Return - der Investmentkommentar von Björn Drescher

Irgendwie ist man an einen alten Hollywoodstreifen erinnert, wenn man hört, dass das Finanzministerium fest entschlossen zu sein scheint, den Höchstrechnungszins für Lebens- und Rentenversicherungen, im Volksmund auch "Garantiezins" genannt, von heute 1,25% auf 0,9% abzusenken. Während die zu Däumlingen geschrumpften Kinder am Ende des Films allerdings wieder auf ihr Ausgangsniveau zurückwachsen, steht eine solche Entwicklung bei den Zinsen in den Sternen. Dieser Umstand darf nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Der Höchstrechnungszins wurde 1903 eingeführt. Er soll die Anleger vor übermäßigen Zinsverlockungen der Versicherer schützen und ihnen gleichzeitig eine Mindestverzinsung garantieren. Jahrzehntelang zwischen 3,5 und 4% begann der Siechtum des Wertes im Jahr 2000.

Wie zu hören ist, wird der geplante Schritt von der BaFin, also der Finanzaufsicht, begrüßt. Sie sorgt sich, einzelne Versicherungen könnten sich im anhaltenden Niedrigzinsumfeld übernehmen. Nicht zuletzt von daher, als der zu verändernde Höchstrechnungszins nur auf Neuabschlüsse Anwendung findet und für Altverträge frühere, höhere Zusagen weiterhin zu bedienen sind. Ebenso wenig überraschend lehnen die Verbraucherschützer und Produktanbieter die Empfehlung des Ministeriums ab. Allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Während die einen die Ansicht vertreten, den Anlegern sollte von vorne herein ein größerer Teil erzielbarer Gewinne zugesprochen und garantiert werden, wissen die anderen um das verheerende Signal, dass von dieser Rechnungsgröße für das Marketing und damit Angebot und Nachfrage ihrer Produkte ausgeht.

Von diesen Betrachtungen völlig losgelöst kommen zwei Aspekte in der öffentlichen Diskussion viel zu kurz: Die Kostenstrukturen für Vertrieb und Verwaltung entsprechender Produkte sind seit der guten alten Zeit nicht hinreichend angepasst worden. Sie belasten die immer kleineren Erträge der Anleger, kannibalisieren sie förmlich. Es wird gerne vergessen, dass der Garantiezins lediglich auf die zur Anlage kommenden Beträge Anrechnung findet, keineswegs aber auf die gezahlte Prämiensumme. Somit droht Anlegern zukünftig immer häufiger, eine geringere Ablaufleistung zu erhalten, als sie eingezahlt haben. Und zum anderen sollte überdacht werden, inwieweit man den Versicherern in ihren Anlagerichtlinien hinsichtlich der Flexibilität entgegenkommen kann. Sie brauchen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld dringend höhere Immobilien- und Aktienquoten, um langfristig attraktive Renditen zu erzielen. Sagen wir es so: Der Refinanzierungsbedarf und Interessenkonflikt des Staates dürfte doch im Zuge der massiven Käufe seiner Anleihen durch die Notenbanken etwas kleiner geworden sein. Könnte man diesen Spielraum nicht weiterreichen?