Der Münchner Spezialist für Bahn- und Nutzfahrzeugbremsen Knorr-Bremse bereitet sich auf einen Börsengang vor. Bereits im Herbst 2017 hatte Heinz Hermann Thiele, der mehr als 60 Prozent an der Aktiengesellschaft in Familienbesitz hält, laut über einen IPO nachgedacht. Knorr-CEO Klaus Deller bestätigte nun bei der Vorstellung der Jahresergebnisse, dass tatsächlich alles getan werde, was für eine Börsennotierung notwendig wäre. Mit 6,24 Milliarden Euro Jahresumsatz 2017 (plus 13,5 Prozent) hat Knorr Bremse als Weltmarktführer bei Bremssystemen erneut einen Rekordwert abgeliefert. Der Jahresüberschuss belief sich auf 580 Millionen Euro.
"Vorrangig wird der Börsengang geprüft", erklärte Deller zu den im Konzern erfolgten Maßnahmen wie etwa der Umstellung auf das IFRS-Bilanzierungssystem oder internationale Compliance-Vorschriften. Zudem war im November Ralph Heuwing zum neuen Finanzchef berufen worden, der zuvor beim Lackieranlagenspezialisten Dürr zehn Jahre in der gleichen Position beschäftigt war und reichlich Börsenerfahrung mitbringt. Das solle aber keine Aussage darüber sein, ob überhaupt und wenn ja, wann ein IPO erfolge: "Hier geht es darum, eine Option für die Unternehmensnachfolge zu haben."
Vergangenes Jahr hatte Henrik Thiele, Sohn des 76-jährigen Hauptaktionärs, seinen Anteil an der Familienholding abgegeben, nachdem er bereits zuvor auf Druck seines Vaters aus dem Unternehmen ausgeschieden war. Tochter Julia Thiele-Schürhoff hält 36,5 Prozent der Anteile, ist aber nicht operativ bei Knorr Bremse tätig. Deller: "Wenn es losgeht, sagen wir Ihnen Bescheid." Angesichts der vielen Joint-Ventures, die Knorr-Bremse mit Unternehmen aus China unterhält, sieht Deller dennoch keine Gefahr des Ausverkaufs von Know-how: "Wir sind ein privates Unternehmen, bei uns kauft sich kein Chinese über die Börse ein."
An Haldex, einem schwedischen Hersteller von Kupplungs- und Bremssystemen, hält Knorr laut Deller weiter bedeutende Anteile. Die Münchner hatten zuletzt den mehr als ein Jahr dauernden Übernahmekampf um den Wettbewerber aufgegeben, nachdem das Board der Schweden sich trotz einer Mehrheitszustimmung der Aktionäre einem Zusammenschluss verweigert hatte. Deller: "Aktuell haben wir nicht vor, an dieser Beteiligung etwas zu ändern." Man werde aber die Kursentwicklung der Skandinavier genau beobachten und prüfen, ob sich dadurch nicht neue Optionen ergäben.
Mit rund 360 Millionen Euro hat Knorr-Bremse 2017 auch bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung einen Rekord aufgestellt. Die Schwerpunkte lägen dabei auf dem autonomen Fahren, der Elektromobilität und der Digitalisierung. Mit Blick auf den tödlichen Unfall durch ein selbstfahrendes Auto des Taxidienstes Uber sagte CEO Klaus Deller in Richtung "unserer Freunde aus dem amerikanischen Westen", dass bei der Entwicklung die Sicherheit absolut im Vordergrund stehen müsse: "Beim autonomen Fahren kann man ein System nicht wie bei einem Smartphone draußen am Kunden auf seine Funktionalität prüfen."
Mit der von Vossloh übernommenen und inzwischen voll integrierten Tochter Kiepe Electric sei Knorr-Bremse zudem bei der Elektromobilität ganz vorn mit dabei, egal ob bei Schienensystemen oder Nutzfahrzeugen, so Deller: "Auch der Tesla-Lkw bremst mit Druckluft, und wir sind da drin."