Die Erben des im vergangenen Jahr verstorbenen Münchner Milliardärs und Knorr-Bremse-Eigners Heinz Hermann Thiele haben ihre Lufthansa-Beteiligung von 15 Prozent längst verkauft. Hauptaktionär der größten deutschen Airline ist derzeit der Bund mit einem Anteil von rund 14 Prozent. Jetzt hat der Hamburger Milliardär Klaus Michael Kühne seine Beteiligung an der Lufthansa von drei auf fünf Prozent aufgestockt und ist damit zweitgrößter Aktionär der Airline geworden. Der 84jährige ist Großaktionär des Schweizer Logistikkonzerns Kühne + Nagel sowie der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd.
Über die Motive seines Engagements hüllt sich der Hanseat allerdings in Schweigen. Auch darüber, ob er beispielsweise ein Aufsichtsratsmandat anstrebt, und ob fünf Prozent schon das Ende seiner Beteiligungs-Ambitionen bei der Lufthansa sind. Branchenkreise gehen davon aus, dass es nur ein Zwischenschritt ist. Fest steht nur derzeit eins: Kühne pflegt seit Jahrzehnten eine innige Beziehung zu den Lufthanseaten. Bereits seit 2004 trägt ein Frachtflugzeug der Lufthansa den Namen des Logistikunternehmers. Und sein Logistikunternehmen Kühne + Nagel ist einer der größten Kunden von Lufthansa Cargo.
So wird in Branchenkreisen inzwischen spekuliert, dass es Kühne genau darauf abgesehen haben könnte: Die Lufthansa-Frachttochter Cargo aus dem Lufthansa-Verbund herauszulösen und mit seinem Logistik-Unternehmen Kühne + Nagel zusammenzulegen. "Das ist die Lösung, die Sinn ergeben würde. Mit der Passagiersparte kann er nichts anfangen", sagt ein Branchenkenner.
Kühne zählt mit einem Vermögen von rund 30 Milliarden Euro zu den reichsten Deutschen. Der gebürtige Hamburger gilt als unbequemer und durchsetzungsstarker Aktionär - und als strategisch denkender Unternehmer, der sich mit halben Lösungen nicht zufrieden gibt. So könnte es auch bei der Lufthansa noch spannend werden.
Den Zeitpunkt für die Aufstockung hat er so gewählt, dass es für ihn finanziell überschaubar bleibt - Branchenkreise gehen von einem Preis von rund 350 Millionen Euro für sein Lufthansa-Paket aus. Die Lufthansa-Aktie hat wegen der Ukraine-Krise seit Mitte Februar rund 30 Prozent ihres Wertes verloren.
Vorstandschef Carsten Spohr erwartete noch Anfang März bei der Bilanzvorlage ein "starkes Reisejahr" mit einer Sommerkapazität in Europa fast auf Vorkrisenniveau. "Wir sind sicher, dass der Luftverkehr in diesem Jahr einen starken Aufschwung erleben wird." Wenn da nicht der Ukraine-Krieg wäre und die damit verbundenen Unsicherheit. Die aktuelle Situation sei eine "weitere Herausforderung, ein Risiko für die Entwicklung der gesamten Weltwirtschaft und für die Erholung unserer gesamten Branche", schränkte Spohr ein. Die Airline hatte im vergangenen Jahr ihre Verluste deutlich reduziert. Mit den Unsicherheiten des Ukraine-Kriegs gehen Analysten allerdings inzwischen davon aus, dass in diesem Jahr die Rückkehr in die schwarzen Zahlen nicht mehr gelingt. Entscheidend ist, wie der Krieg sich weiterentwickelt und sich dies auf die Buchungen der Kunden auswirkt.
ehr