Im Reich der Mitte ist das Jahr der Ratte angebrochen. Das Tier gilt als intelligent und hartnäckig. Eigenschaften, über die auch die politische Elite verfügen muss, um ihren Masterplan zu realisieren. Zum 1. Ok­tober 2049, dem 100. Gründungstag der Volksrepublik, soll China die technologisch führende Industrienation sein. Das konsequent verfolgte Ziel motiviert zum Einstieg. Rückschläge auf dem Weg dorthin verunsichern jedoch die Investoren.

Kurzfristig gilt es, das Corona­virus in den Griff zu bekommen. Die Zahl der Todesfälle nimmt zu, Millionen Menschen leben bereits unter Quarantäne. Die Panik steigt, und die Aktienkurse sind kräftig unter Druck.

Chinas Führung ist mit weiteren enormen Herausforderungen konfrontiert. Die Volksrepublik müsse "drei Schlachten schlagen", um auch im Jahr der Ratte auf dem "Weg des Wohlstands in allen gesellschaftlichen Bereichen" weiter voranzuschreiten, so formuliert es Chinas Staatspräsident Xi Jinping martialisch und blumig zugleich. Beseitigung der Armut, Kontrolle der Schuldenlast und ein verbesserter Schutz der Umwelt haben Priorität. Wie die drei Schlachten geführt werden, davon hängt der alleinige Machtanspruch der Kommunistischen Partei Chinas, aber auch das Engagement der Investoren, entscheidend ab.

Tief in den Miesen


Bislang haben Anleger gut verdient. Der mit FondsNote 1 beurteilte UBS Equity China Opportunity etwa legte in den vergangenen zehn Jahren um 260 Prozent zu. Auch mit passiven Investments erzielten Anleger hohe Renditen. Der ETF Amundi Greater China stieg auf Sicht von drei Jahren um 36 Prozent.

Doch die ökonomischen Rahmenbedingungen verschlechtern sich. Zwar sind dank der hohen Wachstumsraten in den vergangenen Jahren Armut und Arbeitslosigkeit zurückgegangen. 49 Prozent der chinesischen Haushalte verfügen inzwischen über ein jährliches Einkommen von mehr als 21.000 US-Dollar. Die Mittelklasse trägt rund 60 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Und nur 3,8 Prozent der Erwerbstätigen sind nach ­offiziellen Angaben ohne Job. Doch der Wirtschaft geht der Dampf aus. Im vergangenen Jahr legte das Bruttoinlandsprodukt "nur" um 6,1 Prozent zu, die niedrigste Zuwachsrate seit 30 Jahren. Noch dazu gibt es Zweifel, ob die staatlichen Angaben der Wirklichkeit entsprechen.

Vor allem der im vergangenen Jahr mit harten Bandagen ausgetragene Handelskrieg und die von Washington auf chinesische Waren erhobenen Zölle haben Chinas Konjunktur gedämpft. Dank des jüngst abgeschlossenen Phase-1-Deals hat sich der Konflikt ein wenig entspannt. Chinesische Titel reagierten darauf positiv. Doch viele der von den USA auf chinesische Waren verhängten Zölle bleiben weiter bestehen. Und von einer nachhaltigen Lösung sind beide Seiten noch weit entfernt.

Der inländische Konsum kann mögliche Exporteinbußen in die USA nicht vollständig ersetzen. Nach Angaben des Institute of International Finance (IIF) stieg seit dem Jahr 2008 die Verschuldung der privaten Haushalte um das Achtfache. Alarmierend ist vor allem die Haushaltsverschuldungsquote, also das Verhältnis der Schulden zum Einkommen. Diese beträgt 92 Prozent, im Jahr 2008 waren es lediglich 30 Prozent. Noch sind die Konsumenten guter Stimmung, das Verbrauchervertrauen fällt mit 124 Punkten weiterhin hoch aus. Doch die Schuldenlast begrenzt die Möglichkeiten der Chinesen, weitere Kredite für Neuanschaffungen bei den Banken aufzunehmen.

Hoch verschuldet sind auch die chinesischen Staatsunternehmen. Die Ratingagentur Fitch rechnet in den kommenden Monaten mit einer deutlichen Zunahme von Zahlungsausfällen. Das kann den Aktienmarkt belasten. Peking muss genau justieren. Steht sie zu sehr auf der Schuldenbremse, gehen die Wachstumsraten weiter zurück. Legt sie neue kreditfinanzierte Konjunkturprogramme auf, verschärft sie das Defizitproblem.

Wie ernst Peking die Lage einschätzt, zeigte sich jüngst auf der alljährlichen zentralen Wirtschaftskonferenz der Kommunistischen Partei Chinas im ­Dezember. Ministerpräsident Li Keqiang stimmte führende Parteimitglieder auf härtere Zeiten ein. Der Abwärtsdruck, dem China ausgesetzt sei, drohe sich dieses Jahr zu verstärken. Die zu lösenden Aufgaben würden auf allen Ebenen schwieriger.

Unabhängig vom Index


Auf chinesische Aktien im ­Depot sollten Anleger dennoch nicht verzichten. Bislang hat Chinas Führung eindrucksvoll ihre Krisen- und Führungskompetenz unter Beweis gestellt. Auch führt Peking derzeit intensive Gespräche mit den Nachbarländern, um den innerasia­tischen Handel weiter auszubauen und die Bedeutung des US-amerikanischen Marktes zu reduzieren. Dazu öffnen sich die Kapitalmärkte zunehmend für aus­ländische Investoren. Und das Land verfügt über eine ganze Reihe von Unternehmen, die es zum Weltmarktführer schaffen können.

Es empfiehlt sich jedoch, nicht den breiten Markt zu kaufen. Bin Shi, Manager des Fonds UBS Equity China Opportunity, weicht vom Referenzindex immer wieder signifikant ab. Kommunikationsdienstleister hat er derzeit klar unterrepräsentiert. Deutlich übergewichtet ist die Konsumgüterbranche. Zudem betreibt Bin Shi eine sehr aktive Titelselektion und investiert in Unternehmen, die unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen zulegen können.

Zu den Topwerten des Fonds zählt Kweichow Moutai. Das Unternehmen produziert "weißen Alkohol". Das hochprozentige Getränk soll auch nach intensivem Genuss keinerlei Kopfschmerzen bereiten. Viele Chinesen dürften während der Neujahrsfeiern herausgefunden haben, ob das Jahr der Ratte tatsächlich mit oder ohne Kater beginnt.

Investor-Info

UBS Equity China Opportunity
Anlagefreiheit


Manager Bin Shi weicht vom Vergleichsindex MSCI China immer wieder deutlich ab. Sein Ziel ist es, langfristige Gewinner frühzeitig zu erkennen. Von Shis Freiheiten und seiner Expertise haben Anleger bislang stark profitiert. Der Fonds legte in den vergangenen drei Jahren um 84 Prozent zu. Das Portfolio umfasst 40 bis 70 Aktien. Zu den Topwerten des Fonds zählt Ping An Insurance. Das Unternehmen mit Sitz in Shenzen bietet in China und anderen asiatischen Ländern private Altersvorsorgelösungen an.

Schroder ISF Greater China
Breiter angelegt


Fondsmanagerin Louisa Lo investiert die ihr anvertrauten Mittel in Höhe von über einer Milliarde Dollar in derzeit 78 Aktien von Unternehmen aus der Volksrepublik China, Hongkong und Taiwan. Im Portfolio finden sich die beiden Internetriesen Alibaba und Tencent, der IT-Spezialist Taiwan Semiconductor sowie der Versicherungskonzern AIA Group mit Sitz in Hongkong. Für das laufende Jahr traut Lo chinesischen Unternehmen einstellige Gewinnsteigerungen zu.

JP Morgan Asia Growth
Hohe China-Gewichtung


Fondsmanagerin Joanna Kwok hat Unternehmen aus China mit 41 Prozent gewichtet. Auf Werte, die in Hongkong gelistet sind, ent­fallen etwa zwölf Prozent. Der Fonds sucht darüber hinaus nach interessanten Titeln in Indien, Korea und Vietnam. Neben Alibaba und Tencent zählen das koreanische Unternehmen Samsung Electronics sowie der indische Baufinanzierer Housing Development Finance derzeit zu den Fonds-Favoriten. Der Fonds legte in fünf Jahren um 63 Prozent zu.