Die zum Verkauf vorgesehenen Aktivitäten, die nicht mehr zum Kerngeschäft des Unternehmens gehören, werden den Angaben zufolge mit rund 450 Millionen Euro bewertet und erzielten 2020 einen Umsatz von rund 430 Millionen Euro. "Der erwartete Mittelzufluss nach Abzug unter anderem von Finanzverbindlichkeiten und Pensionslasten liegt bei mehr als 300 Millionen Euro und soll zur Stärkung der Liquidität eingesetzt werden", hieß es weiter.
Die Transaktion würde damit dazu beitragen, die finanzielle Stabilität von Leoni deutlich zu verbessern. Ein Verkauf würde den Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 200 Millionen Euro steigern. Der Leoni-Aufsichtrat habe die Transaktion bereits gebilligt. Neben dem Board des Käufers müssten noch die Banken von Leoni zustimmen. Ein Vollzug der Transaktion wird Anfang 2022 erwartet, sofern es keinen Einspruch der Wettbewerbshüter gibt.
An der Börse sorgte der angekündigte Verkauf in einem schwachen Markt für Kursgewinne. Die früher im MDax und SDax notierte Aktie legte im frühen Handel bis zu knapp vier Prozent zu, konnte die Gewinne aber nicht ganz halten. Zuletzt stand ein Plus von rund 1,5 Prozent auf 13,82 Euro auf der Kurstafel. Damit stabilisiert sich der Kurs nach der jüngsten Korrektur, die das Papier von einem Zwischenhoch von 18,50 Euro im August wieder fast bis auf 13 Euro gedrückt hatte.
Da das Unternehmen bereits vor Corona in einer tiefen Krise steckte, befindet sich die Aktie seit Jahren auf Talfahrt. Vom Rekordhoch bei etwas mehr als 66 Euro im Januar 2018 ging es bis auf 4,30 Euro vor knapp einem Jahr nach unten. Doch der eingeleitete Sparkurs und der angekündigte Umbau sorgten für einen Stimmungsumschwung. Trotz der jüngsten Erholung ist das Unternehmen an der Börse 450 Millionen Euro wert und deshalb nicht mehr in einem der Deutsche-Börse-Auswahlindizes vertreten.
Der jetzt offenbar kurz bevorstehende Verkauf des Bereichs Business Solutions gehört zum Plan, sich von verschiedenen Einheiten des Kabelsparte (WCS) zu trennen. Ein Komplettverkauf war im vergangenen Jahr unter anderem durch die Corona-Turbulenzen am Kapitalmarkt verhindert worden. Leoni konzentriert sich ganz auf die größere Bordnetzsparte (WSD), die zwar in den roten Zahlen steckt, aber nach Einschätzung des Managements mittelfristig bessere Renditen verspricht.
Im ersten Halbjahr zog der Umsatz der Sparte um mehr als die Hälfte auf rund 1,66 Milliarden Euro an. Zudem konnte der Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 145 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten 2020 auf 19 Millionen Euro reduziert werden. Vor Sondereffekten für das Sparprogramm, Kosten für Corona-Maßnahmen und anteiligen Kosten für die Refinanzierung des Konzerns war der Bereich sogar operativ profitabel.
In der Corona-Krise musste sich Leoni unter anderem mit einem staatlich verbürgten Kredit in Höhe von 330 Millionen Euro refinanzieren. Zuletzt hatte Leoni nicht damit gerechnet, diese Schulden nicht bis Mitte 2022 zurückzahlen zu können. Deshalb zählt dieser Kredit jetzt zu den langfristigen Finanzschulden von knapp 1,6 Milliarden. Einen Teil davon würde Leoni durch den geplanten Verkauf der Einheit Business Solutions los.
Leoni beschäftigte Mitte des Jahres weltweit knapp 102 000 Mitarbeiter - davon mit fast 94 000 den Großteil in der Bordnetzsparte. Ankeraktionär ist der österreichische Motorradhersteller Pierer, der seinen Anteil erst im April von rund 10 Prozent auf mehr als 15 Prozent aufgestockt hatte. Damals hatte Großaktionär Stefan Pierer in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg gefordert, dass Leoni fokussierter und schneller werden muss.
dpa-AFX