Bei manchen Konzernen deckt der Bitcoin-Bestand den Großteil der Börsenbewertung ab. So hält etwa die US-amerikanische Softwarefirma Microstrategy mehr als 91 500 Bitcoins, was einem aktuellen Wert von über fünf Millarden Euro entspricht. Und auch Twitter-CEO und Bitcoin-Fan Jack Dorsey ist in Bitcoin investiert. Selbst für traditionelle Marktteilnehmer gewinnt das Thema an Bedeutung. So kündigte jüngst die alteingesessene Privatbank Donner & Reuschel ihren geplantent Einstieg ins Kryptoverwahrgeschäft an - eine Tätigkeit, die seit Kurzem auch einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bedarf.
Sensationeller Kursanstieg
Als BÖRSE ONLINE vor rund einem Jahr zum ersten Mal den großen Test der Kryptobörsen und -plattformen auflegte, notierte der Bitcoin bei 5700 Euro, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in BO 14/21 lag er bei knapp 50 000 Euro (zum Zeitpunkt dieses Updates am 31.05.21 bei ca. 30.000 Euro) . Dieser Kursanstieg ist wahrlich beeindruckend, muss jedoch längst noch nicht das Ende bedeuten. Noch immer sind die Zinsen niedrig, das Vertrauen in klassische Währungen nimmt ab, und die Akzeptanz von Kryptowährungen steigt. Der Sturm auf die Kryptobörsen und Handelsplattformen war in den vergangenen Monaten enorm. Manche hatten mit so einer Nachfrageflut gar nicht gerechnet. Letztlich sind die virtuellen Währungen gekommen, um zu bleiben.
Auch deshalb, weil sie im Vergleich zu Wertpapieren einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bieten: "Wenn man als Anleger etwa in Bitcoin investiert und die Währung langfristig hält, kann man durch den direkten Erwerb erheblich Steuern sparen. Denn nach einem Jahr Haltedauer können die Coins wiederverkauft werden, ohne dass Steuern anfallen", sagt Sven Hildebrandt, CEO der Blockchain-Spezialberatung DLC Distributed Ledger Consulting.
Für Anleger ist es deswegen durchaus sinnvoll, längerfristig zu planen, auch mal eine Durststrecke zu überbrücken und Positionen zu halten. Es gilt das sogenannte FIFO-Prinzip (First In, First Out): Als Erstes werden die Coins verkauft, die zuerst gekauft wurden. Bei einer Veräußerung innerhalb eines Jahres müssen Gewinne mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden. Jedoch gibt es einen Steuerfreibetrag von 600 Euro. Dieser bezieht sich allerdings auf sämtliche privaten Veräußerungsgeschäfte.
Also einfach Bitcoin kaufen, und los geht's? Ganz so einfach ist es leider doch nicht. Immer wieder kommt es zu sogenannten Hacks bei Kryptobörsen, zahlreiche Skandale in der Vergangenheit zeigen, dass nicht alles Kryptogold ist, was anscheinend glänzt. Für BÖRSE ONLINE Grund genug, sich wieder auf die Suche nach den besten Handelsplattformen zu begeben: Mit DLC Distributed Ledger Consulting durchforsteten wir den Dschungel der Plattformen, kürten die Sieger und schauten ihnen auf die Finger, um Schwachstellen aufzuzeigen.
Insgesamt wurde in sechs Kategorien getestet. Dabei flossen mehr als 120 Datenpunkte in die Bewertung ein. Wie bei so vielen neuen Technologien ist es auch im Universum der Kryptowährungen so, dass die Kenntnisse der Anleger recht unterschiedlich sind. Deswegen haben wir, anders als im Vorjahr, den Test in drei Hauptkategorien unterteilt: für Einsteiger, für Fortgeschrittene und für Profis. Denn klar ist: Nicht jede Plattform kann für jeden Anlegertyp die beste sein.
Einsteiger
Knappe Sieger in diesem Jahr sind die Bison App sowie das hinsichtlich der getesteten Kriterien deckungsgleiche Angebot der Börse Stuttgart Digital Exchange BSDEX: Beide Stuttgarter lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Bitwala und Bitstamp. Vor allem die einfache Handhabung katapultierte Bison und BSDEX nach oben. Zudem ist es für Einsteiger eher hilfreich, wenn nicht allzu viele Kryptowährungen gehandelt werden können. Im Vergleich zum Test des vergangenen Jahres kam lediglich Bitcoin Cash dazu, sodass jetzt ingesamt fünf unterschiedliche Währungen angeboten werden. Bis kurz vor Redaktionsschluss stand Coinbase noch auf Platz 3, wurde jedoch wegen eines Penalty-Punkts aufgrund einer Verurteilung wegen sogenanntem "Wash Trading" - dem Trading mit sich selbst, um das auf der Börse gehandelte Volumen künstlich zu erhöhen - in letzter Minute doch noch auf Platz 4 verdrängt.
Ohnehin dürften sich einige fragen, warum die sonst häufig als Branchenprimus gehandelte Börse Coinbase keine der Kategorien für sich entscheiden konnte. Die Antwort ist relativ einfach: Für die wirklich professionellen Trader wurde Coinbase Pro geschaffen, die in diesen Test nicht in die Auswertung einbezogen wurde. Und bei den Börsen mit Fokus auf Einsteiger und Fortgeschrittene kann Coinbase aufgrund einiger Schwächen im Hinblick auf deutsche Kundinnen und Kunden noch nicht voll punkten.
Den letzten Platz bei den Einsteigern belegt Kraken aufgrund der für viele Neulinge recht komplexen und für Einsteiger eher verwirrend vielen Möglichkeiten.
Fortgeschrittene
Der Sieger heißt Bitwala, der seit Mitte Mai 2021 nun unter dem neuen Markennamen "Nuri" antritt: Seit jeher ist die Plattform starker Konkurrent zu Bison/BSDEX und kann mit einem ähnlich sicheren regulatorischen Rahmen aufwarten. Darüber hinaus bieten die Berliner seit Kurzem auch sogenannte "Custodial Wallets" an. Dabei handelt es sich um Depots, bei denen ein Dritter auf die wichtigen Daten für den Zugriff auf die Kryptowerte aufpasst. Dies war lange Zeit nicht möglich und ist im Hinblick auf weniger erfahrene Nutzer ein deutlicher Minuspunkt.
Neben der Einführung dieser Wallets bietet Nuri (Bitwala) auch ein vollständiges Bankkonto und seit Neuestem auch die Möglichkeit, Zinsen auf Bitcoins zu verdienen. Unsere Wertung vor dem Hintergrund dieser Entwicklung: Strengt sich die Börse Stuttgart nicht an, liegt für Bitwala der Titel "Beste Kryptobörse für Einsteiger" im kommenden Jahr in Reichweite. Auch Kraken hat einen spürbaren Sprung nach vorn gemacht. Das liegt vor allem am mittlerweile merklich aufgestockten Asset-Universum. Auch hier gilt: Das Angebot der Börsen ist insgesamt durchaus attraktiv.
Profis
Das war deutlich: Bei der Auswertung für die Profis kann Bitstamp besonders aufgrund der großen Transparenz und des Fehlens von Penalty-Punkten das Rennen für sich entscheiden. Ein weiterer wichtiger Punkt: Bei Themen rund um Kontenschutz und Sicherheit war die Kryptobörse sehr auskunftsfreudig. Andere Börsen gaben sich hier eher zugeknöpft. Zum Standard gehört mittlerweile das KYC-(Know-Your-Customer-)Verfahren. Über ein Video-Ident-Verfahren können sich die Kunden authentifizieren.
Zusammenfassung
Der Kryptomarkt befindet sich weiterhin in einer Phase des rasanten Wachstums. Auch wenn im Test viele positive Dinge durchschienen, steht die eine oder andere Kryptobörse noch vor größeren Herausforderungen: Aufgrund der starken Nachfrage kommt es immer wieder zu Überlastungsausfällen an Börsenplätzen, was den Plattformen wiederum Penalty-Punkte einbrachte. Ein weiteres Risiko sind eingesetzte Dienstleister. So kam es bei einigen der Kryptobörsen zu Beginn des Jahres zu tage- und teilweise wochenlangen Verzögerungen bei der Aufnahme neuer Kunden. Hier sind die Unternehmen aufgefordert, mehr Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass an diesen Skalierungsproblemen gearbeitet und die Probleme gelöst werden.
Letztlich hat sich im Vergleich zum Vorjahr gezeigt, dass sich die Plattformen weiterentwickelt haben, es allerdings immer noch Potenzial nach oben gibt.
So wurde getestet
Um den Leserinnen und Lesern den größtmöglichen Mehrwert zu bieten, wurden zunächst drei Leserkategorien festgelegt: Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. Wobei sich "Profis" an dieser Stelle nicht auf professionelle Trader, sondern auf sehr versierte Privatpersonen bezieht. Danach wurden die Testkategorien und innerhalb dieser wiederum Prüfkriterien festgelegt. Die fünf Testkategorien "Tokenangebot & Konditionen", "Usability & Service", "Kontenschutz & Sicherheit", "Rechtliches, Regulatorisches & Compliance" sowie "Transparenz" waren je nach Testkategorie in bis zu 15 Prüfkriterien untergliedert. Insgesamt wurden pro Test mehr als 120 Datenpunkte bewertet. Je nachdem, für welche Leserkategorie gewertet wurde, erfolgte eine unterschiedlich starke Gewichtung der Prüfkriterien in den Bereichen "Tokenangebot & Konditionen" sowie "Usability & Service". Dieses Schema haben wir deswegen angewandt, weil es beispielsweise für einen Anfänger weniger wichtig scheint, aus einem besonders breiten Asset-Universum wählen zu können; vielmehr spielen eine intuitive Bedienung der Plattform sowie das zugehörige Serviceangebot eine Rolle. Neben diesen Bewertungen floss außerdem noch ein "Penalty Score" mit ein: Einen Abzug gab es, wenn bei der jeweiligen Börse Probleme beim Anmeldeprozess auftraten oder gegen regulatorische Auflagen verstoßen wurde.
Punktebewertung
Eingeteilt wurden die Ergebnisse insgesamt in fünf Kategorien. "Sehr gut+" war jeweils die beste Bewertung, "Ausreichend" die schlechteste. Für jede Kategorie wurde eine maximal zu erreichende Punktzahl ausgegeben. Entsprechend der Leistung wurde dann in folgende Noten eingeteilt:
Sehr gut+
Sehr gut
Gut
Befriedigend Ausreichend