Trotz gekappter Geschäftsprognosen und ungeachtet eines dramatischen Kurseinbruchs halten die meisten Analysten am Softwarekonzern SAP fest. Deutsche Institute wie Baader Bank, Berenberg und Warburg gaben nach der Gewinnwarnung Kaufempfehlungen ab, ebenso Goldman Sachs, Barclays, UBS und Credit Suisse. Die Kursziele der Analysten liegen zwischen 145 und 160 Euro. Analyst Knut Woller von der Baader Bank erwartet beim Walldorfer Konzern nun einen radikaleren Wandel zur Cloudsoftware und eine zweijährige Übergangszeit.

Nach der Prognose-Senkung stürzte die SAP-Aktie am Montag um zeitweise 21 Prozent ab. Damit schrumpfte der Börsenwert binnen Minuten um etwa 31 Milliarden Euro - mehr als die gesamte Marktkapitalisierung des Rückversicherers Munich Re. Die Aktie notierte auf einem Niveau wie zuletzt Ende März.

Folge steigender Corona-Zahlen


Der Software-Konzern hatte am Sonntag zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Prognose für das laufende Jahr gesenkt und auch die Mittelfrist-Ziele gekappt. Die Zahlen seien eine böse Überraschung, kommentierten Marktteilnehmer das Geschehen. SAP drohe im Vergleich zur US-Konkurrenz zurückzufallen. Zugleich könnte es der Auftakt einer ganzen Reihe von Gewinnwarnungen im Technologiesektor sein. Überraschend sei vor allem der gesenkte Ausblick für das Cloud-Geschäft 2020 so spät im Jahr, sagte Analyst Andrew DeGasperi von der Berenberg Bank. Die gesenkten Mittelfrist-Ziele zeigten dass die steigenden Corona-Zahlen die Geschäftserholung verzögern könnten.

Schnellerer Umstieg in die Cloud


Inzwischen geht der weltgrößte Unternehmenssoftware-Anbieter davon aus, dass sich die Pandemie "voraussichtlich mindestens bis zur ersten Jahreshälfte 2021" negativ auswirkt. Demnach könnte das Betriebsergebnis in den nächsten zwei Jahren auch "stagnieren oder etwas geringer" ausfallen. Im dritten Quartal reichte es währungsbereinigt noch zu einem Plus von vier Prozent auf zwei Milliarden Euro.

Im April hatte SAP zum ersten Mal den Ausblick gesenkt. Konkret rechnet SAP 2020 nun mit einem währungsbereinigten Betriebsergebnis zwischen 8,1 und 8,5 Milliarden Euro (Vorjahr: 8,2 Milliarden). Bisher waren bis zu 8,7 Milliarden in Aussicht gestellt worden. Beim Umsatz gehen die Walldorfer, die in der Krise auch Abschied von der Doppelspitze genommen hatten, nun von 27,2 bis 27,8 Milliarden Euro aus statt der zuvor prognostizierten 27,8 bis 28,5 Milliarden. Im Gesamtjahr 2019 waren es 27,6 Milliarden Euro.

SAP sieht insbesondere einen schnelleren Umstieg seiner Kunden in die Cloud. Wie die US-Rivalen Salesforce, Workday oder Oracle setzen die Deutschen immer stärker auf den Verkauf von flexibleren Web-Abos, die in der Regel monatlich bezahlt werden und nicht einmalig.