Bereits Ende des dritten Quartals war klar: Linde trotzt der weltweiten Corona-Pandemie. Der Gasekonzern schraubte damals die Gewinnprognose nach oben. Erwartet wurde ein um Sondereffekte bereinigte Gewinn je Aktie zwischen 8,05 und 8,10 US-Dollar - Linde schaffte nach dem abgelaufenen vierten Quartal sogar 8,23 Dollar. Für 2021 soll der Gewinn je Anteilsteil auf 9,10 bis 9,30 Dollar zulegen, wie der Dax-Konzern am Freitag in Guilford bei London mitteilte.
Ganz spurlos geht Corona dennoch nicht an Linde vorbei. So schrumpfte im abgelaufenen Geschäftsjahr der Umsatz im Jahresvergleich um 3,5 Prozent auf 27,2 Milliarden Dollar. Es bestehe zwar eine erhebliche Unsicherheit in Bezug auf das Umfeld, sagte Unternehmenschef Steve Angel damals bei Vorlage der Zahlen. Er vertraue aber auf das Geschäftsmodell.
Unter dem Strich blieb ein Gewinn von rund 2,5 Milliarden Dollar - das war rund 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der operative bereinigte Gewinn legte auf 5,8 Milliarden Dollar zu, Linde übertraf hier die eigene Prognose, die bei 5,7 Milliarden Dollar lag.
Von einer Erholung der Konjunktur würde Linde zusätzlich profitieren, sagte Angel. "Darüber hinaus erwarte ich, dass wir unsere Chancen in langfristigen Wachstumsmärkten wie Gesundheit, Elektronik und erneuerbare Energien entschiedener ergreifen." Im Geschäft mit der Gesundheits- und der Elektronik-Branche legte Linde bereits im vierten Quartal mit jeweils neun Prozent am stärksten zu.
Aktionäre werden belohnt: Höhere Dividende, neues Aktienrückkaufprogramm
Am Unternehmenserfolg will Linde die Aktionäre beteiligen. Der Industriegase-Hersteller kündigte an, die Dividende für das Schlussquartal um zehn Prozent auf 1,06 Dollar je Aktie zu erhöhen. Insgesamt zahlte der Dax-Konzern damit in diesem Jahr bis zu 2,34 Milliarden Dollar an Dividenden.
Zudem legt Linde ein neues Aktienrückkaufprogramm auf. Nach einem sechs Milliarden Dollar schweren Rückkaufprogramm, das Ende Januar nach zwei Jahren ausgelaufen war, legt der deutsch-amerikanische Konzern ein neues Programm über bis zu fünf Milliarden Dollar auf. Damit möchte man die Aktionäre belohnen, so Angel. Das neue Programm läuft bis Juli 2023.
Wasserstoff-Geschäft soll boomen, Weichen für neuen Chef werden gestellt
Wegen des Wasserstoff-Hypes blickt Linde zuversichtlich in die Zukunft. Der Konzern möchte das Geschäft mit Wasserstoff stark ausbauen. Angel zufolge erzielt der Gasekonzern schon heute mehr als zwei Milliarden Dollar Umsatz mit Produktion, Vertrieb, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff. Gerade bei großen Transportmitteln wie Lastwagen, Zügen, Fähren und Bussen werde sich Wasserstoff durchsetzen.
Daneben stellt Linde bereits Weichen für eine Zeit nach Angel. Wenn alles gut läuft, könnte Vorstandsmitglied Sanjiv Lamba schon in rund einem Jahr der neue Chef werden, schrieb das "Handelsblatt" jüngst unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Lamba, der bereits vor der Fusion mit Praxair bei Linde im Vorstand saß, leitet seit Januar das operative Geschäft. Der Verwaltungsrat werde rechtzeitig über die Nachfolge Angels entscheiden, sagte Linde-Verwaltungsratschef Wolfgang Reitzle dem Blatt.
Einschätzung der Redaktion
Bei den vorgelegten Zahlen konnte Linde die Einschätzungen der Analysten toppen. Auch am Markt kamen die Geschäftszahlen gut an, die Linde-Aktie stieg auf ein Tageshoch bei rund 213,50 Euro. Im Zuge des Corona-Crashs musste die Linde-Aktie bis Mitte März kräftig Federn lassen.
Innerhalb weniger Wochen knickte ihr Kurs um gut 37 Prozent auf 130,45 Euro ein. Doch das Tief konnte das Papier längst hinter sich lassen. Mitte November kletterte der Kurs auf ein Rekordhoch von 226,40 Euro. In den vergangenen Tagen pendelte die Aktie bei knapp 210 Euro etwas darunter, aber immer noch auf dem Niveau aus dem Februar 2020 vor dem Crash.
Wir bleiben weiterhin bei unserer Kaufempfehlung. Im Vergleich mit Wettbewerbern schlägt sich Linde deutlich besser. Die fortlaufenden Effizienzverbesserungen, das vorsichtige Preismanagement sowie das Geschäft mit Wasserstoff dürften vorteilhaft für die Zukunft sein.
Auch die meisten Branchenexperten sind mit Blick auf die Linde-Aktie positiv gestimmt. Von den zehn von dpa befragten Analysten empfehlen sieben die Anteilsscheine zum Kauf. Drei Experten sprechen sich dafür aus, die Papiere zu halten. Kein Experte rät zum Verkauf.
Mit Material von dpa-AFX