In der Hoffnung auf neue Konjunkturprogramme in China und der Euro-Zone sind Anleger am Dienstag wieder in europäische Aktien eingestiegen. Daneben sorgte ein möglicher Bieterwettstreit um die Londoner Börse LSE für Wirbel. "Für die Deutsche Börse sind das sicherlich keine guten Nachrichten, weil es sie im Zweifel dazu zwingen könnte, eine höhere Offerte vorzulegen", sagte ein Händler.

Dies trieb die Titel der LSE zeitweise auf ein Rekordhoch von 2914 Pence. Die Titel der Deutschen Börse fielen dagegen um 0,5 Prozent auf 75,82 Euro. ICE rutschten im vorbörslichen US-Geschäft um etwa sechs Prozent ab. Der US-Konkurrent denkt über eine Offerte für die LSE nach und würde damit deren Pläne für eine "Fusion unter Gleichen" mit der Deutschen Börse durchkreuzen. Die Deutschen wollen den Zusammenschluss mit dem britischen Mitbewerber dennoch vorantreiben.

SCHLECHTE NACHRICHTEN SIND GUTE NACHRICHTEN



Abseits des Fusionspokers setzten Anleger auf zusätzliche Geldspritzen der chinesischen Notenbank, um das schwächelnde Wachstum der nach den USA weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft anzukurbeln. Dies verhalf dem Dax zu einem Kursplus von 1,6 Prozent auf 9643 Punkte. Der EuroStoxx50 gewann 1,1 Prozent auf 2978 Zähler.

Genährt wurden die Hoffnungen auf neue Konjunkturhilfen von der trüben Stimmung unter den chinesischen Einkaufsmanagern. "Die Daten verschlechtern sich eindeutig", sagte Peter Kinsella, Chef-Analyst für Schwellenländer bei der Commerzbank. Nachdem die chinesische Notenbank bereits am Montag die Geldpolitik gelockert hat, rechneten Anleger mit weiteren Maßnahmen.

Da sich auch das Wachstum in der Euro-Zone abschwächt, hält Kinsella ähnliche Schritte der Europäischen Zentralbank (EZB) für so gut wie sicher. Börsianer rechnen damit, dass die Währungshüter bei ihrer Sitzung in der kommenden Woche ihre Anleihekäufe von derzeit 60 Milliarden Euro monatlich ausweiten. Aus diesem Grund näherte sich der Bund-Future, der auf der zehnjährigen Bundesanleihe basiert, bis auf drei Ticks seinem Rekordhoch von 166,63 Punkten. Der Euro, der sich in den vergangenen drei Wochen um rund fünf US-Cent verbilligt hatte, stabilisierte sich bei 1,0872 Euro.

KONJUNKTURABHÄNGIGE WERTE GEFRAGT - BARCLAYS BRECHEN EIN



Der wachsende Konjunkturoptimismus schlug sich auch am Rohstoffmarkt nieder: Die richtungsweisende Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,1 Prozent auf 36,99 Dollar je Barrel (159 Liter) und das wichtige Industriemetall Kupfer um 0,5 Prozent auf 4716,50 Dollar je Tonne. Dies gab Bergbaufirmen wie Anglo American oder BHP Billiton sowie Ölförderern wie BP oder Total Auftrieb. Ihre Aktien gewannen bis zu 5,4 Prozent.

Im Dax gehörten die Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen mit Kursgewinnen von bis zu 3,5 Prozent zu den Favoriten. Für sie ist China ein wichtiger Absatzmarkt. Außerdem entwickele sich der Absatz in der Volksrepublik bislang besser als befürchtet, betonte ein Börsianer.

Gegen den Trend brachen an der Londoner Börse die Titel der Barclays Bank zeitweise um mehr als elf Prozent ein. Das ist der größte Kurssturz seit fast vier Jahren. Das Geldhaus verbuchte 2015 einen Rückgang des Vorsteuergewinns auf umgerechnet 6,9 Milliarden Euro und enttäuschte damit die Erwartungen der Anleger.

Reuters