Das Management hofft weiterhin auf europäische Lösungen im Umgang mit geimpften Passagieren aus Europa und anderen Ländern. Der bereits angekündigte Personalabbau scheint unausweichlich zu bleiben.

An der Börse kamen die Nachrichten schlecht an. Die Lufthansa-Aktie büßte bis zum frühen Donnerstagnachmittag mehr als 4,54 Prozent auf 10,44 Euro ein und war damit zweitschwächster Wert im MDax, dem Index der mittelgroßen Werte. Von ihrem Zwischenhoch bei knapp 13 Euro, das sie Anfang März erreicht hatte, ist sie damit noch weiter entfernt als zuletzt.

Nach Ansicht von Branchenexperten schlug sich der Konzern im ersten Quartal angesichts der schwierigen Lage zwar besser als gedacht. Was den Aktienkurs angeht, gehen ihre Einschätzungen aber auseinander. Während UBS-Analyst Jarrod Castle an seinem Kursziel von 5,45 Euro festhielt, bekräftigte Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein sein Ziel von 11 Euro.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr erwartet zwar weiterhin eine stark steigende Nachfrage ab dem Sommer. "Ermutigende Signale, wie die Ankündigung der EU-Kommission, geimpften Fluggästen aus den USA die Einreise nach Europa wieder zu ermöglichen, bestätigen unsere Zuversicht", erklärte er. Er rechne bereits in den kommenden zwei bis drei Wochen mit positiven Entscheidungen der US-Regierung zur Öffnung des Flugverkehrs Richtung Europa.

Innerhalb Europas gebe es einen starken Druck der südlichen Länder, schnell einen einheitlichen Green Pass einzuführen, in dem Impfungen, Tests und überstandene Infektionen festgehalten werden können. Vor allem der Verzicht auf lange Quarantänen würde den Passagierverkehr beflügeln. "Ich denke, es gibt einen großen politischen Willen, Europa zu öffnen", sagte Spohr.

Auf der anderen Seite kappte der Konzern seine erst kürzlich reduzierte Prognose, dass er im Gesamtjahr 2021 bis zur Hälfte seiner Jahreskapazität von 2019 anbieten werde. Nun erwartet er bei einer starken Konzentration auf touristische Ziele noch etwa 40 Prozent. Im ersten Quartal hatten Lufthansa und die übrigen Konzernmarken nur 21 Prozent ihres 2019er-Angebots geflogen und mit 3 Millionen Fluggästen nur ein Zehntel der damaligen Passagierzahl erreicht. Im laufenden Quartal sieht es nach einem kurzen Osterhoch wegen weiterhin bestehender strikter Einreisebestimmungen kaum besser aus, bis zum Jahresende will der Konzern bis zu 60 Prozent anbieten.

Dennoch erwartet die Lufthansa-Führung, dass der Konzern in diesem Jahr im Tagesgeschäft (bereinigtes Ebit) weniger Verlust macht als 2020. Da hatte das Minus 5,45 Milliarden Euro erreicht. Für 2021 gingen Analysten im Schnitt zuletzt von minus 2,2 Milliarden Euro aus.

Auf allzu günstige Tickets sollten die Passagiere beim Wiederanlauf aber nicht hoffen, sagte Spohr. Harte Preiskämpfe gehörten der Vergangenheit an. "Die Fluggesellschaften können sich hohe Rabatte einfach nicht leisten." Auch auf dem Nordatlantik-Markt, der für rund die Hälfte der Lufthansa-Langstrecken steht, erwarte er einer "sehr hohe Preisdisziplin", sagte der Lufthansa-Chef.

Im ersten Quartal landete der Konzern tief in den roten Zahlen und machte bei einem um 60 Prozent reduzierten Umsatz einen Verlust von 1,05 Milliarden Euro. Zu Beginn der Corona-Krise im ersten Quartal 2020 war das Minus aber noch doppelt so hoch ausgefallen. Den operativen Verlust konnte das Unternehmen nun von 1,2 auf 1,1 Milliarden Euro reduzieren.

Neben konzernweiten Kostensenkungen etwa durch Stellenabbau, Kurzarbeit und stillgelegte Jets flog die Frachtsparte Lufthansa Cargo mit einem operativen Rekordgewinn von 314 Millionen Euro wieder in der Gewinnzone. Ihr traut der Vorstand auch wegen der Impfstoff-Transporte für das Gesamtjahr eine starke Leistung zu. Lufthansa Technik profitierte von der Erholung des Wartungsgeschäfts in den USA und Asien und lieferte einen operativen Gewinn von 16 Millionen Euro ab. Dennoch verlor der Konzern im ersten Quartal durchschnittlich 235 Millionen Euro Barmittel pro Monat. Im zweiten Quartal soll der monatliche "Cash-Burn" auf 200 Millionen Euro sinken.

Nahezu jede fünfte Stelle wurde seit Krisenbeginn gestrichen, so dass die Zahl der Beschäftigten in der Jahresfrist um 19 Prozent auf 111 262 sank. Das entspricht 93 500 Vollzeitstellen, von denen noch 52 200 auf Deutschland entfallen. Spohr und sein neuer Finanzvorstand Remco Steenbergen machten aber klar, dass sie in Deutschland weitere 10 000 Stellen streichen oder im vergleichbaren Maße Personalkosten einsparen müssten. Bevorzugte Mittel seien Teilzeitlösungen oder freiwillige Abgänge, man bereite parallel aber auch Entlassungen vor, sagte Steenbergen.

Vor allem bei den rund 5000 Piloten der Kerngesellschaft Lufthansa baut Spohr letztlich auf eine Einigung mit der Gewerkschaft zu weitreichenden Teilzeitmodellen. Er sagte: "Niemand verlässt freiwillig einen Pilotenjob bei der Lufthansa, weil es nirgendwo auf der Welt bessere Pilotenjobs gibt."

Lufthansa sieht sich trotz der nur langsamen Fortschritte auch finanziell gerüstet. Zum Quartalsende betrug die Liquiditätsreserve 10,6 Milliarden Euro im Vergleich zu 11,1 Milliarden Euro zum Jahresende 2020. Deutschland, Österreich, Belgien und die Schweiz hatten dem Konzern im vergangenen Jahr 9 Milliarden Euro Staatshilfe zugesagt. Davon hat die Lufthansa nach eigenen Angaben 5,4 Milliarden Euro noch nicht abgerufen. Ein darin enthaltener Kredit der KfW-Bank in Höhe von einer Milliarde Euro wurde bereits zurückgezahlt, auf der anderen Seite hat Lufthansa am Kapitalmarkt neue Schulden aufgenommen.

Auf der Hauptversammlung am kommenden Dienstag (4. Mai) will sich der Vorstand mit einem Vorratsbeschluss einen Rahmen von 5,5 Milliarden Euro für neues Eigenkapital genehmigen lassen, um bei Bedarf die teuren Staatsbeteiligungen ablösen zu können. Stimmen die Aktionäre zu, könnte eine Kapitalerhöhung noch im laufenden oder im kommenden Jahr stattfinden, sagte Finanzchef Steenbergen. Sie werde aber kleiner ausfallen als die genannten 5,5 Milliarden Euro.

dpa-AFX