"Die Ampel steht", sagte der designierte neue Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Präsentation des Vertrags. Die Ampel werde "eine Koalition auf Augenhöhe, mit drei Partnern, die ihre Stärken einbringen zum Wohle unseres Landes". Grünen-Co-Chef Robert Habeck betonte, mit dem Vertrag werde die "Vereinbarkeit von Wohlstand und Klimaschutz" gelingen. Dabei werde Deutschland zugleich "Anwalt solider Finanzen" bleiben, ergänzte FDP-Chef Christian Lindner.

In ihrem Koalitionsvertrag geben die neuen Partner das Ziel aus, das fossile Zeitalter schrittweise hinter sich lassen. Dazu soll der Kohleausstieg "idealerweise" auf das Jahr 2030 vorgezogen werden und die Technologie des Verbrennungsmotors auslaufen. In dem 177 Seiten starken Papier mit dem Titel "Mehr Fortschritt wagen - Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit" peilt die Koalition an, bis 2030 insgesamt 15 Millionen E-Autos auf die deutschen Straßen zu bringen. Zudem wollen sich die Ampel-Partner in der Europäischen Union für einen CO2-Mindestpreis einsetzen. "Es geht uns nicht um eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern um eine Politik der großen Wirkung."

LINDNER ALS FINANZMINISTER GESETZT, BAERBOCK AUßENMINISTERIN


In dem Vertrag werden auch die Ressorts der neuen Bundesregierung verteilt: Danach bekommt die SPD neben Kanzler und Kanzleramtschef die Ministerien für Inneres, Verteidigung, Gesundheit, Arbeit und Soziales, Wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie das neu geschaffene Ressort Bauen und Wohnen. Die Grünen besetzen die Ressorts Klima/Wirtschaft, Außen, Umwelt, Landwirtschaft und Familie. Auf die FDP entfallen das Finanzministerium sowie Verkehr, Justiz und Bildung. Wer die einzelnen Ministerien besetzt, wurde offiziell noch nicht erklärt. Als gesetzt gelten aber FDP-Chef Lindner als neuer Finanzminister, Habeck als Chef des um das Thema Klima erweiterte Wirtschaftsministerium und Co-Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock als Außenministerin.

Die Ampel-Parteien betonten, die neue Regierung trete ihr Amt in Zeiten der Coronavirus-Pandemie an, was eine große Herausforderung sei. Aber auch darüber hinaus habe sich die Koalition große Ziele gesetzt. Die drei Parteien vereine, dass sie den Status Quo hinter sich lassen wollten. Es gehe jetzt darum, private Initiative, privates Know-how und privates Kapital zu entfesseln, damit der Wandel hin zu einem klimaneutralen Industrieland gelinge. Auch müsse der Staat digitalisiert, die Bildung verbessert, sozialer Aufstieg erleichtert werden und eine gesellschaftspolitische Liberalisierung gelingen.

Habeck betonte: "Wir sind auf einem 1,5-Grad-Pfad." Die Ampel-Parteien wollten eine neue Geschichte schreiben. Statt immer neue Klimaschutzziele zu setzen, habe man sich entschieden, konkrete Maßnahmen zu vereinbaren. Nach den Worten von Co-Grünen-Chefin Baerbock gibt der Koalitionsvertrag eine Antwort auf die Klimakrise als "größte Herausforderung der Zeit". Die künftigen Koalitionspartner hätten "den Weg dafür bereitet, dass wir als eine der größten Industrienationen der Welt klimaneutral werden können". Dieser Anspruch ziehe sich durch alle Bereiche der Politik, auch durch die internationale Zusammenarbeit und die Außen- und Sicherheitspolitik.

"SCHULDENBREMSE EINHALTEN"


Weiter sieht der Koalitionsvertrag vor, dass die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse eingehalten wird. "Ab 2023 werden wir dann die Verschuldung auf den verfassungsrechtlich von der Schuldenbremse vorgegebenen Spielraum beschränken und die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten", heißt es im Koalitionsvertrag. "Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie die Infrastruktur, auch um die deutsche Wirtschaft zukunftsfest und nachhaltig aufzustellen und Arbeitsplätze zu sichern." Dafür seien auch sogenannte Superabschreibungen geplant in den Jahren 2022 und 2023 - bei Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung.

Des weiteren soll der Mindestlohn auf zwölf Euro erhöht werden, wie es bereits im Sondierungspapier im Oktober festgelegt worden war. Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird es nicht geben.

Der Koalitionsvertrag muss nun noch von den Gremien der drei Parteien abgesegnet werden. SPD und FDP planen dazu Parteitage am ersten Dezember-Wochenende, die Grünen eine Mitgliederbefragung. Geplant ist, dass Scholz in der Woche ab dem 6. Dezember im Bundestag zum Kanzler gewählt wird und die neue Regierung ihre Arbeit aufnimmt.

rtr