Die fallenden Benzinpreise machen Autofahrern derzeit Freude. Und eigentlich müssten auch die Lufthansa und Air France jubilieren, da Flugbenzin einer der größten Kostenposten der Fluggesellschaften ist. Doch anders als der Automobilbesitzer profitiert die Lufthansa nicht automatisch von dem Preissturz an den Tanksäulen. Währungsschwankungen fressen einen Teil der positiven Effekte auf, und zudem sichern Fluglinien Kerosinpreise zum Teil ab. Und nach Ansicht einiger Experten signalisieren die sinkenden Ölnotierungen einen Abschwung der Weltwirtschaft, womit auch die Gewinne der Fluglinien unter Druck kommen könnten. Einen Überblick über die Entwicklung wird die Lufthansa am Donnerstag geben - an dem Tag stehen die Quartalszahlen des größten europäischen Luftfahrtkonzerns an.
Die Ausgaben für Flugsprit belaufen sich in der Airline-Branche im Schnitt auf ein Drittel der Gesamtkosten eines der Unternehmen. Die Lufthansa insgesamt erwartet etwa einer Prognose zufolge, die zu den Halbjahreszahlen im Sommer vorgestellt worden war, dieses Jahr eine Tankrechnung von 6,7 Milliarden Euro. Noch im Juni kostete ein Barrel Öl 116 Dollar - seitdem purzelte der Preis auf zwischenzeitlich gut 82 Dollar. Ein Minus von 30 Prozent. Jedoch legen Fluglinien einen Teil der Kerosinkosten bereits Monate im Voraus mit sogenannten Hedging-Geschäften fest und sind so auch gegen plötzliche Preisanstiege gefeit. "Der fallende Ölpreis wird die Lufthansa in diesem Jahr kaum entlasten, da das Unternehmen seine Kerosin-Käufe stark gehedged hat", sagte etwa Luftfahrt-Analyst Jochen Rothenbacher von Equinet. Die positiven Effekte durch die gesunkenen Ölpreise dürften sich deshalb erst nächstes Jahr bei der Lufthansa bemerkbar machen. Grundsätzlich sichert der europäische Branchenprimus im Monat jeweils bis zu 5 Prozent der Kerosin-Ausgaben für bis zu 24 Monate ab. Damit werden bis zu 85 Prozent des Bedarfs abgesichert.
Zudem profitieren europäische Fluggesellschaften nicht so stark wie ihre amerikanischen Rivalen von dem Ölpreis-Sturz, da der Euro im Vergleich zum Dollar derzeit an Wert verliert. "Wichtig ist nicht der Ölpreis, sondern die Kosten von Treibstoff in Euro", sagte Stephen Furlong vom Aktienhandelshaus Davy Stockbrokers. Kurzfristige Schwankungen des Preises für Rohöl führen nicht zu einer Anpassung der Hedgingstrategie, erklärte die Lufthansa.
Zur Quartalsbilanz am Donnerstag dürfte auch klar werden, wie viel die Streiks der Piloten die Lufthansa bislang kosteten. Klar ist, dass der 3-Tage-Streik im April direkt 60 Millionen Euro kostete - seitdem gab es noch sieben weitere Ausstände der Piloten, wenn auch wesentlich kleinere. Der Rivale Air France-KLM will die Zwischenbilanz am Mittwoch vorstellen - bei der zweitgrößten europäischen Fluglinie verursachten die Pilotenstreiks im Herbst einen Schaden von einer halben Milliarde Euro.
Reuters