Ebenfalls sehr gut lesen sich die Prognosen von Euromonitor International. Das Marktforschungsinstitut sagt für den Zeitraum von 2013 bis 2017 einen Anstieg der weltweiten Reise- und Tourismus-Umsätze von 2.260 Milliarden Dollar auf 2,840 Milliarden Dollar voraus. Als besonders wachstumsstark dürften sich dabei die Online-Umsätze erweisen, die 2013 mit 590 Milliarden Dollar rund 25 Prozent aller Umsätze ausmachten.
Gut laufen sollten die Geschäfte dabei auch für die europäischen Branchenvertreter. Sie profitieren nach internen Aufräumarbeiten auch von einer sich langsam wieder stabilisierenden Konjunktur auf dem alten Kontinent. Besonders gut schätzen dabei die Analysten von JPMorgan die Aussichten für die Reiseveranstalter ein. Hier rechnen sie für 2014 und 2015 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 27 Prozent. Zwei der vier auf den nächsten Seiten folgenden Aktien-Besprechungen stammen aus diesem Touristik-Teilsegment.
Wer kein Einzelinvestment eingehen will, der kann es auch breiter gestreut mit einem Index-Zertifikat versuchen. Ein entsprechendes Produkt hat mit dem STOXX Europe 600 Travel & Leisure Partizipations-Index (SG3F7M, 20,02 Euro) beispielsweise die Société Générale im Bestand.
Reise-Aktie Nummer eins: TUI AG (WKN: TUAG00, 13,08 Euro)
Zu einem dieser Werte aus der Branche, für die es seit gut zwei Jahren besonders gut läuft, zählt TUI. Der Aktienkurs des Hannoveraner Reiseveranstalters hat sich seit Mitte November 2012 mehr als verdoppelt. Getrieben werden die Notierungen dabei vor allem von der Hoffnung, dass Restrukturierungsmaßnahmen künftig bessere Geschäftszahlen bringen werden. In den traditionell schwachen Monaten Oktober bis Dezember, konnte der Nettoverlust von 139 Millionen auf 141 Millionen Euro gesenkt werden. Allerdings sank gleichzeitig der Umsatz um 2,9 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro.
Der seit rund einem Jahr amtierende Vorstandsvorsitzende Friedrich Joussen will mittelfristig aber auch wieder auf einen Wachstumskurs einschwenken und die Rendite verbessern. Noch ist bei Europas größtem Reiseveranstalter der Durchbruch in dieser Hinsicht noch nicht ganz gelungen. Deshalb stecken in den bereits deutlich gestiegenen Kursen momentan auch noch etliche Vorschusslorbeeren. Das zeigt sich auch an einem auf Basis der für 2014 erwarteten Gewinne auf gut 50 zu veranschlagende KGV. Die in den vergangenen Handelstagen erlittenen Kursabschläge dürften aber weniger darauf, sondern mehr auf den da erfolgten Verkauf von 39,7 Millionen Aktien durch den Großaktionär John Fredriksen zurückzuführen gewesen sein. Denn dabei handelt es sich immerhin um 15,7 Prozent aller Aktien, was erst einmal verdaut sein will.
NordLB-Analyst Wolfgang Donie konnte dem aber sogar etwas Positives abgewinnen. Schließlich habe gleichzeitig der als strategischer Investor geltende spanische Hotelbetreiber RUI seinen Anteil aufgestockt. Donie hält jedenfalls einen Kursanstieg auf 15,50 Euro für gerechtfertigt. Auch andere Marktteilnehmer wittern weiteres Potenzial, allerdings unter der Voraussetzung, dass die derzeit noch unterdurchschnittlichen Geschäftseinheiten entweder verkauft (gemeint ist damit die Beteiligung an der Container-Reedereie Hapag-Lloyd) werden können oder bei ihnen die Trendwende zum Besseren gelingt. Auch der Vorstand zeigte sich zuletzt weiter zuversichtlich, bis zum Geschäftsjahr 2014 einen Cash Flow von 100 Millionen Euro erwirtschaften zu können, wobei davon dann die Hälfte als Gewinn ausgeschüttet werden sollen. Mittelfristig wird als Option auch noch eine Fusion mit der britischen Tochter TUI Travel für denkbar gehalten, was bei einem Gelingen nach Ansicht von Analysten Mehrwert schaffen könnte.
Reise-Aktie Nummer zwei: Thomas Cook plc. (WKN: A0MR3W, 20,188 Euro)
Ähnlich wie bei TUI sind auch bei Thomas Cook die jüngsten Geschäftszahlen ausgefallen. Auch der britische Reisekonzern hat im abgelaufenen Geschäftsquartal etwas weniger umgesetzt als im Vorjahr. Konkret sank der Umsatz von Oktober bis Dezember um 0,9 Prozent auf 1,7 Milliarden Pfund. Geschuldet war das vor allem den Schwierigkeiten in Ägypten. Unter Herausrechnung des negativen Einflusses dieses Krisenlandes wären die Einnahmen um 4,1 Prozent gestiegen. Überschneidungen zu TUI gibt es auch in dieser Hinsicht, dass auch bei Thomas Cook Bereinigungen im Konzerngeflecht vorgenommen werden. Erst jüngst wurde der Luxusreiseanbieter Elegant Resorts für 14,3 Millionen Pfund an die saudi-arabische Reisegruppe Al Tayyar verkauft und die Trennung von dem Vermarkter von Langstreckenflügen, Hotels und Mietwagen Gold Medal angekündigt. Käufer ist hier das Reiseunternehmen dnata aus Dubai. Dnata und der Verkaufspreis beträgt 45 Millionen Pfund.
Gefallen an dem, was die seit 2012 werkelnde Vorstandschefin Harriet Green zusammen mit dem ebenfalls neuen Finanzvorstand Michael Healy auf die Beine stellt, finden unter anderem die Analysten von Credit Suisse. Sie loben die erzielten Fortschritte beim Kostenabbau, die Einführung neuer Produkte und den Verkauf von nicht zum Kernbereich gehörender Aktivitäten. Der Titel wird als sehr interessante Turnaround-Story eingestuft und als Kursziel werden 253,00 britische Pfund genannt. Das liegt deutlich über dem aktuellen Kursniveau von 1,806 Pfund. Begründet wird diese Zuversicht auch mit der erhofften Verbesserung der Ergebnisse. Für das laufende Jahr wird bei der EBIT-Marge mit einer Verbesserung um 140 Basispunkte gerechnet und für den Zeitraum 2013 bis 2018 dürfte die Verbesserung der EBIT-Marge bei insgesamt 270 Basispunkten liegen. Die Gewinnschätzungen für die Jahre 2016 bis 2018 wurden auf Basis dieser Annahmen um 18 bis 36 Prozent angehoben.
Zudem wird ab 2016 auch wieder mit einer Dividendenzahlung gerechnet. Als wachstumsstarkes Segment dürfte sich das Online-Geschäft erweisen. Wie bei TUI werden derzeit gut ein Drittel der Urlaube online gebucht. Dieser Anteil dürfte schon mittelfristig auf 50 Prozent steigen. Erfüllen sich hier die Hoffnungen, würde sich das auf Basis der Konsensschätzungen für KGV gut 16 betragende KGV in den Jahren danach spürbar sinken. Die Aktie, die 2012 um 225 Prozent zugelegt hat und 2013 sogar 300 Prozent, verschnauft seit einiger Zeit etwas. Aber wenn die optimistischen Gewinnprognosen aufgehen, dürfte der bestehende Aufwärtstrend noch nicht zu Ende sein.
Reise-Aktie Nummer drei: Accor S.A. (WKN: 860206, 39,935 Euro)
Nicht ganz so stark nach oben geschossen wie Thomas Cook sind die Anteilsscheine von Accor. Mit einem Plus von fast 135 Prozent seit Dezember 2011 kann sich aber auch die Wertentwicklung von Europas größtem Hotelkonzern mehr als sehen lassen. Untermauert wird diese Bilanz auch durch die 2013 erzielten Ergebnisse. Denn immerhin ist es den Franzosen da gelungen, aus einem Verlust von 599 Millionen Euro einen Gewinn von 126 Millionen Euro zu machen. Der Umsatz sank allerdings gleichzeitig leicht auf 5,536 Milliarden Euro. Letztlich war das Zahlenwerk aber sowohl besser als die eigenen Prognosen als auch höher als die Analystenschätzungen. Die Dividende wurde auf dieser Basis leicht von 0,76 Euro auf 0,80 Euro angehoben.
Wie es hier nun weitergeht, hängt stark davon ab, wie die neue Strategie von Konzernchef Sebastien Bazin aufgehen wird. Er will Hotels auch wieder selbst besitzen und als Investor auftreten. Dieser Plan ist so etwas wie die Wildcard, während die andere unsichere Variable in Form der Konjunkturentwicklung in Europa aktuell bereits etwas besser einzuschätzen ist als noch vor einem halben Jahr. Derzeit spricht viel für eine wirtschaftliche Stabilisierung in Europa und vielleicht gibt es sogar ein wenig Wachstum. Das würde dem Hotelbetreiber, zu dem Ketten wie Ibis und Sofitel gehören, in die Karten spielen. Schließlich werden rund 70 Prozent des Gewinns vor Steuern und Zinsen in Europa generiert. Analysten rechnen beim Umsatz pro vermietbaren Zimmer (es gibt davon konzernweit rund 450.000) für die Jahre 2014 bis 2016 jedenfalls mit steigenden Werten. Dazu muss man wissen: Jedes Plus von einem Prozent bringt eine Gewinnverbesserung von drei bis vier Prozent.
Die Bewertung ist hier mit einem geschätzten KGV von 28,6 zwar anspruchsvoll, aber in den kommenden Jahren wird mit steigenden Gewinnen und einem vorteilhaften Umfeld gerechnet. Der Chart gestaltet sich mit einem intakten Aufwärtstrend auch recht positiv und wenn der Gesamtmarkt mitspielt, könnte es mittelfristig noch zu einem Angriff auf das Rekordhoch von 48,44 Euro kommen. Das gilt insbesondere dann, wenn wie von einigen Marktteilnehmern erhofft, die voraussichtlich starke Cash-Generierung dazu genutzt wird, noch mehr vom Gewinn an die Aktionäre auszuschütten oder da Kapital in Aktienrückkäufe gesteckt wird.
Reise-Aktie Nummer vier: Tomorrow Focus AG (WKN: 549532, 4,22 Euro)
Der vierte Titel, den wir aus dem Tourismus-Sektor vorstellen wollen, ist jener mit dem schwächsten Chartbild. Denn der Aktienkurs der Tomorrow Focus AG, um die es jetzt geht, tritt seit Jahren letztlich nur auf der Stelle. Der Ausbruch aus diesem Seitwärtstrend ist bis heute nicht geglückt und charttechnisch gesehen ist dieser Wert deshalb streng genommen derzeit noch kein Kauf. Außerdem ist das Unternehmen nicht nur auf den Reise-Sektor fokussiert, sondern ist mit seinen Online-Portalen auch in den Sparten Nachrichten, Wirtschaft, Community, Entertainment und Immobilien aktiv.
Eines der Schmuckstücke im Portfolio der Internet-Holding ist aber eindeutig Holidaycheck.com. Dahinter steckt ein sich rund um das Thema Reisen drehende Bewertungs- und Buchungsseite, die es in den vergangenen Jahren auf Wachstumsraten von rund 25 Prozent gebracht hat. Nicht nur für die Analysten von Hauck & Aufhäuser handelt es sich dabei um ein äußerst vielversprechendes Geschäftssegment. Die Verantwortlichen dort trauen dem Reisesegment mittelfristig den Ausbau der EBITDA-Marge von 20 Prozent auf 25 Prozent zu. Abzuwarten bleibt, was aus dem Partnervermittlungs-Segment ElitePartner wird, das anscheinend nicht mehr alle Erwartungen erfüllt.
Was bei Tomorrow Focus letztlich lockt, ist die im Branchenvergleich relativ günstige Bewertung. Laut Bankhaus Lampe werde die Aktie auf Basis der Prognosen für 2015 mit einem Verhältnis von Unternehmenswert zum EBITDA von rund sieben gehandelt, während der Vergleichsgruppe im Schnitt ein Wert von rund zehn zugestanden werde. Lampe hält deshalb einen Anstieg bis auf 4,80 Euro für gerechtfertigt. Bis es zu diesem Anstieg kommt, könnte es allerdings noch etwas dauern. Denn bei der Ergebnisvorlage am 20. März könnten zunächst höhere Marketingausgaben dazu führen, dass die Anleger sich zunächst noch weiter zurückhalten. Das Potenzial für höhere Kurse scheint grundsätzlich aber vorhanden zu sein.