Carsten Spohr steckt nach zehn Monaten als Lufthansa-Chef in der Sackgasse: Mit Flügen der Kranich-Linie und der Tochter Germanwings verdient der Konzern immer weniger, weil die Wettbewerber aus Arabien und Billigfluglinien die Preise drücken. Gleichzeitig muss er milliardenhohe Investitionen stemmen. Den Ausweg - die eigene Günstig-Flotte Eurowings mit niedrigeren Kosten und Gehältern - blockieren derzeit die streikfreudigen Piloten. Spohrs Antworten sind Sparen und Durchhaltevermögen. "Wir brauchen einen langen Atem - das wissen wir", sagte der 48-Jährige am Donnerstag in Frankfurt. Die Lufthansa müsse aber schneller und schlanker werden. Zumindest in den zähen Verhandlungen mit den Piloten gibt es einen Hoffnungsschimmer: Die Parteien sprächen wieder miteinander, sagte Spohr.

Die ungelöste Tarifkonflikt mit den Piloten, die seit dem ersten Streik im April vorigen Jahres die Arbeit insgesamt elf Mal niederlegten, bleibt 2015 ein Dauerrisiko. Wenn es schlecht laufe, könnten erneute Streiks die Jahresprognose eines Betriebsgewinns (bereinigtes Ebit) von 1,5 Milliarden Euro zu Fall bringen, betonte Finanzchefin Simone Menne. Voriges Jahr lag die Kennzahl bei 1,2 Milliarden Euro. Anleger reagierten verunsichert: Die Dax-Titel verloren drei Prozent.

Der Konzern mit weltweit 120.000 Mitarbeitern steckt derzeit im größten Umbau seiner Geschichte. Ähnlich wie Air France verschlief Lufthansa jahrelang wichtige Trends wie das Aufkommen der Billigflieger und muss nun spät und dafür umso radikaler gegensteuern. Spohr-Vorgänger Christoph Franz hatte Europas größtem Luftfahrtkonzern deshalb vor wenigen Jahren einen umstrittenen Konzernumbau unter dem Namen "Score" auferlegt, dem unter anderem 3500 Jobs zum Opfer fallen. Die Erfolge in Form eines Ergebnisplus 2,5 Milliarden Euro seien jedoch durch steigende Kosten und sinkende Durchschnittserlöse im Fluggeschäft nahezu komplett aufgezehrt worden, gab Spohr zu. Im laufenden Jahr soll eine Milliarde Euro eingespart werden.

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GROSSE PLÄNE FÜR EUROWINGS

An der Preisfront gab Finanzchefin Menne keine Entwarnung. Die Entwicklung der Durchschnittserlöse dürfte dieses Jahr erneut "deutlich negativ" verlaufen, sagte sie. Im Vorjahr waren sie um drei Prozent gefallen. Die Wende soll die neue Günstig-Airline Eurowings bringen, die ab dem Spätherbst zu 40 Prozent niedrigeren Kosten auf innereuropäischen Strecken und auf Langstreckenverbindungen mit an den Start geht. Die Buchungen für letztere seien gut, betonte Spohr. Doch Teile der Belegschaft, allen voran die Piloten, gehen dagegen auf die Barrikaden und streiken. Der Schaden durch diese und andere Arbeitsniederlegungen belief sich im vorigen Jahr auf 230 Millionen Euro. Für Eurowings hat der Konzernchef dennoch große Pläne: Er sei fest davon überzeugt, dass sich die Zahl der Airlines und Billigflieger in Europa reduzieren müsse, sagte er. "Bei dem Prozess wird Eurowings Teil des Themas sein."

Gleichzeitig steckt die Lufthansa Milliarden in ihre Flotte. Insgesamt seien 270 Flugzeuge mit einem Listenpreis von 38 Milliarden Euro bestellt. Wegen der hohen Investitionen müsse die Lufthansa das Ergebnis steigern, sagte Spohr. 2014 fiel der operative Gewinn der Sparte Lufthansa Passage, die vor allem das Geschäft der Traditions-Fluglinie und der Billigtochter Germanwings umfasst, aber trotz niedrigerer Treibstoffkosten um elf Prozent auf 252 Millionen Euro. Der Bereich stellt mit 17 Milliarden Euro mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes. Der Konzern strich den Aktionären bereits vor drei Wochen die Dividende für 2014. Grund waren tiefrote Jahreszahlen: Unter anderem wegen Fehlkalkulationen bei Absicherungsgeschäften für Kerosin stand nach deutscher Rechnungslegung (HGB) unter dem Strich ein Verlust von 732 Millionen Euro.

Reuters