Alte Freunde wiederfinden, einen neuen Job landen, den neuesten Tratsch lesen - Social Media macht all das einfacher. LinkedIn aber ist die erste Website, die den entscheidenden Hinweis in einem Insiderskandal lieferte.
Owen Kerr, Gründer der australischen Brokerfirma Pepperstone Financial, bemerkte, dass sein Kunde Lukas Kamay oft Minuten oder gar Sekunden vor der Bekanntgabe einer ökonomischen Kennzahl goldrichtig auf den Aussie-Dollar spekulierte. Kerr checkte den Mann auf LinkedIn aus - und bemerkte, dass er mit einem Mitarbeiter des australischen statistischen Zentralamts vernetzt war. "Da klickte es bei mir: Dieser Typ handelt ausschließlich auf die Daten des Statistischen Amts hin - er hat einen Maulwurf dort!" Kerr schaltete Polizei und Börsenaufsicht ein - und sieben Monate später war Kamay hinter Gittern.
Das soziale Netzwerk LinkedIn bietet eigentlich Menschen eine Plattform, die ihren Lebenslauf aufhübschen wollen. Allerdings könnte die Internetfirma selbst ein besseres Profil vertragen. Zwar ist die Seite für viele Personalchefs und Headhunter unabdingbar geworden, doch bröckelt das Vertrauen der Wall Street in die Wachstumskraft des Unternehmens aus Kalifornien. Der Aktienkurs befindet sich seit dem Allzeithoch von 257 Dollar im vergangenen September auf Talfahrt. In der Spitze hat das Papier mehr als 40 Prozent an Wert verloren. "LinkedIn befindet sich in einer Identitätskrise", kommentierte die renommierte Wirtschaftszeitung "Wall Street Journal".
Fakt ist, dass LinkedIn an Dynamik verliert. Aktuell wächst der Umsatz aus der Vermarktung der Datenbank an Personalabteilungen um 50 Prozent - vor einem Jahr waren es 80 Prozent. Ein einflussreicher Shortseller - der erhebliche Mengen von LinkedIn-Aktien leer verkauft hat - macht Stimmung gegen das Unternehmen: Hedgefondsmanager David Trainer von New Constructs zeigt, dass sich auch das Wachstum bei Mitgliedern und Seitenabrufen verlangsamt. Trainers Kursziel für die Aktie: 25 Dollar.
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Extreme Kursziele
Das Management von LinkedIn lieferte Shortsellern zusätzlich Steilvorlagen: In den vergangenen sechs Monaten verkauften Unternehmensinsider zwei Drittel ihrer Aktien. Dazu kassierte Vorstandschef Jeff Weiner, ausgerechnet während die Aktionäre litten, 49 Millionen Dollar Gehalt - 40-mal mehr als im Vorjahr.
Herzstück von LinkedIn sind die 300 Millionen Mitglieder, die ihre Lebensläufe im Internet hinterlegt haben. Das Kerngeschäft ist es, webbasierte Services an Unternehmen zu verkaufen - Personalabteilungen beispielsweise zahlen Geld für den Premium-Zugriff auf die Profile der Mitglieder.
80 Prozent seiner Einnahmen erzielt LinkedIn aus dem Abo-Geschäft. Verglichen mit anderen Social- Media-Seiten im Internet gelingt es wesentlich besser, mit der Datenbank Geld zu machen: LinkedIn verdient pro aktivem Nutzer 3,30 Dollar pro Quartal, Facebook nur 1,13 Dollar und Twitter lediglich 98 Cent. Vor allem aber hängt LinkedIns Gewinn nicht nur vom Online-Anzeigengeschäft ab, in dem die Preise weiter fallen. Um zu wachsen, setzt das Unternehmen auf eine rasche Expansion nach China - das nötige Kleingeld dafür hat es seit der Kapitalerhöhung auf der hohen Kante.
"LinkedIn war der schlechteste Performer unter den großen Internetaktien. Doch wir glauben, dass es zugleich auch einer der Werte mit den stärksten Fundamentaldaten ist" , sagt Analyst Mark Mahaney von der Investmentbank RBC Capital Markets. Sein Kursziel für die Aktie: 250 Dollar, umgerechnet derzeit rund 185 Euro. Das liegt durchaus im Trend: Der Durchschnitt aller Analysten traut LinkedIn 220 Dollar, knapp 165 Euro, zu.
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