Wie funktioniert der Umtausch genau?


Linde-Aktionäre dienen ihre Anteile dem neuen, fusionierten Unternehmen Linde plc an. Im Zuge der Fusion bekommen Linde-Aktionäre pro Aktie 1,54 Anteile an Linde plc. Da durch das Umtauschverhältnis von eins zu 1,54 keine ganzen Zahlen herauskommen, werden die sogenannten Aktienspitzen, als der Teil der Aktien, der hinter dem Komma steht, bar an die Aktionäre ausgezahlt.

Wie lange habe ich Zeit, um meine Aktien umzutauschen?


Die Frist läuft noch bis zum 7. November. Zuletzt hatten 71,5 Prozent der Linde-Aktionäre ihre Papiere im Rahmen des Angebots angedient.

Was passiert, wenn ich meine Anteile nicht andiene?


Die alten Aktien der Linde AG werden weiter an der Börse gehandelt. Sie sind allerdings bereits jetzt aus dem Dax gefallen, da mehr als 50 Prozent der Linde-Anteile zum Umtausch eingereicht wurden. Das sind auch die Papiere, die jetzt im Dax gehandelt werden.

Wenn 90 Prozent der Aktien umgetauscht werden, könnte es zu einem sogenannten Squeeze-out kommen: Die verbleibenden Aktionäre könnten dann gegen eine entsprechende Barabfindung dazu gedrängt werden, ihre Aktien abzugeben. Markus Mayer, Analyst bei der Baader-Bank, hält dieses Szenario für sehr wahrscheinlich. "Die Frage ist nur, ob die Aktionäre dann in Aktien der Linde plc oder in bar ausgezahlt werden", sagt er. Ein Nachteil für die Aktionäre, die die alten Aktien haben: Der Handel mit den Aktien dürfte künftig deutlich sinken, die Kursschwankungen steigen.

Wie sieht es mit der Dividende für 2017 aus?


Wenn die Fusion zustande kommt, soll sie in der zweiten Jahreshälfte 2018 stattfinden. Da die Dividende für 2017 im Mai 2018 ausgeschüttet werden soll, ändert sich laut Experten erstmal nichts. Die Ausschüttung der Dividende für 2018 würde nach dem jetzigen Zeitplan dann nach irischem Recht erfolgen. Das bringe aber keine höhere Steuerbelastung für die Aktionäre mit sich, sagt Daniel Sahm, Steuerberater bei Ecovis BayLa-Union in München.

Fällt Linde nach der Fusion aus dem Dax?


Der Indexspezialist Uwe Streich von der LBBW hält das für nicht wahrscheinlich. Das Risiko für Linde besteht laut Streich nur darin, dass der Börsenumsatz stark sinken könnte. Nach einer Fusion würde ein Teil des Börsenumsatzes wohl in die USA wandern, da Praxair ein amerikanisches Unternehmen ist. Nach heutigem Stand müsste der Umsatz aber um mindestens gut die Hälfte zurückgehen, bis es für die Dax-Notierung von Linde kritisch wird, sagt Streich. Frühestens wäre das laut dem Experten auch erst in ein bis zwei Jahren der Fall.

Der Sitz des neuen Unternehmens habe dagegen keinen Einfluss auf die Notierung im Dax. Der rechtliche Sitz wäre bei dem fusionierten Unternehmen zwar in Irland. Seit die Deutsche Börse eine Fusion mit der London Stock Exchange plante, gibt es hier aber eine neue Regel: Der Unternehmenssitz in Deutschland ist keine Voraussetzung mehr, um im Dax zu notieren. Zwar fordert die Deutsche Börse einen operativen Hauptsitz in Deutschland. Das wäre laut Streich bei Linde trotz rechtlichem Sitz in Irland aber der Fall.

Auf Seite 2: Hürden für die Fusion, Klage der DSW und Steuerfragen für Anleger



Kann die Fusion noch scheitern?


Ja, ein großes Risiko sehen Experten und die beiden Unternehmen selbst bei der Steuerlast. Obwohl Linde plc die Mindestannahmeschwelle der Aktien auf 60 Prozent gesenkt hat, liegt die kritische Marke für den Umtausch bei 74 Prozent. Bleibt Linde unter dieser Schwelle, gäbe es steuerliche Nachteile. Der Grund: Die Praxair-Aktien werden zu 100 Prozent in Anteile der Linde plc umgetauscht. Deshalb würde dann das Verhältnis der beiden Unternehmen nicht mehr stimmen und der neue Konzern wäre eher amerikanisch - mit negativen Auswirkungen bei der Steuer, sagt Indexspezialist Streich. Linde werde dann abwägen, ob die steuerlichen Nachteile die Vorteile aus der Fusion überwiegen, sagen Experten. Die Frist, in der Aktionäre ihre Anteile andienen können, kann aber erneut verlängert werden. Damit könnte Linde weitere Zeit gewinnen, um die Schwelle von 74 Prozent zu erreichen.

Daneben gibt es rechtliche Risiken. Vor allem die Kartellbehörden wollen die geplante Fusion genau unter die Lupe nehmen. Zwar haben beide Unternehmen bereits signalisiert, im Fall eines Zusammenschlusses Zugeständnisse zu machen und sich von Unternehmensteilen zu trennen. Allerdings gibt es eine Schmerzgrenze von 3,7 Milliarden Dollar Umsatz. Müsste der neue Konzern mehr abgeben, könnte der Zusammenschluss wackeln. Dass die Schwelle von 3,7 Milliarden Dollar überschritten wird, hält Baader Bank-Analyst Mayer aber nicht für wahrscheinlich. Von einem Verkauf wären laut Mayer vor allem Standorte in Brasilien und den USA betroffen.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat gegen Linde geklagt, weil sie den Weg, wie die Entscheidung über die Fusion zustande kam, nicht für richtig hält - die Aktionäre wurden dazu nicht befragt. Kann die Klage die Fusion noch aufhalten?


Nein. Ein Urteil würde laut Daniela Bergdolt, Vize-Präsidentin der DSW, nicht rechtzeitig fallen. Es ginge den Aktionärsschützern aber auch nicht darum, die Fusion aufzuhalten. "Wir werden die Fusion mit der Klage nicht verhindern. Uns geht es um künftige Fusionen: Aktionäre müssen dazu auf der Hauptversammlung gefragt werden", sagt die Anwältin.

Haben Linde-Aktionäre steuerliche Vor- oder Nachteile?


Durch den Aktientausch dürfte Linde-Aktionäre erst einmal keine steuerliche Belastung entstehen, sagt Steuerberater Daniel Sahm. Er ist unter anderem auf Steuerfragen bei Kapitalanlagen spezialisiert. Normalerweise würde ein Aktientausch steuerlich wie ein Verkauf der alten und ein Kauf der neuen Aktien behandelt werden. Es gibt aber eine Sonderregelung. Die greift für Privatanleger, die nicht mehr als ein Prozent an einem Unternehmen halten. Die Voraussetzung ist, dass bei dem Tausch neue Anteile ausgegeben werden. Diese Sonderregelung sollte bei der Fusion greifen, sagt der Steuerexperte. Damit wäre der Tausch steuerneutral.

Einen Knackpunkt gibt es aber dennoch: Die Aktienspitzen durch die Umtauschquote von eins zu 1,54 werden bar an die Aktionäre ausgezahlt. Dieser "Überschuss" führt zu Kapitaleinkünften und muss entsprechend versteuert werden, erklärt Sahm. Für Anleger, die ihre Anteile vor 2009 gekauft haben gilt aber: "Sie müssen nach einer neuen Entscheidung des BFH keine Abgeltungsteuer auf die Barabfindung zahlen. Die Finanzverwaltung hat das Urteil zwischenzeitlich im Bundessteuerblatt veröffentlicht, so dass die Entscheidung von der Finanzverwaltung allgemein angewandt wird", sagt der Steuerexperte.

Anmerkung der Redaktion: Ein Squeeze-out wäre schon bei 90 Prozent umgetauschter Aktien möglich. Im vorherigen Text haben wir geschrieben, dass das erst ab 95 Prozent möglich wäre. Das gilt für einen aktienrechtlichen Squeeze-out. Laut Angebotsunterlage will Linde plc aber, sofern es mindestens 90 Prozent aber weniger als 95 Prozent der Aktien hält, einen umwandlungsrechtlichen Squeeze-out durchführen.