Die ehemalige SAP-Managerin Melissa Di Donato, die Suse seit zwei Jahren führt, erklärte: "Der Börsengang gibt uns die strategische und finanzielle Flexibilität, mit der wir unsere langfristige Unabhängigkeit sichern können." Doch die Bäume wachsen für Börsenkandidaten nicht in den Himmel: Die Münchner Laborkette Synlab strich das Emissionsvolumen angesichts des verhaltenen Interesses kräftig zusammen.
Bereits Ende Januar war der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 mit einer 1,8 Milliarden Euro schweren Emission vorgeprescht. Die Aktien liegen mit gut 46 Euro derzeit ein Fünftel über dem Ausgabepreis. Den größten Börsengang des Jahres in Frankfurt feierte im März die Vodafone-Funkturm-Tochter Vantage Towers mit einem Volumen von 2,3 Milliarden Euro. Die Aktien notieren mit 24,88 Euro knapp über dem Ausgabepreis.
Auch bei Suse dürften der Erlös aus dem Börsengang ein eine Milliardensumme erreichen. Eigentümer EQT will Anteile an der luxemburgischen Holding SUSE SA abgeben, aber größter Aktionär bleiben, wie EQT-Partner Johannes Reichel sagte: "Wir sind mehr denn je vom langfristigen Potenzial des Unternehmens überzeugt." Organisiert wird die Emission von den Investmentbanken Bank of America und Morgan Stanley. Insidern zufolge wird Suse dabei mit fünf bis acht Milliarden Euro bewertet, rund 20 bis 30 Prozent der Aktien werden in der Regel gelistet. Offiziell visiert Suse einen Termin im zweiten Quartal an, normalerweise dauert es von der Ankündigung bis zur Erstnotiz maximal vier Wochen.
Der Anbieter von Software für das Betriebssystem Linux will mit dem Erlös einen Teil seiner Schulden zurückzahlen, die ihm größtenteils EQT aufgehalst hatte. Die Schweden hatten 2018 rund 2,5 Milliarden Dollar für das Unternehmen an die britische Micro Focus gezahlt. Di Donato nimmt aber auch weitere Zukäufe ins Visier, um das Wachstum anzukurbeln. Bereits 2020 hatte Suse die kalifornische Rancher Labs übernommen, die eine Open-Source-Plattform für Container-Anwendungen betreibt, die die Datenverarbeitung in der Cloud erleichtern.
Suse wolle damit stärker wachsen als der relevante Markt, der bis 2024 um 17 Prozent zulegen soll, erklärte Di Donato. Um 17 Prozent stieg auch der Umsatz von Suse im Geschäftsjahr 2019/20 (per Ende Oktober) - auf 503 Millionen Dollar. Im ersten Quartal 2020/21 ging es im gleichen Tempo weiter. Die operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 40 Prozent.
INVESTOREN BEFÜRCHTEN STROHFEUER BEI SYNLAB
Ein Milliardenvolumen hatte auch Europas größte Laborkette Synlab für ihren Börsengang angepeilt. Mit 772 Millionen Euro fällt er nun deutlich kleiner aus. Die Synlab-Papiere dürften am Dienstag mit 18 Euro am unteren Ende der Preisspanne zugeteilt werden, die bis 23 Euro reichte. Das teilten die begleitenden Banken den Investoren mit. Deshalb hätten sich die Alteigentümer von Synlab um den Finanzinvestor Cinven entschieden, weniger Aktien zu verkaufen, sagte ein Banker.
Investoren hätten bei der Werbetour des Vorstands im Vorfeld der Emission bezweifelt, ob Synlab das hohe Ertragsniveau nach der Corona-Pandemie werde halten können. Die Ratingagentur Fitch schätzt, dass rund ein Fünftel der Umsätze zuletzt in Verbindung mit Corona standen. 2020 schnellte der Umsatz um 38 Prozent nach oben, 2021 soll er um 17 Prozent auf rund drei Milliarden Euro zulegen. Das Börsendebüt ist für Freitag geplant.
Auch der Online-Autohändler MeinAuto und der Elektronik-Fertiger Katek haben Börsengänge in Frankfurt angekündigt.
rtr