Auch Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets warnt vor stürmischen Wochen. Steigende Energiepreise, Strom-Knappheit, Lieferketten-Unterbrechungen und die anziehende Inflation machten Anleger nervös. So knackte der europäische Terminkontrakt für Erdgas erstmals die Marke von 100 Euro je Megawattstunde. "Ausschlaggebend hierfür war die Nachricht, dass zuletzt deutlich weniger Gas aus Russland nach Deutschland gelangt ist", sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. Gleichzeitig seien die europäischen Lager derzeit nur zu 75 statt wie üblich zu 90 Prozent gefüllt.
Parallel dazu kletterte die Inflation in der Euro-Zone im September auf den höchsten Stand seit 2008. In Großbritannien verschreckte AO World Investoren mit einer Gewinnwarnung wegen fehlender Lkw-Fahrer. Die Aktien des auch in Deutschland aktiven Elektronikhändlers steuerten daraufhin mit einem Minus von zeitweise rund 25 Prozent auf den größten Tagesverlust seit sechseinhalb Jahren zu. Am Donnerstag hatte der Modehändler Boohoo aus ähnlichen Gründen seine Margenziele gekappt. "Die Warnungen der beiden tragen ihren Teil zu den Sorgen bei, dass sich die Lieferprobleme auf die Konjunktur auswirken", sagte Volkswirtin Franziska Palmas vom Research-Haus Capital Economics.
DOLLAR BLEIBT GEFRAGT - BITCOIN IM AUFWIND
Am Devisenmarkt machten zwar einige Dollar-Anleger Kasse. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, blieb mit 94,066 Punkten auf in Schlagdistanz zu seinem jüngsten Zwölf-Monats-Hoch. "So lange die Märkte davon überzeugt bleiben, dass die US-Notenbank innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens mit der Straffung ihrer Geldpolitik beginnt, sollte sich der Dollar gut halten", sagte Anlagestratege Kit Juckes von der Bank Societe Generale. Schließlich seien Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.
Mit Bitcoin deckten sich Investoren ebenfalls ein. Die älteste und wichtigste Cyber-Devise stieg um gut zehn Prozent auf 47.893 Dollar. "Anleger laufen sich für eine mögliche Jahresendrally warm", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. Vor allem institutionelle Investoren nutzten die vorangegangenen Kursverluste zum Einstieg.
BMW UND DAIMLER AUF DER ÜBERHOLSPUR - EDF IM AUFWIND
Am deutschen Aktienmarkt waren unter anderem die Titel von BMW gefragt, die sich um 1,7 Prozent verteuerten. Die Prognose-Anhebung durch den Autobauer komme zwar nicht überraschend, sagte ein Börsianer. Die neuen Ziele lägen aber über den Erwartungen.
BMW-Rivale Daimler gehörten nach Bekanntgabe von Details zum Börsengang seiner Lkw-Sparte ebenfalls zu den Gewinnern. Daimler Trucks soll im Dezember an der Börse debütieren und will 2023 erstmals eine Dividende zahlen. Daimler-Papiere rückten 1,2 Prozent vor.
In Paris gewannen die Titel der Versorger EDF und Engie bis zu 6,5 Prozent. Die Ankündigung der französischen Regierung, den Anstieg der Energiepreise durch Steuersenkungen zu begrenzen, sei eine sehr gute Nachricht für Investoren, schrieben die Analysten der Bank JPMorgan. Diese hätten befürchtet, dass die Versorger zu staatlich festgesetzten Höchstpreisen verdonnert werden.
rtr