Die Lufthansa wird zu Wochenbeginn erneut bestreikt. Die Pilotenvereinigung Cockpit, die seit Monaten mit dem Unternehmen über Gehälter und Ruhestandsregelungen streitet, kündigte am Sonntag einen 36-stündigen Ausstand an. Ab Montag um 12.00 Uhr würden Kurz- und Mittelstreckenflüge bestreikt, ab Dienstagmorgen um 03.00 Uhr auch Langstreckenverbindungen. Enden soll der Streik am Dienstag um 23.59 Uhr. Die Tochter Germanwings ist nicht betroffen. Die Lufthansa kritisierte die Ankündigung als unverhältnismäßig und rief die Piloten zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Nur dort werde man zukunftsfähige Lösungen finden.

Ausweichmöglichkeiten hat das Unternehmen bei einem so großangelegten Streik nur wenige. Teilweise können Manager mit Pilotenlizenz für ihre streikenden Kollegen einspringen. Ein umfassender Sonderflugplan, mit dem eine größere Zahl von Starts und Landungen auf Zeiten außerhalb des Streikzeitraums verschoben werden, ist wegen der kurzen Vorwarnzeit schwer umzusetzen.

Seit April haben die Flugzeugführer die Lufthansa achtmal bestreikt. Zuletzt legten sie im Oktober insgesamt 35 Stunden lang innerdeutsche Verbindungen, Europa- und teilweise auch Langstreckenflüge lahm. Von geplanten 2330 Lufthansa-Flügen fielen damals etwa zwei Drittel aus, rund 160.000 Passagiere waren betroffen. Die Lufthansa bezifferte die Belastungen durch die Streiks auf 160 Millionen Euro.

Erst am Samstag hatte die Pilotenvereinigung das Scheitern der Tarifverhandlungen erklärt. Seit dem letzten Streik im Oktober seien keine echten Fortschritte erzielt worden, erklärte die Gewerkschaft. Die Lufthansa widersprach: Es habe sowohl beim Gehaltstarifvertrag als auch bei der besonders umstrittenen Übergangsversorgung für ausscheidende Piloten Annäherungen gegeben. Uneinig sei man nur noch darüber gewesen, ob die bisherige Regelung für einen Ruhestand mit 55 Jahren auch für alle künftigen Pilotengenerationen gelten solle, sagte der Firmensprecher. Das bestätigte Cockpit-Sprecher Handwerg nicht: "Das ist einer der Knackpunkte", sagte er nur.

In dem seit Monaten dauernden Arbeitskampf geht es zwar auch um die Gehälter, aber vor allem um die Ruhestandsregelung für rund 5400 Piloten bei Europas größtem Luftfahrtkonzern. Die Lufthansa sieht sich wegen des scharfen Wettbewerbs nicht mehr in der Lage, die im Branchenvergleich großzügigen Vorruhestandsregeln weiter zu stemmen. Bislang konnten Lufthansa-Piloten mit 55 Jahren das Steuer aus der Hand legen. Im Schnitt gehen sie mit 59 Jahren in die Rente. Das Unternehmen will diesen Wert auf 61 erhöhen.

Cockpit warf dem Lufthansa-Vorstand vor, Kompromissvorschläge der Piloten in mehreren Verhandlungsrunden seit Oktober nicht aufgenommen zu haben. Stattdessen habe der Konzernvorstand entschieden, den Tarifvertrag zur Übergangsversorgung bei einer Nichteinigung komplett wegfallen zu lassen, bemängelten die Piloten.

BERICHT: BESCHLUSS ÜBER NEUE BILLIGTOCHTER STEHT BEVOR

Die Piloten lehnen auch die Pläne der Konzernspitze für eine neue, auch außerhalb Europas operierende Billig-Fluggesellschaft ab. Dem "Spiegel" zufolge soll sich am Mittwoch der Aufsichtsrat treffen, um die Gründung einer neuen Holding namens Wings für das Billigangebot unter dem Konzerndach zu beschließen. Dort sollten künftig die Töchter Germanwings und Eurowings sowie der geplante Langstrecken-Billiganbieter angesiedelt werden. Der Konzerntarifvertrag der Piloten würde dort nicht greifen, berichtete der "Spiegel". Ein Lufthansa-Sprecher kommentierte den Bericht nicht.

Nicht nur Fluggäste müssen weitere Streiks fürchten, sondern auch Bahnreisende: Die Lokführergewerkschaft GDL will in der neuen Woche darüber entscheiden, ob sie die Deutsche Bahn abermals bestreikt. Für die Zeit vom 19. Dezember bis zum 11. Januar schloss sie allerdings Arbeitsniederlegungen aus.