"Am Montagabend habe ich die meldepflichtige Schwelle von 15 Prozent überschritten, die nun auch offiziell mitgeteilt wird." Im März hatte er schrittweise einen Anteil von zehn Prozent an der Lufthansa erworben und stieg damit überraschend zum Großaktionär auf. In dem Interview fordert Thiele, den Rettungsplan für die durch die Corona-Krise angeschlagene Fluggesellschaft mit dem Einstieg des Staates nachverhandeln.

Thiele wehrt sich vor allem gegen die vorgesehen Aktienbeteiligung von 20 Prozent an Europas größter Fluglinie, die der Staat im Rahmen der Finanzspritze von bis zu neun Milliarden Euro erhalten soll. "Die Lufthansa braucht für Sanierung und Gesundung keine Staatsbeteiligung", sagte der Unternehmer dem Blatt. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni müssten die Aktionäre der dafür notwendigen Kapitalerhöhung mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Um das Rettungspaket war wochenlang gerungen worden. Die EU-Kommission verlangt für ihre wettbewerbsrechtliche Freigabe, dass die Lufthansa Start- und Landerechte an den Drehkreuzen Frankfurt und München abgeben muss.

"INSOLVENZ NICHT AUSSCHLIESSEN"


"Die Aufstockung ist kein Signal, auf der Hauptversammlung gegen irgendetwas zu stimmen", sagte Thiele der Zeitung. Thiele ergänzte aber, er habe sich zu den HV-Beschlüssen noch keine abschließende Meinung gebildet. Der Großaktionär könnte mit 15 Prozent bei einer geringen Präsenz auf der Hauptversammlung eine Zustimmung verhindern. Wie hartnäckig er seine Ziele verfolgt, demonstrierte der Eigentümer des Zulieferers Knorr Bremse vor vier Jahren. Die Münchener verhinderten in einer Bieterschlacht, dass der Autozulieferer ZF Friedrichshafen den schwedischen Bremsenhersteller Haldex übernehmen konnte.

"Ich werde aber sicherlich hier nicht blockieren oder ausbremsen. Ich hoffe vielmehr, dass noch im Vorfeld etwas bewirkt und in Bewegung gebracht werden kann", sagte Thiele der Zeitung weiter. Er kritisierte, Lufthansa-Chef Carsten Spohr habe nicht intensiv genug mit dem Staat verhandelt. Der Großaktionär stört sich außerdem daran, dass die jetzige Lösung als alternativlos dargestellt werde und die Aktionäre zu wenig Zeit hätten, sich mit der komplexen Materie zu beschäftigen. Die Aktionäre seien "überfallartig" damit konfrontiert worden, dass sie durch die Kapitalerhöhung für den Staatseinstieg einen Wertverlust ihres Eigentums akzeptieren müssten und der Bund durch den niedrigen Einstiegskurs zum Profiteur werde.

Thiele erklärte, er bezweifle, dass bei einem Scheitern des ausgehandelten Pakets eine Insolvenz mit einem Totalverlust drohe, wie es ihm Spohr in Telefonaten erklärt habe. "Meines Erachtens sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden." Thiele ist vor allem die direkte Staatsbeteiligung ein Dorn im Auge, obwohl die Regierung nach der Vereinbarung ihr Stimmrecht nicht ausüben will und die Lufthansa selbst die staatlichen Aufsichtsratsvertreter aussuchen soll. Doch der Großaktionär geht davon aus, dass die Politik bei einem Abbau Tausender Arbeitsplätze durch "umfangreicheren sozialen" Ausgleich die Sanierung der Lufthansa erschweren wird. Der Staat solle sich auf die Finanzhilfe beschränken, "minimalinvasiv" vorgehen und nicht in die Rolle eines renditeorientierten Investors hineinwachsen. Als Kompromiss führt Thiele eine indirekte Staatsbeteiligung über die Förderbank KfW an. Der Vorteil aus seiner Sicht: "Die hält sich zurück und befolgt strikte Regeln." Auch eine Insolvenz der Lufthansa dürfe man nicht ausschließen. "Es könnten sich daraus ebenso neue Möglichkeiten ergeben, auch wenn natürlich das Risiko steigt."

rtr