Auch der von den Kartellbehörden voraussichtlich verlangte Verkauf von Firmenteilen schreite zur Zufriedenheit beider Konzerne voran.
Die Fusionspartner haben aus aktienrechtlichen Gründen bis zum 24. Oktober Zeit, den im vergangenen Jahr vereinbarten Zusammenschluss zum weltgrößten Industriegasekonzern unter Dach und Fach zu bringen. Sie bereiten sich darauf vor, vor allem in den USA und Europa Konzernteile zu verkaufen, um gemeinsam keine marktbeherrschende Stellung zu erreichen. Das Prüfverfahren der EU-Kommission gestaltet sich nach früheren Angaben aufwendiger als erwartet.
"Wir machen auch beim Verkaufsprozess Fortschritte und das Interesse an den abzugebenden Unternehmensteilen ist groß", sagte Belloni. Er bestätigte, dass die Fusionspartner bereits einer engeren Auswahl an Interessenten vertiefte Informationen zur Verfügung stellen. Während sich Linde über die Kaufinteressenten ausschweigt, hatten Insider mehrere Namen genannt - darunter den Finanzinvestor CVC im Bündnis mit der deutschen Industriegasefirma Messer sowie die Finanzinvestoren Carlyle, Onex ONEX.TO> und Blackstone.
Linde und Praxair haben sich vorbehalten, die Fusion abzublasen, wenn sie mehr als 3,7 Milliarden Euro Umsatz oder 1,1 Milliarden Euro operativen Gewinn (Ebitda) abgeben müssten. Belloni ließ durchblicken, dass es daran nicht scheitern dürfte. Aktuell würden die Schmerzgrenzen nicht überschritten. "Sollte dieser Fall dennoch eintreten, werden sich Linde und Praxair über das weitere Vorgehen verständigen", fügte Belloni hinzu.
Er reagierte damit auf Zweifel von Aktionärsvertretern, dass das von ihnen grundsätzlich begrüßte Vorhaben auf den letzten Metern scheitern könnte. "Wie begründen Sie Ihren Zweckoptimismus?", wollte etwa Daniela Bergdolt wissen, die Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Bergdolt kritisierte erneut, dass die Linde-Aktionäre nicht auf einer Versammlung über die Fusion abstimmen konnten, und hält nach eigenen Worten an ihrer Klage gegen dieses Vorgehen des Konzerns fest. Das Landgericht München plant nach eigenen Angaben am 26. Juli einen ersten Verhandlungstermin. Linde argumentiert, die überwältigende Mehrheit der Aktionäre habe ihre Anteilsscheine zum Umtausch für Aktien des fusionierten Linde-Konzerns eingereicht und damit das Vorhaben gebilligt.
KRITIK AN REITZLE: "ZU VIELE ÄMTER"
Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle, der wegen seines Vorgehens bei der Fusion bereits auf der vergangenen Hauptversammlung attackiert wurde, geriet nun wegen der Zahl seiner Managerposten in die Kritik. "Sie haben zu viele Ämter und nicht ausreichend Zeit für Linde", sagte DSW-Vizechefin Bergdolt. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment sagte: "Wir wählen Sie heute nur, weil sie die treibende Kraft der Fusion mit Praxair sind." Reitzle, der auch in den Kontrollgremien von Axel Springer, Continental und dreier weiterer Unternehmen sitzt, wies den Vorwurf der Überlastung zurück.
Beide Konzerne wollen sich in der zweiten Jahreshälfte zum weltgrößten Industriegasekonzern zusammenschließen. Reitzle will Verwaltungsratschef des künftigen Konzerns werden, der unter dem Namen Linde firmieren und seinen Sitz in Irland haben soll.
rtr