Im vergangenen Jahr waren mit Deutschlands zweitgrößter Fluglinie Air Berlin, dem britischen Ferienflieger Monarch und der Krisen-Airline Alitalia gleich drei europäische Fluggesellschaften in die Pleite geflogen - und das in einem der besten Jahre für die Luftfahrtbranche, wie Spohr betonte. "Das ist ein klares Zeichen, dass der Ausleseprozess noch nicht zu Ende ist." Er hoffe, dass das Thema Konsolidierung nach der turbulenten Air-Berlin-Pleite auch in der Politik neu diskutiert werde. Europäische Fluggesellschaften müssten stark genug sein, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Lufthansa wollte eigentlich einen Großteil von Air Berlin - vor allem die österreichische Tochter Niki - übernehmen, scheiterte mit diesen Plänen aber an den Kartell-Bedenken der EU. Letztendlich seien aber doch 77 der 144 Air-Berlin-Maschinen bei der Kranich-Linie gelandet, sagte Spohr. "Es war deutlich komplizierter, als wir gedacht haben", gab der 51-Jährige Manager mit Pilotenlizenz zu.
Die Lufthansa-Gruppe, zu der die Marken Swiss, Austrian Airlines, Brussels Airlines und Eurowings gehören, profitierte 2017 von Insolvenzen der Wettbewerber und der Tarifeinigung mit den Piloten. Der bereinigte Gewinn stieg um 70 Prozent auf 2,97 Milliarden Euro, was die Schätzungen der Analysten übertraf. Der Umsatz kletterte um 12,4 Prozent auf 35,6 Milliarden Euro. In diesem Jahr rechnet der Traditionskonzern vor allem bei den Treibstoffkosten mit mehr Gegenwind - sie sollen um 700 Millionen Euro auf 5,9 Milliarden Euro steigen. Dem werde man mit weiteren Kostensenkungen begegnen, sagte Spohr. So soll der Aufwand pro angebotenem Sitzkilometer (Stückkosten) in diesem Jahr um ein bis zwei Prozent fallen. Die Stückerlöse würden dagegen voraussichtlich stagnieren. An der Börse kam auch der Ausblick an, die Lufthansa-Aktien waren mit einem Plus von knapp zwei Prozent der zweitgrößte Gewinner im Dax.
PILOTEN UND FLUGZEUGE GESUCHT
Wie ihre Wettbewerber will die Lufthansa die Kapazitäten erhöhen und so das Loch füllen, das die Pleiten der Rivalen im europäischen Luftverkehr gerissen haben. Allerdings kommt sie dabei wegen des Mangels an Piloten und Flugzeugen nicht wie erhofft voran. Der Konzern stellte am Donnerstag eine Erhöhung der Kapazitäten im laufenden Jahr von nur noch 9,5 (Vorjahr: 12,7) Prozent in Aussicht, im Januar waren es noch zwölf Prozent gewesen. "Uns fehlen Piloten und Flugzeuge in gleichem Maße", sagte Spohr. Wegen der Triebwerksprobleme beim A320neo seien derzeit nur zehn statt zwanzig dieser Maschinen bei der Lufthansa im Betrieb. "Wir haben ein schönes Problem, zu viele Passagiere und zu wenige Flugzeuge." Mit 130 Millionen Fluggästen transportierte die Lufthansa 2017 soviele Passagiere wie noch nie und eroberte den Spitzenplatz in der europäischen Luftfahrtbranche von der irischen Ryanair zurück.
Experten sehen die Erhöhungen der Kapazitäten bei den Fluglinien durchaus mit Skepsis. Die Ticketpreise könnten deshalb in diesem Jahr erneut unter Druck geraten, warnen etwa die Analysten der Royal Bank of Canada. Das Brokerhaus Bernstein befürchtet ebenfalls, dass die Branchenkonjunktur den Höhepunkt schon hinter sich hat. "Wir erwarten, dass dem Sektor insgesamt die Puste ausgehen wird."
Die Lufthansa-Billigflugtochter Eurowings machte bei den geplanten Kostensenkungen ebenfalls Fortschritte: Ihre Stückkosten fielen 2018 um 6,5 Prozent. Es gebe keinen Grund, warum die Airline nicht auch die noch niedrigeren Kosten von Rivalen wie Ryanair oder Easyjet erreichen könne, sagte Spohr. Für die Lufthansa-Gruppe fliegen 728 Flugzeuge, 111 mehr als noch 2016. Davon gehören 185 Flugzeuge zur Eurowings-Flotte, die bis 2019 auf 210 Maschinen wachsen soll. "Eurowings ist und bleibt unsere Plattform für die weitere Konsolidierung in Europa. Wir freuen uns auch weiterhin auf sehr viel Dynamik in diesem Geschäftsfeld."
rtr