Knorr-Bremse legte die Preisspanne für bis zu 48,4 Millionen Aktien aus dem Besitz von Thiele und dessen Tochter am Freitag auf 72 bis 87 Euro fest. Das entspricht einem Börsenwert von 11,6 bis 14 Milliarden Euro. Bis zu 30 Prozent von Knorr-Bremse sollen nach der für den 12. Oktober geplanten Erstnotiz im Streubesitz sein.

Das Management um Vorstandschef Klaus Deller hat das Unternehmen in den vergangenen zwei Wochen bei möglichen Investoren vorgestellt. Das Feedback sei "sehr positiv" gewesen, sagte er am Freitag. "Das bestätigt uns in der festen Überzeugung, dass dieser Börsengang der nächste logische Schritt für uns ist." Das Unternehmen selbst brauche kein Geld, Zukäufe ließen sich aus dem laufenden Geschäft finanzieren. Knorr-Bremse lockt die Anleger im Börsenprospekt, der noch am Freitag veröffentlicht werden sollte, Insidern zufolge mit einer Ausschüttungsquote von 40 bis 50 Prozent.

VOM SANIERUNGSFALL ZUM WELTMARKTFÜHRER



Mit der Emission will Thiele sein Vermächtnis regeln. Sein Sohn Henrik war im vergangenen Jahr im Streit aus der Familienholding ausgestiegen. Heinz Hermann Thiele, ursprünglich nur Geschäftsführer bei Knorr-Bremse, hatte 1986 die Mehrheit an dem angeschlagenen Unternehmen übernommen und machte es zum Weltmarktführer bei Zug- und Lastwagen-Bremsen mit einem Umsatz von 6,2 Milliarden Euro und 30.000 Mitarbeitern. In der "Forbes"-Liste der reichsten Deutschen steht der 77-jährige auf Platz sieben. Was er mit dem Erlös machen will, lässt er bisher offen.

Die Analysten der begleitenden Banken hatten den Wert von Knorr-Bremse in ihren Studien nach einem "Handelsblatt"-Bericht auf bis zu 17 Milliarden Euro geschätzt. Thiele legt die Latte auf Anraten der Investmentbanker aber nicht ganz so hoch. Wenn sich alle angebotenen Aktien verkaufen lassen, nimmt er 3,48 bis 4,21 Milliarden Euro ein. Am oberen Ende der Spanne läge Knorr-Bremse damit marginal über den 4,2 Milliarden, die Healthineers im Frühjahr eingesammelt hatte.

Wenn sich die Hoffnungen von Knorr-Bremse erfüllen, steuert Deutschland auf das beste Jahr für Börsenneulinge seit dem Boom am sogenannten Neuen Markt im Jahr 2000 zu. Im ersten Halbjahr hatten elf Firmen mit Emissionen im streng regulierten Prime Standard nach Reuters-Berechnungen zusammen 7,2 Milliarden Euro eingesammelt. Neben Knorr-Bremse stehen vier weitere in den Startlöchern: der Chip-Anlagenbauer Exyte, der bis zu eine Milliarde Euro einsammeln will, der Online-Möbelhändler Westwing (147 Millionen), die Beteiligungsgesellschaft Primepulse (mindestens 250 Millionen) und der Elektroroller-Hersteller Govecs (90 Millionen).

Knorr-Bremse teilt die Emission formal in drei Teile: ein "Basisangebot", das knapp 22 Prozent der Anteile entspricht, eine Aufstockungsoption, die nur bei entsprechender Nachfrage gezogen wird, und die übliche Platzierungsreserve. Die Aktien können von Montag an bis zum 11. Oktober gezeichnet werden. Organisiert wird der Börsengang federführend von der Deutschen Bank, JP Morgan und Morgan Stanley.

rtr