Wie geht es nun weiter, lautet die Frage? Sind die Probleme der Unternehmen so tiefgreifend, dass Anleger beide Aktien meiden sollten, oder haben beide Titel - wie bereits in der Vergangenheit - eine Chance auf ein Comeback?
Um diese Fragen zu beantworten, hat BÖRSE ONLINE die Papiere von Lufthansa und Air Berlin miteinander verglichen. Zu diesem Zweck haben wir uns ausführlich mit den Einschätzungen der Analysten befasst. Über diese kann man sich zwar streiten, doch ignorieren sollte man sie nicht. Die Einschätzungen der Experten können bei der Anlageentscheidung helfen. Am Ende sollte sich aber jeder Anleger seine eigene Meinung bilden.
Auf Seite 2: Wie schätzen Analysten die Aktien ein?
Wie schätzen Analysten die Aktien ein?
Betrachtet man bei Bloomberg das aktuell durchschnittliche Rating aller Analysten, die ihre Einschätzungen während der letzten 12 Monate aktualisiert haben, fällt das Urteil eindeutig aus. Allerdings muss man anmerken, dass Air Berlin kaum Beachtung findet. Im Datenportal des Finanzdienstleisters werden nur sechs Experteneinschätzungen zu Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft angezeigt. Die älteste stammt vom 6. Mai 2014. Für den Branchenprimus dagegen werden im gleichen Zeitraum 29 Stimmen aufgeführt.
Gemessen am Konsensrating von 3,69 ist die Lufthansa-Aktie aus Sicht der Analysten eine Halteposition. Damit bewegt sie sich allerdings auch nah an der 4er-Schwelle, die beim Erreichen eine Hochstufung auf "schwacher Buy" zur Folge hätte. Diese Situation spiegelt sich auch darin wider, dass das Pro-Halten-Lager nur wenige Stimmen größer ist als das Pro-Kaufen-Lager.
Das Papier von Air Berlin dagegen sollte nach Einschätzung der Branchenkenner in der Tonne landen. Die Bewertung von 1,33 steht für einen klaren "Sell", und selbst ein "schwacher Sell" ab einem 2er-Rating liegt in recht weiter Ferne.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es zwischen beiden Aktien - auf Basis des Konsensratings - erhebliche Unterschiede gibt. Die Lufthansa gilt bei Analysten als Halteposition mit Chancen auf eine Hochstufung, während Air Berlin ganz klar gemieden werden soll.
Erläuterungen: Quelle: Bloomberg, Stand 02.07.2014, 12.30 Uhr
Konsensrating: Aktuell durchschnittliches Rating aller Analysten, die während der letzten 12 Monate aktualisiert haben. (5= Buy, 4= schwacher Buy, 3= Hold, 2= schwacher Sell, 1= Sell).
Buys: Die Zahl der Analysten, die den Kauf des Wertpapiers empfehlen, und der Prozentsatz aller Analysten, die diese Empfehlung abgeben.
Holds: Die Zahl der Analysten, die empfehlen, das Wertpapier zu halten, und der Prozentsatz aller Analysten, die diese Empfehlung abgeben.
Sells: Die Zahl der Analysten, die den Verkauf des Wertpapiers empfehlen, und der Prozentsatz aller Analysten, die diese Empfehlung abgeben.
Um sich ein Gesamtbild von der Meinung der Analysten zu machen, reicht es allerdings nicht aus, sich auf den Status Quo zu konzentrieren. Man muss auch einen Blick darauf werfen, wie sich die Einschätzungen der Experten über einen längeren Zeitraum entwickelt haben. Daraus lassen sich am Ende eventuell Trends ableiten.
Auf Seite 3: Wie haben sich die Einschätzungen der Analysten entwickelt?
Wie haben sich die Einschätzungen der Analysten entwickelt?
Die Lufthansa-Aktie sollte mindestens auf die Halteliste stehen, Air Berlin dagegen sollte aus dem Depot fliegen. So lassen sich die aktuellen Einschätzungen der Experten zu beiden Aktien zusammenfassen.
Doch wurden die Titel auch vorher so betrachtet wie momentan? Wirft man einen Blick auf die Einschätzungen von vor einem Jahr, lautet die Antwort ja - zumindest was die Lufthansa betrifft. Das Konsensrating des Dax-Papiers liegt heute nur minimal unter dem Wert vom Juli 2013; das Urteil "Hold" hat sich nicht geändert. Anders das Bild bei Air Berlin: Hier fiel das das Rating deutlich unter die 2er-Schwelle. Damit wurde der Titel von "schwacher Sell" auf "Sell" herabgestuft.
Bei der Lufthansa fällt auf, dass in den vergangenen 12 Monaten das Lager der neutral gesonnenen Analysten Zuläufe aus den Lagern der Optimisten und Pessimisten bekommen hat. Bei Air Berlin dagegen wanderten die wenig verbliebenen Optimisten und einige Neutralisten in das ohnehin schon große Lager der Pessimisten ab.
Lässt sich daraus ein Trend ableiten? Durchaus! Das Stimmungsbild der Experten bei Air Berlin entwickelt sich negativer als bei der Lufthansa. Allerdings gilt das nicht für den vergangenen Juni: Hier blieben die Meinungen über Air Berlin unverändert negativ, während die Lufthansa deutlich mehr Kritik als im Frühjahr einstecken musste. Womöglich zeichnet sich also ein Abwärtstrend bei der Lufthansa ab.
Auf den folgenden beiden Seite haben wir Chancen und Risiken gegenübergestellt, die Analysten bei beiden Airlines sehen.
Auf Seite 4: Wo sehen die Analysten Chancen und Risiken bei der Lufthansa?
Wo sehen die Analysten Chancen und Risiken bei der Lufthansa?
Auf Seite 5: Wo sehen die Analysten Chancen und Risiken von Air Berlin?
Wo sehen die Analysten Chancen und Risiken von Air Berlin?
Auf Seite 6: Wie viel Kurspotenzial trauen Analysten den Aktien zu?
Wie viel Kurspotenzial trauen Analysten den Aktien zu?
Da Air Berlin als "Sell" eingestuft wird, ergibt sich beim Ertragspotential ein negativer Wert von -14,0 Prozent. Die Lufthansa dagegen wartet dank ihres "Hold"-Status mit einem Plus von 21,2 Prozent auf - ein recht hoher Wert für eine Halteempfehlung, der sich allerdings dadurch erklärt, dass das Papier mit einem Konsensrating von 3,69 fast an der Hochstufung auf einen "schwachen Buy" kratzt, die beim Erreichen der 4er-Schwelle eintreten würde.
12 M. Zielkurs: Konsens-Zielkurs (Währung)
Letzter Kurs: Stand 02.07.2014, 12:30 Uhr
Ertragspotential: Das zukünftige Renditepotential des Best-Konsens-Zielkurses und des letzten Kurses der Aktie.
LTM Rendite: 1-Jahresertrag des Wertpapiers
Im Falle der Lufthansa liegt das durchschnittliche Kursziel der Analysten bei 18,54 Euro. Einige Experten sehen jedoch deutlich mehr Luft nach oben. Zum Beispiel Mark McVicar vom japanischen Analysehaus Nomura, der dem Papier bis zu 22 Euro zutraut. Der Experte zeigt sich vom bereinigten operativen Verlust der Fluggesellschaft im ersten Quartal unbeeindruckt. Hoffnung macht ihm, dass das Effizienzsteigerungsprogramm Score an Glaubwürdigkeit gewinnt.
Auf Seite 7: Fazit
Fazit:
Die Aktien von Lufthansa und Air Berlin werden von den Analysten sehr unterschiedlich betrachtet.
Die Lufthansa ist bei den meisten Experten eine Halteposition, fast genauso viele würden sich das Papier allerdings kaufen. Daher sehen viele ein recht hohes Kurspotenzial bei dem Titel. Ob das so bleiben wird, lässt sich schwer sagen. Auffällig ist jedenfalls, dass der Ton gegenüber der Aktie zuletzt kritischer geworden ist. Das Pendel könnte in den kommenden Monaten also durchaus stärker in Richtung "Hold" schlagen. Das ist aber eher Spekulation.
Anders Air Berlin: Hier raten Analysten ganz klar dazu, die Papiere zu verkaufen. Diese Meinung hat sich in den vergangenen Monaten verfestigt.
Was die Chancen und Risiken betrifft, führen Analysten auf beiden Seiten Pro- und Contra-Punkte auf. Welche Punkte man schwerer gewichtet, bleibt wohl eine individuelle Sache. Bemerkenswert ist aber, dass es fast keinen einzigen positiven Satz zu Air Berlin von Seiten der Experten gibt.
Auf Seite 8: Was empfiehlt BÖRSE ONLINE?
Was empfiehlt BÖRSE ONLINE?
Lufthansa:
Hohe Personalkosten, finanzielle Einbußen durch Streiks und zunehmende Konkurrenz auf den Fernstrecken - all das war nicht neu für Lufthansa-Investoren. Die Gewinnwarnung im Juni war also vorprogrammiert. Und dennoch stürzte der Kurs brutal ab. Es muss also das Ausmaß der Gewinnwarnung gewesen sein, das die Anleger überraschte. Die Prognose wurde deutlich nach unten korrigiert. Der operative Gewinn soll in diesem Jahr nach veränderter Abschreibungspraxis auf 1,3 Milliarden Euro belaufen. Zuvor war von bis zu 1,8 Milliarden die Rede. Auch das Gewinnziel für 2015, das bei 2,65 Milliarden Euro lag, ist laut Lufthansa nicht mehr haltbar. Unter der Einschränkung stabil bleibender Marktverhältnisse sei mit zwei Milliarden Euro zu rechnen.
Um das Vertrauen der Aktionäre zurückzugewinnen muss die Fluggesellschaft beweisen, dass das Sparprogramm greift. Vor allem die hohen Verwaltungskosten gilt es zu bewältigen. Zudem bleibt es fraglich, ob es ausreicht, die Stückkosten um vier Prozent zu senken.
Aus Sicht von BÖRSE ONLINE ist das Chance-Risiko-Profil auch nach dem jüngsten Kursrutsch noch nicht günstig, zumal die Aktie selbst unter idealen Voraussetzungen wohl kaum auf deutlich über 20 Euro steigen wird. Damit ist das Potenzial begrenzt. Wir bleiben bei "Beobachten".
Air Berlin:
Air Berlin will noch im dritten Quartal von Juli bis September einen neuen Plan für den Konzernumbau vorstellen. Eine Ansage könnte demnach bereits in diesem Monat kommen. Anleger sollten sich aber keine großen Hoffnungen machen, denn aktuell gibt es nicht das geringste Anzeichen, dass sich die Situation der Fluggesellschaft in irgendeiner Weise bessern könnte. Nicht ohne Grund steht die Aktie auf der Schwarzen Liste von BÖRSE ONLINE. Es ist nicht absehbar, wie die Airline, die in keinem Jahr seit dem Börsengang ein positives Ergebnis erwirtschaftet hat, ihren Mega-Schuldenberg langfristig wieder zurückzahlen will.