Anleger setzen hier derzeit auf weiter fallende Restriktionen im internationalen Passagierverkehr und eine baldige Unabhängigkeit vom deutschen Staat. Am Vortag hatte der Lufthansa-Kurs schon um 5,5 Prozent angezogen - trotz der Gewinnverwässerung, die eine Kapitalerhöhung mit sich bringt.
Gute Stimmung verbreitet derzeit im ganzen Luftfahrtsektor, dass die USA vollständig geimpfte Ausländer etwa aus Europa oder Großbritannien wieder einreisen lassen wollen. Dies hatte der Coronavirus-Koordinator des Weißen Hauses, Jeffrey Zients, am Montag angekündigt. Für große Netzwerk-Airlines wie die Lufthansa bahnt sich damit eine Belebung der Transatlantik-Routen an, die seit eineinhalb Jahren geprägt von der Pandemie mehr oder weniger brachliegen. "Die Aufhebung der Reisebeschränkungen lieferte den nötigen Schub, um die Erholung der Airline-Aktien auf Hochtouren zu bringen", sagte Marktanalystin Susannah Streeter vom britischen Finanzdienstleister Hargreaves Lansdown.
Als besonders stark auf diese Transatlantik-Strecken fokussiert gilt auch die British-Airways-Mutter IAG (International Consolidated Airlines), deren Papiere am Montag prozentual zweistellig angezogen hatten. Sie legten nun am Dienstag nochmals rund fünf Prozent zu. Der europäische Reisesektor hatte sich am Vortag schon insgesamt recht gut geschlagen in Zeiten eines marktbreiten Kursrutsches, am Dienstag ging es für den Teilindex Stoxx Europe Travel & Leisure nun um ein Prozent hoch. Wie die Expertin Streeter resümierte, "bricht der Reisesektor in heiteren Himmel auf".
Bei der Lufthansa hatten die Anleger zu Wochenbeginn auch nur kurz verstimmt auf eine Kapitalerhöhung und die damit verbundene Gewinnverwässerung reagiert. Am Ende war die Wahrnehmung eine andere, schließlich bekommt die Fluggesellschaft durch diesen Schritt die Chance, ihre Abhängigkeit vom Staat wieder zu verringern und mehr eigenen Gestaltungsspielraum zu erhalten. Laut dem Bankhaus Metzler hat sich damit nun das Verhältnis von Chancen und Risiken bei den Aktien wieder gebessert.
Guido Hoymann von der Frankfurter Privatbank gab am Dienstag seine bisherige Verkaufsempfehlung für die Lufthansa auf und stuft die Titel nun immerhin mit einem neutralen "Hold" ein. Er hält eine der größten Hürden zurück zur Normalität jetzt für aus dem Weg geräumt. Passend zur Öffnung der USA legt er auch Hoffnung in das Passagieraufkommen in einer Corona-normalisierenden Situation. Hoymann betrachtet die USA als einen der profitabelsten Märkte für die Lufthansa.
Für die Lufthansa gleicht die jüngst Kursentwicklung einer Renaissance. Am vergangenen Donnerstag hatte der Kurs unter der 8-Euro-Marke noch den tiefsten Stand seit November 2020 erreicht, als die zweite Corona-Welle in Europa noch am Hochkochen war. Eine zeitweise Erholung mit einem Zwischenhoch Anfang März bei knapp 13 Euro war damit wieder verpufft. Binnen drei Tagen konnten die Anleger jetzt im Optimalfall fast 17 Prozent mit den Papieren gewinnen. Auch die Aktien von Fraport spüren derzeit Rückenwind, sie erreichten immerhin den höchsten Stand seit Anfang August./tih/stw/stk