Der Vorstand um Lufthansa-Chef Carsten Spohr ließ am Dienstag mitten in der wichtigsten Reisesaison keine Zweifel aufkommen, dass der operative Gewinn 2018 nur leicht hinter den fast drei Milliarden Euro aus dem Rekordjahr 2017 zurückbleiben wird.
An der Börse kamen die Nachrichten hervorragend an. Die Lufthansa-Aktie setzte sich am Morgen an die Spitze des Dax und hielt sich dort auch am Mittag noch. Zuletzt führte sie den Leitindex mit einem Plus von 6,85 Prozent bei 23,69 Euro an. In den vorangegangenen Monaten hatte es für die Aktionäre von Europas größter Fluggesellschaft nicht viel Grund zur Freude gegeben. Nach ihrem Rekordlauf von 2017 sind die Papiere immer noch fast ein Viertel weniger wert als zum Jahreswechsel.
Die Quartalszahlen hätten leicht positiv überrascht, schrieb Daniel Roeska vom US-Analysehaus Bernstein Research. Das teurere Kerosin und die Integration der Air-Berlin-Teile blieben zwar kurzfristige Herausforderungen. In der Winterperiode dürfte der Gegenwind aber nachlassen. Im zweiten Quartal erzielte der Lufthansa-Konzern einen operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von 982 Millionen Euro und damit gut drei Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Die Eingliederung des früheren Air-Berlin-Geschäfts macht der Lufthansa-Billigtochter Eurowings aber weiter zu schaffen. "Die Air-Berlin-Flugzeuge auf unser Niveau zu bringen, dauert länger als gedacht", sagte Konzern-Finanzchef Ulrik Svensson in Frankfurt. Zudem mussten reihenweise Piloten und Flugbegleiter eingestellt und auf die Eurowings-Standards umgeschult werden. Bis Ende September soll die Integration nun geschafft sein. Air Berlin hatte vor knapp einem Jahr Insolvenz angemeldet. Große Teile des Geschäfts gingen an den Lufthansa-Konzern, der sie seiner Tochter Eurowings zugeschlagen hat.
Für die Integration rechnet die Lufthansa im laufenden Jahr mit Kosten von rund 170 Millionen Euro. Der letzte Brocken soll im dritten Quartal verbucht werden. Im ersten Halbjahr lag der operative Verlust des Bereichs bei 199 Millionen Euro. Auch für das Gesamtjahr erwartet das Management bei Eurowings rote Zahlen. 2019 soll die Gesellschaft aber wieder die Gewinnschwelle überfliegen und in den Folgejahren schrittweise eine operative Gewinnspanne erreichen, wie sie etwa der britische Billigflieger Easyjet erwirtschaftet.
Unterdessen gehen die kräftig gestiegenen Kerosinpreise an der Lufthansa nicht spurlos vorüber. Obwohl der Konzern seinen Sprit großenteils zu festen Konditionen im Voraus einkauft, schätzt Svensson, dass die Treibstoffkosten im laufenden Jahr statt wie bisher gedacht auf 5,8 Milliarden nunmehr auf 6 Milliarden Euro klettern. Das sind 850 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Auch andere Fluggesellschaften wie Ryanair haben das teurere Kerosin zuletzt deutlich in ihrer Bilanz gespürt. Im nächsten Jahr dürfte sich der Anstieg noch stärker auswirken, hieß es bei der Lufthansa.
Positiv stimmen den Vorstand die gestiegenen Ticketpreise. Im ersten Halbjahr legten die Durchschnittserlöse im Passagiergeschäft währungsbereinigt um 1,3 Prozent zu. Auch für das Gesamtjahr rechnet Svensson jetzt mit einem leichten Anstieg. Bisher hatte die Konzernspitze für 2018 insgesamt eine Stagnation vorausgesagt.
Dabei kann die Lufthansa ihr Flugangebot in diesem Jahr nicht so stark ausweiten wie erhofft. Statt um 8,5 Prozent, wie zuletzt geplant, soll es jetzt nur noch um 8 Prozent wachsen. Im Januar hatte der Vorstand sogar 12 Prozent angepeilt, diesen Plan aber wegen der schwierigen Integration des Air-Berlin-Geschäfts und der verspäteten Auslieferung neuer Airbus-Mittelstreckenjets bereits im Frühjahr gekappt. Dies seien auch die Gründe für die jetzige Kürzung, erklärte Svensson. Die Nachfrage nach Flugtickets gehe keineswegs zurück.
Im ersten Halbjahr erzielte die Lufthansa einen Umsatz von 16,9 Milliarden Euro. Bereinigt um eine veränderte Rechnungslegung entspricht dies einem Anstieg von rund 5 Prozent. Der Nettogewinn legte minimal um 0,7 Prozent auf 677 Millionen Euro zu. Der operative Gewinn, an dem sich der Vorstand in erster Linie orientiert, sank um gut 3 Prozent auf etwas mehr als 1 Milliarde Euro.
Gut lief es vor allem bei den klassischen Konzernfluglinien Lufthansa und Swiss, die ihren operativen Gewinn deutlich steigerten. Die österreichische Tochter Austrian sackte wegen zahlreicher Flugausfälle zu Jahresbeginn leicht in die Verlustzone. Insgesamt hätten Flugausfälle und -verspätungen infolge von Fluglotsenstreiks und Unwettern den Lufthansa-Konzern 70 bis 80 Millionen Euro gekostet, sagte Svensson. Im Frachtgeschäft lief es gut: Lufthansa Cargo steigerte ihren operativen Gewinn um 60 Prozent auf 125 Millionen Euro.
Insgesamt gesehen hat der Lufthansa-Konzern von seinem angepeilten Jahresgewinn von etwas unter 3 Milliarden Euro zur Halbzeit gut ein Drittel erreicht. Allerdings hat das wichtigste Quartal gerade erst begonnen. Fluggesellschaften fliegen den Großteil ihrer Gewinne in der Hauptreisezeit im Sommer ein.
Weitere Übernahmen anderer Fluggesellschaften sind derzeit nicht in Sicht. Im Fall der Alitalia sei die italienische Regierung am Zug, sagte Svensson. Lufthansa habe in ihrem Konzept eine sehr viel kleinere Gesellschaft mit viel geringeren Kosten vorgeschlagen. Zuletzt hatte die neue Regierung im Rom betont, die Mehrheit in italienischer Hand halten und möglichst viele Jobs sichern zu wollen. Auch der Reisekonzern Thomas Cook scheint nicht gewillt, seine Flugzeugsparte mit der deutschen Marke Condor abzugeben. Man habe dazu keine Pläne, erklärte Vorstandschef Peter Fankhauser./stw/ceb/tav/fba