Wochenbasis geknackt. Jetzt steht als Nächstes ein Golden Cross an, bei dem der EMA 50 und der EMA 100 den EMA 200 von unten nach oben durchstoßen — ein weiteres starkes Kaufsignal.
Knapp, Knapper, Lithium
Aber was war fundamental geschehen? Die chinesische Regierung bestätigte am 21. Juni, worüber schon länger spekuliert wurde: Die Förderung von E-Autos in China wird doch noch einmal bis 2027 verlängert.
Nach dem Auslaufen der Subventionen hatte sich der Verkauf von Elektroautos und Plug-in-Hybriden in China stark verlangsamt: Von Januar bis Mai 2023 wurden zwar 41 Prozent mehr Elektroautos und Plug-in-Hybride in der Volksrepublik ausgeliefert als im Vorjahr, ein Jahr zuvor hatte der Zuwachs aber noch 120 Prozent betragen. 90 Prozent des verarbeiteten Rohstoffs fließen in Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos.
Hinzu kommt der Tesla- und BYD-Effekt. Beide Autobauer haben zuletzt die Erwartungen des Marktes übertroffen und neue Stückzahlrekorde für die Auslieferung von E-Autos gemeldet: ein Signal für die ganze Branche und die weltweit anhaltende Nachfrage. An der Börse wurde zudem spekuliert, dass Tesla den Batterierohstoffkonzern Sigma Lithiumübernehmen will.
Das Unternehmen habe mit möglichen Beratern über ein Angebot gesprochen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Aktie von Sigma Lithium zog sofort um rund ein Viertel an.
Auch die Produktion von Lithium steigt langsamer an als noch vor Monaten prognostiziert. Grund: Personalmangel, Inflation und Verzögerungen bei der Genehmigung von Bergwerken, hieß es Ende Juni auf der Fastmarkets Lithium und Battery Raw Materials Konferenz in Las Vegas. Auf dem Spiel stehe das Tempo, mit dem Elektrofahrzeuge Verbrennungsmotoren ersetzen können.
„Man könnte in eine Krisensituation geraten, in der Batterieunternehmen der ausreichende Lithium-Nachschub fehlt“, so Stu Crow, Vorstandsvorsitzender des Lithium-Produzenten Lake Resources.
Last but not least droht jetzt auch noch China mit Sanktionen. Nachdem die USA den Export von Hochleistungschips an China begrenzte, verhängt Peking nun seinerseits Sanktionen. Die Ausfuhr von Gallium und Germanium wurde beschränkt. Der Markt spekuliert bereits: Steht Lithium demnächst auch auf der Liste? Dass Lithium auf Dauer knapp wird, bestätigen die Prognosen diverser Forschungsinstitute.
Lithium wird noch knapper
„Selbst wenn alle aktuell geplanten und im Bau befindlichen Projekte im Zeitplan umgesetzt werden und wir von einem mittleren Nachfrage-Wachstum ausgehen, werden wir nicht genug Lithium haben, um die weltweite Nachfrage 2030 zu decken“, zeigen Berechnungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Bis 2030, rechnen die Experten vor, wächst die Nachfrage je nach Szenario auf mindestens 316 000 beziehungsweise mehr als 550 000 Tonnen pro Jahr an. Laut den BGR-Experten fehlen 2030 im schlechtesten Fall 300 000 Tonnen Lithium pro Jahr. Im besten Fall immer noch 90 000 Tonnen — so viel wie aktuell pro Jahr produziert wird.
Kommt der von der Europäischen Kommission geplante Bann für Autos mit Verbrennungsmotor bis 2035 hinzu, dürfte die Nachfrage sogar noch schneller steigen.
Lohnt sich ein Investment in den seltenen Rohstoff?
Gute Gründe also für Anleger, bei Lithium-Aktien einzusteigen — entweder direkt oder über ein breiter gestreutes Indexzertifikat. Das Best-of-Lithium-Zertifikat der ebenfalls zur Börsenmedien AG gehörenden Zeitschrift „Der Aktionär“ bietet ein Investment in neun Top-Lithium-Unternehmen in einem Wertpapier an.
Diese Lithium-Aktie könnte jetzt interessant sein: Albemarle
Spekulativer, aber im Idealfall auch lukrativer sind ausgewählte Einzelaktien. Beispiel: Albemarle. Albemarle ist ein breit aufgestelltes US-Unternehmen, das auf die Herstellung von Spezialchemikalien spezialisiert ist. Es ist in drei Geschäftsbereichen tätig: Lithium, Bromspezialitäten und Katalysatoren. Bei Lithium ist Albemarle einer der größten Hersteller weltweit. Brom wird in Bohrflüssigkeiten für Öl und Gas, pharmazeutischen Wirkstoffen, Präzisionsreinigungs- und Quecksilber-Kontrollanwendungen eingesetzt.
Albemarle stellt auch Raffineriekatalysatoren und zugehörige Chemikalien her, die hauptsächlich in der Erdölraffinerie- und Petrochemie-Industrie eingesetzt werden. Albemarle zählt zu den preiswerten Lithium-Aktien.
Der Wert hat seit Anfang Mai eine rasante Rally erlebt und seitdem um mehr als 30 Prozent zugelegt. Sollte die 200-Tage-Linie bei 230 Euro durchbrochen werden, dürfte sich die Erholung weiter fortsetzen. Noch im November vergangenen Jahres notierte die Aktie bei über 300Euro. Das höchste Analysten-Kursziel liegt bei 328 Euro.
Diese Lithium-Aktie könnte jetzt interessant sein: Allkem
Ebenfalls spannend: Allkem. Erst im Mai fusionierte Allkem mit dem Konkurrenten Livent zum drittgrößten Lithium-Produzenten.
„Die voraussichtliche Produktionskapazität von 248 000 Tonnen Li-thiumkarbonat-Äquivalent (LCE) pro Jahr entspricht etwa sieben Prozent der weltweiten Minenproduktion im Jahr 2023“, erläutert Jordan Roberts, Analyst für Rohstoffe für Batterien beim Researchhaus Fastmarkets NewGen.
„Allkem wird auch von den Fähigkeiten von Livent in der nachgelagerten Verarbeitung profitieren, während Livent den Rohstoff für seine nachgelagerten Anlagen sichert“, ist sich auch Analyst Rodney Hooper von RK Equity sicher. „Es gibt Kosteneinsparungen, das kombinierte Unternehmen wird ein vielfältigeres Produktionsprofil haben und mehr Verhandlungsmacht gegenüber Kunden.“
Diese Lithium-Aktie könnte jetzt interessant sein: Piedmont
Deutlich spekulativer ist Piedmont Lithium. Das Unternehmen hat sich auf die Exploration und Entwicklung von Lithium-Projekten konzentriert. Der Erfolg der Aktie hängt also vom Erfolg der Explorationstätigkeit ab. Dennoch scheint das Unternehmen durchaus solide zu sein.
Piedmont Lithium hat mit Tesla einen Liefervertrag ausgehandelt. Dem neuen Vertrag zufolge wird Piedmont Lithium zwischen dem zweiten Halbjahr 2023 und Ende 2025 etwa 125 000 Tonnen Spodumenkonzentrat (SC6) an Tesla liefern — allerdings nicht wie geplant aus eigenem Abbau. Das Lithium-Mineral von Piedmont kommt aus Kanada, wo Piedmont Lithium eine Abnahmevereinbarung mit Sayona Quebec geschlossen hat. Der Abbau in Kanada ist wichtig für die geänderte E-Auto-Förderung in den USA, die künftig steigende Anteile bei den Batteriematerialien aus den USA oder Ländern mit Freihandelsabkommen fordert, damit ein Fahrzeug förderfähig ist.
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