Papiere der Lufthansa sind am Dienstag in neue Höhen vorgestoßen. Mit einem Plus von 1,57 Prozent lagen die Papiere auf Rang drei im Dax hinter denen der Commerzbank und der Deutschen Bank. Laut Jarrod Castle von UBS haben sich Fluggesellschaften auf einer Konferenz der Großbank positiv zum Geschäftsverlauf geäußert. "Air France-KLM und die Lufthansa waren am zuversichtlichsten", schrieb der Analyst. Im laufenden Börsenjahr waren Lufthansa-Aktien die größten Kursgewinner im Dax mit einem Aufschlag von 86 Prozent. Die starke Kurserholung ist eine Wette auf die erfolgreiche Restrukturierung der Fluglinie. Auch Castle sieht Risiken bei dem Umbau der Hamburger, wie etwa die Pensionsverpflichtungen. Bei diesem Thema zeichne sich aber für das kommende Jahr eine Lösung ab. "Wir rechnen damit, dass das Unternehmen neue Höchstmargen erwirtschaftet", hieß es.

Den Weg zurück in die Erfolgsspur will Billig-Konkurrent Ryanair der Lufthansa allerdings nicht leicht machen. Der irische Billigflieger Ryanair nimmt die Lufthansa an ihrer Heimatbasis Frankfurt noch stärker ins Visier. Ab Sommer 2018 würden 34 neue Strecken von Deutschlands größtem Flughafen angeboten, sagte Marketingchef David O'Brien am Dienstag in Frankfurt. Damit bieten die Iren vom nächsten Jahr an 38 Ziele in 9 Ländern von dem Drehkreuz aus an - das seien 14 komplett neue Destinationen, so Ryanair. Die Iren hatten die Lufthansa bereits im Sommer attackiert und erstmals von Frankfurt am Main aus vier Strecken in Europa ins Angebot genommen. Insgesamt wollen die Iren, die in Deutschland 14 Flughäfen anfliegen, hierzulande 2018 um 20 Prozent wachsen gemessen an Passagieren und Flügen.

Der Vorstoß der Iren auf das Territorium von Lufthansa stößt auf Widerstand des deutschen Marktführers. An einer neuen Gebührenstaffel, mit der Flughafenbetreiber Fraport Ryanair Rabatte gewährt und die Iren so nach Frankfurt gelockt hatte, entzündete sich ein heftiger Streit. Lufthansa warf Fraport vor, die Iren zu bevorzugen, die Frankfurt wegen der hohen Gebühren zuvor gemieden hatten. Zuletzt hatten die beiden Parteien ihren Zwist zumindest teils beigelegt. Lufthansa baut seine Billigtochter Eurowings ebenfalls aus, fliegt aber damit noch nicht Frankfurt an.

Auf Seite zwei: Einschätzung der Redaktion

Einschätzung der Redaktion



Die Kurserholung gilt als Signal, dass Konzernchef Carsten Spohr die Probleme erfolgreich anpackt: Der ehemalige Staatsbetrieb ist berüchtigt für komplexe Strukturen und Bürokratie. Die Gewerkschaften sind selbstbewusst -allein im zurückliegenden Jahr fielen knapp 4600 Lufthansa-Flüge durch Streiks aus. Gleichzeitig wird die Lufthansa durch aggressive Wettbewerber in die Zange genommen. Zuletzt aber gab es positive Zeichen: Mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo hat der Konzern einen langfristigen Tarifvertrag geschlossen. Auch mit den Piloten gibt es eine Einigung. Das schafft Planungssicherheit.

Börsianer schauen bei der Lufthansa besonders kritisch auf die Kosten. Die sind im vergangenen Jahr ohne Berücksichtigung der Spritrechnung um etwas mehr als drei Prozent gesunken. Auch Investitionen in die Flotte machen sich bezahlt: "Jedes neue Flugzeug, das wir in Betrieb nehmen, senkt unsere operativen Kosten um 20 Prozent", berichtete Vorstandschef Spohr auf der Hauptversammlung der Lufthansa im Frühjahr. Die Geschäftsergebnisse sind ermutigend: Die Lufthansa hat die Prognose erhöht. Demnach rechnet Deutschlands größte Fluggesellschaft für das laufende Jahr nun mit einem Plus beim bereinigten operativen Ergebnis (Ebit). Bislang war der Konzern von einem leichten Rückgang ausgegangen. In den ersten sechs Monaten flog die Lufthansa einen um Sondereffekte bereinigten operativen Gewinn von gut einer Milliarde Euro ein. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein kräftiges Plus von fast 100 Prozent.

Strategisch immer bedeutsamer wird das Billigangebot von Eurowings, über das die Lufthansa Strecken abseits ihrer beiden Drehkreuze Frankfurt und München bedient. Durch die vollständige Übernahme von Brussels Airlines und eine Kooperation mit Air Berlin hat die Lufthansa das Netzwerk seiner Billigsparte gestärkt. Im vergangenen Jahr schrieb Eurowings allerdings rote Zahlen. Man investiere "ganz bewusst in schnelles Wachstum, denn wir müssen in diesem wettbewerbsintensiven Marktsegment auch schnell auf eine wettbewerbsfähige Größe kommen", wirbt Spohr um Vertrauen.

Langfristig sind die Perspektiven für die Luftfahrtbranche gut. Der Branchenverband IATA rechnet damit, dass sich die Zahl der Flugreisenden weltweit in den kommenden 20 Jahren verdoppeln wird. Zudem ist das Umfeld unter anderem durch den niedrigen Ölpreis günstig. Allerdings fliegt die Lufthansa selbst in guten Zeiten nur eine geringe Marge ein. Hier muss Konzernchef Carsten Spohr dringend nachbessern.

Seit der Jahrtausendwende bewegte sich der Kurs in einem breiten Korridor zwischen acht und 26 Euro. Die Börsenrally der Airline würde demnach in die letzte Phase gehen. So kommt die Umstrukturierung der Lufthansa kommt zwar voran, nach dem starken Kursanstieg sind allerdings deutliche Verbesserungen im operativen Geschäft notwendig, um weitere Kursgewinne zu rechtfertigen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie ist im Vergleich zu anderen Branchen niedrig, für Lufthansa-Verhältnisse aber im Rahmen des langfristigen Durchschnitts. Investierte Anleger sollten dabeibleiben.

Einschätzung: Beobachten.
Kursziel: 23,00 Euro
Stoppkurs 15,50 Euro