Für die Aktien europäischer Fluggesellschaften ist es im Jahr 2016 bisher nicht allzu berauschend gelaufen. Das lässt sich am MSCI Europe Airlines Index ablesen. Dieser notiert gegenüber dem Jahreshoch noch klar im Minus und bewegt sich insgesamt im neuen Jahr eindeutig im Minus. Der DAX dagegen unternahm in der Vorwoche einen Versuch, auf neue Jahreshochs vorzustoßen.
Die Analysten der UBS führen die Zurückhaltung der Investoren gegenüber dem Sektor auf verschiedene Faktoren zurück. Verwiesen wird auf die mit einem möglichen EU-Ausstieg der Briten verbundenen Risiken verwiesen, auf einen Mangel an Voraussehbarkeit bei der Gewinnentwicklung oder auf Sorgen wegen der Flugbereitschaft der Kunden rund um die Anschläge in Paris und Brüssel. Hinzu kommt die Unsicherheit, wie sich eventuell der jüngste Wiederanstieg der Treibstoffpreise auf die Gewinne der Unternehmen auswirken wird.
Alles das zusammen trage dazu bei, dass sich die Investoren die Frage stellen, ob in diesem Jahr vielleicht der Gipfel im laufenden Gewinnzyklus erreicht werden könnte, so die UBS. Die für das erste Quartal vorgelegten Ergebnisse hätten sich jedenfalls nicht als Kurskatalysator erwiesen. Wie bereits angedeutet hätten die Branchenvertreter wegen Unwägbarkeiten mit Blick auf die Sommerreisesaison und den steigenden Kerosinpreisen vorsichtige Ausblicke für das laufende Quartal abgegeben. Nach Ablauf des zweiten Quartals könnten sich nach Ansicht der UBS aber einige Unwägbarkeiten auflösen und dadurch wieder mehr Zuversicht mit Blick auf die Aussichten der Branchenvertreter bewirken.
Risikobereiten Anleger könnte sich vor diesem Hintergrund eine Anlagechance eröffnen. Zumal die Bewertungen in dem Sektor als gedrückt eingestuft werden. Bei einigen ausgewählten Einzelwerten wittert man Luft nach oben bei den Aktienkursen. Konkret handelt es sich um die Anteilsscheine von vier europäischen Fluggesellschaften. Börse Online verrät auf den nachfolgenden Seiten die Namen dieser Titel und einige Details dafür, warum diese Werte aus Sicht der UBS interessant sein könnten.
Europäische Fluggesellschafts-Aktien-Favoriten der UBS, Nummer eins: Ryanair Holdings PLC (WKN: A1401Z, 13,96 Euro, alle Angaben beziehen sich auf den Stand vom 01.06. 2016)
Seit einem im Jahr 2008 bei 1,99 Euro markierten Zwischentief hat die Aktie der Ryanair Holdings erheblich zugelegt. Nach einem noch im Januar aufgestellten Rekordhoch von 15,34 Euro hat die Aktie anschließend aber bis auf 12,73 Euro korrigiert. Zuletzt hat sich die Notiz davon jedoch wieder etwas gelöst und dabei ist es auch gelungen, den mehrmonatigen Abwärtstrend zu überwinden. Charttechnisch gesehen steht der Titel damit jetzt wieder besser da.
Die jüngste Kurserholung wurde begleitet von der Vorlage ansprechender Ergebnisse. Im Geschäftsjahr 2015/16 ist es dem irischen Billigflieger geglückt, eine deutliche Gewinnerhöhung zu verbuchen. Für das am 31. März beendete Geschäftsjahr 2015/16 wurde ein Plus beim Nettogewinn von 43 Prozent auf 1,24 Milliarden Euro gemeldet. Der Konzernumsatz kletterte auf 6,5 Milliarden Euro von 5,7 Milliarden Euro im Vorjahr. Als Stütze erwiesen sich den Angaben zufolge die niedrigeren Kerosinpreisen, eine besseren Auslastung der Flugzeuge (der Ladefaktor stieg auf 93 Prozent) und eine verstärkte Konzentration auf lukrativere Passagiere.
Allerdings wurde gleichzeitig auch eingeräumt, dass sich das Wachstum im laufenden Geschäftsjahr verlangsamen dürfte. Die Prognosen sehen ein Gewinnwachstum von rund 13 Prozent auf 1,38 Milliarden Euro vor. Wobei aber daran erinnert sei, dass die Iren zu Beginn eines neuen Geschäftsjahres traditionell gerne etwas tiefstapeln. Stellen sich keine außergewöhnlichen Belastungsfaktoren ein, könnten die Prognosen auch dieses Mal wieder im weiteren Jahresverlauf angehoben werden.
Nichts ändern dürfte sich auch daran, dass Ryanair als Schreck für viele traditionelle Fluggesellschaften agiert. Durch eine aggressive Geschäftspolitik hat man der Konkurrenz in den vergangenen Jahren jedenfalls oft das Fürchten gelehrt. Zum Ausdruck kommt das auch an einer zuletzt beförderten Rekordzahl an Passagieren. Konkret waren es im abgelaufenen Jahr 106,4 Millionen Passagiere, was einem Plus von 18 Prozent entspricht.
Angebunden ist die Gesellschaft derzeit an 31 Länder, es gibt in Europa 84 Basisstationen, täglich werden 1.800 Flüge durchgeführt und es werden rund 10.000 Mitarbeiter beschäftigt. Außerdem hat Ryanair mehr als 300 neue Flugzeuge bei Boeing bestellt, die nach ihrer Lieferung dazu dienen sollen, bis zum Fiskaljahr 2024 die Zahl der beförderten Passagiere auf 180 Millionen im Jahr zu erhöhen.
Die UBS hat den Titel als Kauf eingestuft, obwohl die Analysten beim geschätzten Vorsteuergewinn für 2017 etwas vorsichtiger gestimmt sind als der Analystenkonsens. Die eigene Schätzung wird auf 1,918 Milliarden Euro beziffert, während der Durchschnitt der Analystenprognosen mit 2,4 Prozent höheren 1,966 Milliarden Euro angegeben wird. Beim Gewinn je Aktie wird gleichzeitig mit 1,3 Euro kalkuliert. Daraus ergibt sich ein geschätztes KGV von 10,7. Positiv erwähnt wird auch, dass das Verkehrsaufkommen bei Ryanair im April um mehr als zehn Prozent gestiegen sei. Als Kursziel werden 16,70 Euro genannt. Das lässt der Notiz theoretisch fast 20 Prozent Luft nach oben.
Europäische Fluggesellschafts-Aktien-Favoriten der UBS, Nummer zwei: Wizz Air Holding PLC (WKN: A14NPS, 19,27 britische Pfund, 24,00 Euro)
Nach dem Gang an die Londoner Börse am 25. Februar 2015 war die Aktie des zweiten UBS-Favoriten Wizz Air gut aus den Startlöchern gekommen. Der damals kurzzeitig noch bei rund 13,00 Euro gehandelte Titel kletterte bis Ende September 2015 auf in der Spitze 20,47 Pfund. Danach setzte dann aber eine Korrekturbewegung an, die der Wert momentan aber mit einer bereits erfolgten Annäherung an das Rekordhoch wieder zu beenden versucht
In einer kleineren Ausgabe wandelt auch Wizz Air auf den Spuren von Ryanair. Denn auch in diesem Fall handelt es sich um einen Billigflieger, der dieses Mal aber seinen Sitz in Ungarn hat. Die Gesellschaft, die seit 2004 Flieger in die Luft schickt, hat sich eigenen Angaben zufolge zum größten Low-Cost-Carrier in Mittel- und Osteuropa gemausert. Derzeit hat man über 420 Strecken und 25 Flughäfen im Programm. Angeflogen werden 39 Länder in Europa und in Nahost.
Durch den Einsatz von Technologie wird ein ausgezeichneter Service bei einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis angestrebt. Vom Branchenmagazin Air Transport World wurde Wizzair als Value Airline of the Year 2016 ausgezeichnet. Mit einem durchschnittlichen Ticketpreis von 44,8 Euro unterbot Wizz Air zuletzt übrigens erstmals auch den Hauptkonkurrenten Ryanair (46,7 Euro) bei den Flugpreisen. Der Marktanteil in Osteuropa (ohne Russland und Griechenland) erhöhte sich weiter von 39 Prozent auf 43 Prozent, was sich mit 33 Prozent für Ryanair vergleicht.
Geht es nach den hauseigenen Plänen, soll der Wachstumskurs fortgesetzt werden. Die Flotte soll ausgebaut werden und bis 2024 sollen die Kapazitäten von derzeit 11.529 auf 33.762 Sitze zunehmen. Geld zur Finanzierung des Vorhabens ist durchaus vorhanden, sitzt man doch auf frei verfügbaren Mitteln von 646 Millionen Euro. Für das am 31. März beendete Geschäftsjahr 2016 wurde ein Umsatzplus von 16 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro gemeldet, der Gewinn nach Steuern kam allerdings nur um geringere fünf Prozent auf 193 Millionen Euro voran. Im laufenden Geschäftsjahr soll dieser Wert exklusive von Sonderfaktoren aber auf 250 Millionen Euro gesteigert werden.
Anders als bei Ryanair sind die UBS-Analysten mit Blick auf die erwartete Ergebnisentwicklung optimistischer gestimmt als der Gesamtmarkt. Während der Analystenschnitt für 2017 beim Gewinn je Aktie mit 2,3 Euro rechnet, kalkuliert die UBS mit 2,7 Euro. Das KGV würde sich auf dieser Basis auf rund neun belaufen. Das Kursziel wird auf 23,50 Pfund beziffert - ein Wert, der um rund 22 Prozent über den derzeitigen Notierungen liegt.
Europäische Fluggesellschafts-Aktien-Favoriten der UBS, Nummer drei: International Consolidated Airlines Group (IAG, WKN: A1H6AJ, 5,255 britische Pfund, 6,80 Euro)
Wie so viele andere europäische Fluggesellschaften steckt auch die Aktie der International Consolidated Airlines Group in einem Seitwärtstrend fest. Im Fall von IAG hält diese Bewegung letztlich per Saldo schon seit Ende Januar 2015 an. Ein Ausbruch daraus nach oben zeichnet sich momentan noch nicht richtig ab.
Mehr positive Kursdynamik wird bei der Muttergesellschaft von British Airways auch dadurch erschwert, dass sich die Verantwortlichen zuletzt bei Vorlage der Zahlen für das erste Quartal relativ vorsichtig gaben. In den ersten drei Monaten wurde konzernweit zwar ein Gewinn von 104 Millionen Euro erzielt, was gegenüber dem im Vorjahreszeitraum verbuchten Verlust von 26 Millionen Euro einen klaren Turnaround darstellt. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Gesellschaft in einem ersten Quartal seit 2011 keinen Gewinn mehr gemacht hatte. Der operative Gewinn kletterte ebenfalls deutlich von 25 Millionen auf 155 Millionen Euro, wobei erstmals der Beitrag der übernommenen irischen Fluglinie Aer Lingus enthalten war. Der Umsatz verbesserte sich um 7,9 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro.
Gleichzeitig hieß es aber, man werde die Wachstumspläne stutzen und versuchen, die kerosinunabhängigen Kosten weiter zu senken. Beim angestrebten Kapazitätswachstum wurde von 5,2 Prozent auf 4,9 Prozent zurückgerudert. Das ist als schnelle Reaktion auf die registrierte Abschwächung in einigen Märkten zu sehen. Nicht gerüttelt wurde aber am Ergebnisausblick für 2016, der einen operativen Gewinn von rund 3,2 Milliarden Euro vorsieht.
Der IAG-Chef Willie Walsh räumte jüngst aber ein, dass die Terrorängste das Geschäfte machen momentan schwieriger machen. Die daraus resultierenden Auswirkungen daraus auf die Nachfrage und die Buchungen seien etwas stärker als sonst. Auch das bevorstehende Referendum zum Ausstieg Großbritanniens aus der EU bezeichnete er als Stimmungsbremse. Im dritten Quartal sollen sich die Aktivitäten bei den Flugbuchungen nach seiner Ansicht aber wieder normalisieren.
Der Konzern, der in den vergangenen Jahren stark umgebaut wurde und zu dem inzwischen auch die spanische Iberia und die Billig-Airline Vueling gehören, zählt sich mit 533 Flugzeugen, die 274 Ziele anfliegen, zu den größten Fluggesellschaften weltweit. In Europa sieht man sich auf Platz drei und weltweit auf Rang sechs. Befördert werden im Jahr fast 95 Millionen Passagiere. Registriert ist der Konzern in Spanien, das Haupt-Listing befindet sich an der London Stock Exchange sowie an der Madrider Börse. Die Firmenzentrale ist in London. An der erwarteten weiteren Konsolidierung der Branche will man auch künftig aktiv mitgestalten.
Die UBS-Annahmen zum Vorsteuergewinn von IAS decken sich für 2017 weitgehend mit denen anderer Analysten. Gerechnet word mit 3,408 Milliarden Euro, während der Konsens von 3,421 Milliarden Euro ausgeht. Beim Gewinn je Aktie kalkuliert die UBS für das kommende Jahr mit 1,3 Euro. Das geschätzte KGV bewegt sich somit bei optisch sehr niedrigen 5,2. Das Kursziel wird im Zuge einer Kaufempfehlung auf 8,00 Pfund taxiert. Geht die Rechnung auf, müsste die Aktie zur Kurszielerreichung um gut 52 Prozent zulegen.
Europäische Fluggesellschafts-Aktien-Favoriten der UBS, Nummer vier: Deutsche Lufthansa AG (IAG, WKN: 823212, 12,355 Euro)
Nicht gerader erbaulich sieht der Blick auf den langfristigen Chart bei der Deutschen Lufthansa aus, der vierten und letzten Kaufempfehlung der UBS aus dem europäischen Fluggesellschaften-Sektor. Der Kurs bewegt sich hier momentan auf einem bereits 1997 erreichten Niveau, was mehr als trostlos ist. Mit dieser mageren Bilanz ist der DAX-Vertreter einer jener Titel, die entscheidend dazu beigetragen haben, dass viele Investoren den Eindruck gewonnen habe, mit Aktien von Fluggesellschaften würde sich langfristig kein Geld verdienen lassen. Im Fall der Lufthansa überrascht diese Kursentwicklung aber nicht wirklich, denn es passt zu einem Unternehmen, bei dem ein Teil der Angestellten, wie in diesem Fall in der Form der Piloten, mehr Macht zu haben scheinen als der Vorstand.
Auch zuletzt sorgten höhere Kosten und der Widerstand von Gewerkschaftsseite gegen Reformen wieder für einen Kursdämpfer, nachdem es im ersten Quartal noch hoffnungsvolle Kursansätze gegeben hatte. Allerdings hatte es Mitte Mai von Seiten des Unternehmens auch geheißen, das Management und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit seien bei dem seit langem schwelenden Tarifstreit ein gutes Stück weiter gekommen. Eine Einigung wäre sicherlich so etwas wie ein Befreiungsschlag.
Ob es dazu kommt, bleibt aber abzuwarten, Getrübt wurde die Stimmung zuletzt aber auch durch andere Meldungen. So wurden im April mit 8,9 Millionen konzernweit 2,1 Prozent weniger Passagiere befördert als im Vorjahr. Auch der Sitzladefaktor sank um 1,8 Punkte auf 76,3 Prozent. Das Preisumfeld wurde zudem als rückläufig bezeichnet. Die Kosten pro Sitzkilometer waren dafür aber im ersten Quartal noch gesunken. Für einen Stimmungsumschwung an der Börse hat das aber nicht gereicht, obwohl preiswertes Kerosin und Kostensenkungen in den ersten drei Monaten noch zu einem deutlich niedrigeren Verlust geführt hatten. Bereinigt und vor Zinsen und Steuern sank das Minus um 68,3 Prozent auf 53 Millionen Euro. Dafür stand aber netto weiter ein Verlust von acht Millionen Euro zu Buche. Die Jahresprognose, die ein bereinigtes EBIT leicht über den 1,8 Milliarden Euro des Vorjahres beinhaltet, wurde aber unter der Annahme, dass neue Streiks ausbleiben, aber bekräftigt.
Die Lufthansa Group operiert weltweit mit insgesamt 540 Tochterunternehmen und Beteiligungsgesellschaften. Tätig ist man dabei in den Geschäftsfeldern Passage Airline Gruppe, Logistik, Technik, Catering und Sonstiges. Alle Geschäftsfelder nehmen eigenen Angaben zufolge in ihren jeweiligen Branchen eine führende Rolle ein. Das größte Geschäftsfeld ist die Passagierbeförderung. Zu den Marken gehören neben Lufthansa Germanwings und Eurowings, SWISS und Austrian Airlines. Brussels Airlines und SunExpress ergänzen das Portfolio als strategische Beteiligungen.
Die UBS hat im Mai ihre Kaufempfehlung für den Titel bekräftigt. Laut dem zuständigen Analysten Jarrod Castle seien die Treibstoffkosten zwar stärker als erwartet gesunken, aber die Erstquartalszahlen und der kurzfristige Geschäftsblick hätten wie erwartet nicht die Kraft gehabt, um den Kurs zu beflügeln. Nach einer zuletzt gegenüber dem Gesamtmarkt unterdurchschnittliche Performance des Sektors gebe es im Sommer nun Erholungspotenzial.
Das verspricht man sich auch bei der Lufthansa, zumindest bewegt sich das Kursziel bei 17,70 Euro und damit um immerhin gut 43 Prozent über den zum Redaktionsschluss gültigen Notierungen. Sehr optimistisch zeigt sich die Schweizer Großbank übrigens auch mit Blick auf den für 2017 erwarteten Gewinn je Aktie. Kalkuliert wird mit 3,8 Euro, was mit einem Analysten-Konsens kontrastiert, der mit 3,0 Euro angegeben wird. Behält die UBS, würde sich das geschätzte KGV bei 3,3 bewegen.