Zudem stuften Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Immobilienentwicklers Sinic zurück und warnten vor Zahlungsausfällen. Die Kurse von Anleihen der Unternehmen gingen in die Knie, Anleger warfen Aktien von Immobilienfirmen aus ihren Depots. Evergrande-Titel blieben in Erwartung eines möglichen Anteilsverkaufs vom Handel ausgesetzt.

"Seit der Evergrande-Krise schauen die Anleger besorgter auf die Zahlungsfähigkeit chinesischer Immobilienentwickler", sagte Thomas Kwok, Leiter des Aktiengeschäfts beim Brokerhaus Chief Securities. Fantasia zahlte am Montag fällige Anleihezinsen von 206 Millionen Dollar nicht aus, wie der Konzern gegenüber der Hongkonger Börse erklärte. Zudem konnte eine Fantasia-Tochter einen Kredit über 108 Millionen Dollar an den Immobilienmanager Country Garden Services nicht zurückzahlen. Fitch senkte daraufhin das Rating von Fantasia um mehrere Stufen.

Das Rating des Wettbewerbers Sinic wurde von Fitch und S&P Global nach unten gestuft. Sinic befinde sich in einer ernsten Liquiditätskrise und die Fähigkeit zur Schuldenbedienung sei fast erschöpft, begründeten die Experten von S&P ihre Rating-Senkung. Mitte Oktober werden bei Sinic Anleihezinsen über 246 Millionen Dollar fällig.

SCHUTZ DER PRIVATANLEGER


Experten gehen davon aus, dass die chinesische Regierung eingreifen wird. Jedoch befindet sich das Land seit dem 1. Oktober in einer siebentägigen Feiertags-Phase und die Behörden haben kaum Zeichen gegeben, ob und wie sie den strauchelnden Immobilienfirmen zu Hilfe eilen. "Unserer Ansicht nach gibt es für Peking ein klares Ziel bei der Bewältigung einer solchen Schuldenkrise: die Vermeidung systemischer Finanzrisiken und die Verhinderung großer Ansteckungseffekte", erklärte Commerzbank-Volkswirt Hao Zhou. Insgesamt müssten sich Anleger jedoch darauf einstellen, dass ihr bei Evergrande angelegtes Kapital an Wert verliere. Kleininvestoren dürften am Ende besser davonkommen als institutionelle Investoren.

Die Zentralbank des Landes hat bereits erklärt, vor allem die Interessen der Privatanleger schützen zu wollen. Zudem forderte sie am Mittwoch die Banken auf, mit den zuständigen Behörden und den lokalen Regierungen zusammenzuarbeiten, um die "stabile und gesunde" Entwicklung des Immobilienmarktes zu sichern. Wenn der gesamte Immobiliensektor unter Druck gerate, könne das Problem noch viel größer werden, sagte ein Londoner Analyst für Schwellenländer. Es sei daher gut, wenn die Behörden frühzeitig versuchten, Dominoeffekte zu verhindern.

EIN TEUFELSKREIS FÜR IMMOBILIENFIRMEN


Die Immobilienfirmen Sinic und Fantasia sind zwar deutlich kleiner als Evergrande. Ihre Probleme befeuern aber die Sorgen von Anlegern, dass die Blase am chinesischen Immobilienmarkt vor dem Platzen steht und andere Branchen erfasst. "Es ist ein Teufelskreis für die Immobilienentwickler, die nicht stark genug sind, denn es gibt nicht genügend Liquidität auf dem Markt für alle", warnte Analyst Kwok. Viele Immobilienfirmen in China bekommen derzeit keine Kredite mehr zur Refinanzierung, und die Möglichkeit, Kapital durch Immobilienverkäufe zu generieren, ist zuletzt deutlich gesunken.

Evergrande versucht, sich in seiner Liquiditätskrise mit dem Verkauf von Unternehmensteilen Luft zu verschaffen. Laut einem Bericht der staatlichen Zeitung "Global Times" will Evergrande 51 Prozent seiner Tochter Property Services Group für fünf Milliarden Dollar an den Rivalen Hopson verkaufen. Am Dienstag warteten Investoren allerdings immer noch auf die offizielle Bestätigung des Deals. Die Börsenbedingungen in Hongkong geben keine Frist vor, innerhalb derer eine Transaktion verkündet werden muss, nachdem eine Aktie vom Handel ausgesetzt wurde. Der Handelsstopp kann mehrere Tagen anhalten.

Evergrande würde sich mit einem Verkauf von Tafelsilber jedoch nur bedingt freischwimmen. Der zweitgrößte chinesische Immobilienentwickler hat Schulden von mehr als 300 Milliarden Dollar. Mit fünf Milliarden Dollar könnte Evergrande theoretisch in den nächsten sechs Monaten seinen Verpflichtungen gegenüber Gläubigern nachkommen. Bis Ende 2021 werden rund 500 Millionen Dollar Zinsen für Anleihen fällig. Im März steht zudem die Rückzahlung für eine zwei Milliarden Dollar schwere Anleihe an.

rtr