Wenn die Finnen über Glück reden, dann sprechen sie von "onni". Und davon haben sie offenbar eine Menge. Unter 150 Ländern eroberten sich die Finnen den Spitzenplatz des UN-Weltglücksberichts. Und das zum vierten Mal. In Finnland gebe es einen "sehr hohen Gemeinsinn und viel gegenseitiges Vertrauen", erklärt die UN. Dies habe "während der Pandemie geholfen, Lebensunterhalte zu schützen".
So viel Glück war nicht immer. Lange war die Alkoholismus- und Suizidrate sehr hoch. Zurückgeführt wurde das auf die langen, dunklen Winter. Durch öffentliche Gesundheitsprogramme wurde die Rate inzwischen jedoch mehr als halbiert.
Doch Gemeinsinn hin oder her: Auch im Norden ist man streitlustig. Anfang Mai sind Hunderte Menschen gegen die Corona-Beschränkungen auf die Straßen gegangen. Bei den Protesten in Helsinki wurden 50 Menschen festgenommen. Protestiert wurde gegen die seit Februar strengeren Maßnahmen, etwa geschlossene Restaurants. Einen Gesetzentwurf, der die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt hätte, zog die Regierung jedoch zurück. Zu groß war die Kritik in der Presse. Nicht umsonst rangiert Finnland in Sachen Pressefreiheit auf Rang 2 weltweit (Deutschland ist von elf auf 13 gefallen).
Die Regierung hat derweil noch andere Sorgen, eine Regierungskrise konnte gerade noch verhindert werden. Zankapfel war vor allem der Staatshaushalt. Regierungschefin Sanna Marin hatte vorgeschlagen, den Rahmen des Haushalts zu überschreiten. Damit war aber der größte Koalitionspartner, die Zentrumspartei, nicht einverstanden. Die 35-jährige Marin ist seit Ende 2019 Regierungschefin und führt eine Fünf-Parteien-Koalition an, in der neben ihren Sozialdemokraten und dem liberalen Zentrum noch die Grünen, die Linke und die Schwedische Volkspartei sitzen. Die Sorge ist, dass ein Auseinanderbrechen der Regierung Folgen für die finnische Ratifizierung des Corona-Wiederaufbaupakets der EU haben könnte.
Zudem gab es Streit um die Nutzung von Torf als Brennstoff in Kraft- und Heizwerken. Das Zentrum hatte Steuererleichterungen für die Traditionsbranche gefordert, während die Regierungspartner einen raschen Ausstieg aus dieser Art der Energiegewinnung wollen. Man will schließlich bis 2035 klimaneutral werden. Das 120 000 Einwohner große Lahti, eineinhalb Autostunden nordöstlich von Helsinki, möchte das schon bis 2025 schaffen und wurde von der EU daher zur "Grünen Hauptstadt Europas 2021" ernannt.
Auch sonst ist Finnland für technologischen Fortschritt bekannt. 70 Prozent der Einwohner bevorzugen beispielsweise bargeldloses Bezahlen, was nur noch von Schweden mit 72 Prozent getoppt wird. Und an der Börse sind im Leitindex OMX Helsinki 25 mit Nokia und TietoEVRY, einem Cloud- und Datenbankanbieter, zwei bekannte Techunternehmen gelistet.
Von Aufzügen und Wäldern
Interessant für Anleger ist auch Kone. Zwar hat es mit der Übernahme des Aufzuggeschäfts von Thyssenkrupp nicht geklappt, dennoch bleibt der finnische Rivale auf Kurs. Kone kontrolliert im 90 Milliarden Dollar schweren Weltmarkt einen Anteil von 16 Prozent. Tendenz steigend, weil man im wichtigen chinesischen Markt ganz weit vorn ist. Der Aufzugbauer fährt dort rund 30 Prozent der Erlöse ein. Die Aktie hat in den zurückliegenden Monaten konsolidiert, könnte jetzt wieder Anlauf auf neue Höhen nehmen.
Nokia wiederum (siehe Heft 18/2021) hat starke Zahlen für die ersten drei Monate geliefert. Der Umsatz kletterte um drei Prozent auf knapp 5,1 Milliarden Euro. Aus einem operativen Verlust im Vorjahr wurde ein Gewinn von 431 Millionen. Der Konzern erwirtschaftet wieder einen freien Cashflow und ist finanziell solide aufgestellt. Seit der Umstrukturierung zum Netzwerkausrüster profitiert Nokia vor allem davon, dass der Ausbau der 5G-Netze voranschreitet. Wir bestätigen erneut die Kaufempfehlung.
Spannend bleibt auch UPM Kymmene, einer der größten Papier- und Zellstoffhersteller der Welt und größter Landbesitzer in Finnland. UPM bewirtschaftet eine Forstfläche etwa zweimal so groß wie Luxemburg. Holz aus dem eigenen zertifizierten Forst wird zu Bauholz, Papier, Zellstoff, Verpackungsmaterial, Etiketten und vielem mehr verarbeitet. Doch man will die Palette stark erweitern, künftig etwa auch PET-Flaschen aus Holzabfall herstellen. martin blümel
Auf einen Blick: Finnland