Die Höhe nicht gezahlter Software-Lizenzgebühren an Microsoft, SAP und andere IT-Unternehmen beläuft sich laut dem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" auf mehr als 20 Millionen Euro. Der Meldung zufolge wurde der Missstand im Rahmen einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG aufgedeckt. "Es ist zutreffend, dass KPMG eine Überprüfung des Software Asset Managements bei Leoni durchgeführt hat. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden Schwachstellen identifiziert und Handlungsempfehlungen erteilt", zitierte die Zeitung einen Unternehmenssprecher. Leoni lasse die Nutzungsvereinbarungen über Software und Lizenzen regelmäßig überprüfen. "Über die Ergebnisse dieser Untersuchungen geben wir keine Einzelheiten bekannt. Von den durch die 'FAZ' genannten Software-Herstellern liegen uns Bestätigungen vor, dass die Leoni AG aktuell adäquat lizenziert ist." Bei Anlegern kam die Panne nicht gut an. Als Reaktion auf die Nachricht sackte die Aktie des Kabel- und Bordnetze-Herstellers in der Spitze über fünf Prozent ab. Allerdings zählt der MDax-Wert mit einem Kursplus von fast 46 Prozent seit Jahresanfang zu den stärksten Titeln im MDax.

Bereits im Vorjahr sorgte der Autozulieferer für negative Schlagzeilen. Wegen Fehlern bei neuen Produktanläufen und Problemen in der Bordnetzsparte musste ein teures Sanierungsprogramm aufgelegt werden. Anschließend wurden die Nürnberger auch noch Opfer eines von Fachleuten als des "Chefbetrug" oder "Fake-President-Masche" genannten Betrugs. Mittels falscher E-Mail-Adressen und manipulierten Unterschriften erbeuteten Kriminelle damals rund 40 Millionen Euro. Insgesamt kosteten die Vorfälle den Autozulieferer die Hälfte seines Gewinns. Der operative Gewinn sackte auf gut 78 Millionen Euro ab.

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Einschätzung der Redaktion



Die Software-Panne ist ein weiterer Managementfehler von Konzernchef Dieter Bellé. Dabei profitiert das Unternehmen derzeit von dem Megatrend Elektromobilität. Für den Kabelspezialisten ist die Elektrifizierung im Automobilbau ein Glücksfall. In Hybrid-und Elektroautos sind die zu übertragenden elektrischen Leistungen höher als im Bordnetz herkömmlicher Autos. Fahrzeuge mit Elektromotor benötigen ein zweites, leistungsstärkeres Bordnetz, das die Batterie mit dem Antrieb verbindet. An den hier verwendeten Kabeltypen verdient Leoni mehr als bei herkömmlichen Netzen. Im ersten Halbjahr verzeichneten die Franken eine stark anziehende Nachfrage im Bereich Elektromobilität. In diesem zukunftsträchtigen Segment verfügt das Unternehmen inzwischen über einen Auftragsbestand mit einem Volumen von 628 Millionen Euro Euro. Mittelfristig dürfte es deutlich mehr werden. Die Privatbank Berenberg rechnet vor allem ab 2020 auf der Umsatzseite mit positiven Überraschungen.

Auch insgesamt ziehen die Verkäufe an, während das Sanierungsprogramm die Profitabilität verbessert. Bei einem organisch um fünf Prozent auf 2,23 Milliarden Euro gestiegenen Halbjahresumsatz konnte der operative Gewinn mit 114 Millionen Euro so um mehr als ein Viertel gesteigert werden. Der Millionen-Fehler mit den Softwarelizenzen ist ärgerlich und kratz weiter an der Reputation der Firmenführung, fundamental aber stehen die Zeichen für Leoni gut.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 55,00 Euro
Stopppkurs: 44,50 Euro