"Unsere klare Vision ist, Linde langfristig und nachhaltig zu einem der profitabelsten und präferierten Anbieter im Industriegase- und Engineering-Geschäft auszubauen", sagte Büchele, der Ende April seinen Posten räumt, am Freitag. Die relativ geringe Rendite der Münchner galt als ein Grund für den geplatzten Zusammenschluss mit den profitableren Amerikanern. An der Börse kam der Sparkurs gut an: Mit einem Anstieg um gut zwei Prozent waren die Linde-Aktien die größten Gewinner im Leitindex Dax.

Der Stellenabbau dürfte kräftig ausfallen: Für das laufende und kommende Jahr veranschlagt Linde die Kosten für die Einsparungen auf 400 Millionen Euro. Die Zahl der wegfallenden Arbeitsplätze wollte Büchele nicht nennen. Auf Basis der üblichen Abfindungssummen veranschlagen Experten die Zahl der betroffenen Mitarbeiter auf 3000 bis 4000. Weltweit beschäftigt Linde 65.000 Menschen, davon 8000 in Deutschland. "Unsere Aktionäre haben ganz klare Erwartungen an die Leistungskraft und das Leistungspotenzial dieses Unternehmens. Und im Vergleich zu den Wettbewerbern liegen wir in diesem Bereich signifikant zurück", sagte Büchele. Die Anteilseigner sollen während der Sparwelle auf nichts verzichten müssen: Die Dividende soll in den kommenden Jahren weiter steigen.

Linde kämpft mit den Folgen des Ölpreisverfalls. Vor allem im Anlagenbau scheuen die Kunden Investitionen, der Umsatz der Sparte sinkt langfristig. Büchele warnte zudem vor den Folgen der sich abkühlenden Weltwirtschaft. Es sei nicht mehr mit Zuwachsraten von fünf, sondern eher drei Prozent zu rechnen. "Wir werden also mit hohem Kostendruck konfrontiert und müssen zudem gegen einen aggressiven Wettbewerb bestehen, der auf einer niedrigeren Kostenbasis agiert als wir."

LINDE PRÜFT RÜCKZUG AUS EINZELNEN LÄNDERN



Auf dem Weg zu mehr Rendite soll sich Linde auch aus manchen seiner gut 100 Märkte zurückziehen. "Dabei geht es um einzelne Länder in Afrika, Asien oder Südamerika, die politisch instabil sind und wirtschaftliche Herausforderungen haben", sagte Büchele im Reuters-Interview. Die britische Kühllogistiktochter Gist stehe weiterhin zum Verkauf, bekräftigte er. "Gist gehört nicht zum Kerngeschäft. Wenn mir jemand einen guten Preis bietet, werde ich es verkaufen."

Es sei gut und richtig gewesen, einen Zusammenschluss mit Praxair auszuloten, um damit am französischen Erzrivalen Air Liquide als weltgrößten Gaseanbieter vorbeizuziehen, verteidigte Büchele die letztlich gescheiterten Verhandlungen. Einen neuen Anlauf will er nicht wagen. "Praxair ist für uns kein Thema", sagte der Schwabe.

Auf Seite 2: Anspruch führend sein zu wollen, haben wir nicht aufgegeben





ANSPRUCH FÜHREND SEIN ZU WOLLEN, HABEN WIR NICHT AUFGEGEBEN



Linde habe auch ohne den Zusammenschluss das Zeug dazu, zum größten Industriegaseanbieter der Welt aufzusteigen. "Den Anspruch führend sein zu wollen, haben wir nicht aufgegeben. Der Zeithorizont wird jetzt ein anderer sein." Büchele räumte ein, dass das Scheitern der Fusion der zentrale Auslöser für seine Entscheidung war, Ende April abzutreten. "Es war meine Vision, die Nummer 1 über den Merger zu schaffen. Jetzt ist das ein anderes Spiel und das ist nicht meine Priorität", sagte der 57-Jährige. Die übrigen Vorstände und Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle würden dafür sorgen, dass auch nach seinem Abschied der Sparkurs weiter durchgesetzt wird.

Im dritten Quartal musste Linde indes konzernweit einen leichten Einnahmenrückgang hinnehmen. Der Umsatz sank binnen Jahresfrist um gut zwei Prozent auf 4,4 Milliarden Euro, der operative Gewinn (Ebitda vor Sondereffekten) ging im gleichen Umfang auf gut eine Milliarde Euro zurück. Unter dem Strich verdiente die Traditionsfirma mit 313 Millionen Euro gut ein Zehntel mehr und schnitt insgesamt besser ab als Analysten erwartet hatten. Analyst Markus Mayer von Baader war angetan vom jüngsten Zahlenwerk und lobte den Sparkurs: "Die signifikante Restrukturierung wird das Fett von Linde abschneiden."

rtr