Wie zumeist seit März 2009 gewohnt, marschiert die Wall Street auch aktuell wieder vorneweg beim Versuch, den langjährigen Bullenmarkt weiter auszubauen. Das belegt beispielweise der aus einer zwischenzeitlichen Schwäche im September längst wieder eine Rekordjagd gemacht hat. Auch zur Wochenmitte ging dieser Marktbreite US-Aktienleitindex mit einem neuen Schlussrekordhoch aus dem Handel.
Beim Dax hat es dazu, ebenso wie bei den anderen führenden deutschen Leitindizes, zuletzt noch nicht wieder gereicht. Hier stammt die aktuell gültige Bestmarke noch von Mitte August. Möglicherweise hat die Zurückhaltung in Sachen neuer Bestmarken auch damit zu tun, dass derzeit noch keine neue Regierung im Amt ist.
Die Commerzbank verweist zudem darauf, dass die Dividendenrendite beim deutschen Aktienleitindex verglichen mit Bundesanleihen zwar nach wie vor relativ attraktiv ist. Gleichzeitig erinnern die dortigen Analysten aber auch an eine weiterhin recht hohe Kurs-Buchwert-Bewertung. So liegt diese für den DAX wie es heißt mit 1,90 um 15 Prozent über dem Zehnjahresdurchschnitt.
Allerdings beträgt die Kurs-Buchwert-Relation beim Euro Stoxx 50 Index sogar 2,1. Obwohl sich das um 30 Prozent über dem langjährigen Durchschnittswert bewegt, ist dieser europäischen Leitindex gerade ebenfalls wieder auf Rekordkurs eingeschwenkt.
Möglicherweise scheut der DAX bislang vor neuen Bestmarken aber auch deshalb noch zurück, weil in den nächsten Wochen anhaltend negative Nachrichten aus dem wichtigen Exportmarkt China drohen könnte, was dann wiederum die Gewinnperspektiven der deutschen Unternehmen eintrüben könnte. Die Commerzbank erklärt in diesem Zusammenhang, dass die DAX-Gewinnerwartungen für 2021 zuletzt ihren stetigen Aufwärtstrend beendet haben und bei 1.015 Indexpunkten stagnieren.
So gesehen wären gute Firmenergebnisse wichtig, um dem am Mittwoch mit 15.959,98 Punkten aus dem Handel gegangenen Dax den letzten Pusch zu geben, damit dieser das bereits recht nahe gerückte Schlussrekordhoch von 15.977,44 Zählern vom 13.08.2021 demnächst knacken kann und somit dem S&P 500 und dem Euro Stoxx 50 nachfolgen kann.
Vor diesem Hintergrund werfen wir mit BMW, Linde und Lufthansa Blicke auf drei bei den AnlegerInnen sehr gefragte deutsche Aktien, die jüngst neue Geschäftszahlen vorgelegt haben. Die Analyse-Aufgabe besteht darin, die gemeldeten Ergebnisse mit Blick auf die Folgen für die Anlageurteile zu diesem Trio einzuordnen und ergänzend dazu auch noch Einschätzungen zu den Bewertungen sowie zur jeweiligen Charttechnik abzugeben. Mehr dazu nachfolgend.
BMW-Aktie
Als Erstes gehen wir auf BMW ein. Der DAX-Vertreter hat am gestrigen Mittwoch aktuelle Ergebnisse präsentiert und die erste Reaktion darauf fiel mit einem Tagesplus von 1,4 Prozent auch recht positiv aus.
Hinter dem Namen BMW steckt bekanntlich ein führender Hersteller von Premium-Automobilen und -Motorrädern. Der Konzern gehört laut Jefferies durchweg zu den profitabelsten Automobilherstellern und hat eine führende Position bei Elektroautos, der Herstellung von Verbundwerkstoffen und Premium-Automobilservices erreicht. Die Gruppe betreibt auch ein eigenes Finanzdienstleistungs- und Flottenmanagementgeschäft. Das Aktienkapital setzt sich nach Angaben der US-Investmentbank aus 602 Millionen stimmberechtigten Stammaktien (rund 48 Prozent werden von der Familie Quandt kontrolliert) und 54,5 Millionen stimmrechtslosen Vorzugsaktien zusammen.
Infos zum aktuellen Geschäftsgang: BMW hat im vergangenen Quartal trotz der Engpässe bei Elektronikchips deutlich mehr Gewinn eingefahren. Zwar rechnet der Konzern damit, dass ihn die schwierige Situation bei den Halbleitern über dieses Jahr hinaus beschäftigen wird: Derzeit können die Münchener aber die negativen Auswirkungen auf Produktion und Absatz dank guter Neu- und Gebrauchtwagenpreise mehr als wettmachen.
Konkret stieg der Konzernumsatz trotz gesunkener Auslieferungszahlen um 4,5 Prozent auf 27,5 Milliarden Euro zu. Mit dem Überschuss ging es im dritten Quartal im Jahresvergleich um über 42 Prozent auf 2,58 Milliarden Euro nach oben. Grund war unter anderem ein starkes Abschneiden der Finanzsparte, die von hohen Gebrauchtwagenpreisen profitiert - Leasingrückläufer können damit am Markt teurer verkauft werden als gedacht, erklärte dazu die Nachrichtenagentur dpa-AFX in ihrer Berichterstattung. Die Finanzsparte verdiente operativ fast eine Milliarde Euro und damit mehr als doppelt so viel wie vor einem Jahr.
Das Beteiligungsergebnis am chinesischen Joint Venture BBA konnte ebenfalls zulegen. Aber auch in der Autosparte steigerte BMW das operative Ergebnis: Die Marge vor Zinsen und Steuern legte um 1,1 Prozentpunkte auf 7,8 Prozent zu und damit stärker als erwartet.
Analystenstimmen: Dass BMW besser abgeschnitten hat als erwartet, liegt laut JPMorgan-Analyst Jose Asumendi wie bereits zuvor angedeutet vor allem am Ergebnis der Finanzsparte. Die Fortsetzung der positiven Preiseffekte für Neu- und Gebrauchtwagen sowie ein günstiger Produktmix hätten das geringere Absatzvolumen überkompensiert, so sein Urteil.
Auch aus der Sicht von Raiffeisen Research konnte der bayrische Automobilhersteller überzeugen und die Erwartungen wieder einmal übertreffen. Die Österreicher haben BMW als Kauf eingestuft, außerdem befindet sich die Aktie auf der "Top Picks" Liste von Raiffeisen Research. Jefferies wiederum bestätigte eine mit einem Kursziel von 125,00 Euro verbundene Kaufempfehlung, während die UBS ihre neutrale Einschätzung für den Titel bekräftigten, was mit einem Kursziel von 93,00 Euro verbunden ist.
Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Einstufung für BMW auf "Outperform" mit einem Kursziel von 120,00 Euro belassen. Der deutsche Autobauer werde dieses Jahr wohl in guter Verfassung beenden, schrieb Analyst Arndt Ellinghorst laut Dow Jones in einer am Mittwoch vorliegenden Studie. Er rechnet mit steigenden Konsensschätzungen. Die günstige Bewertung der Aktie sei schwer zu begründen
Aus der Sicht der NordLB NordLB ist es so, dass sich die Automobilwelt derzeit allgemein in zwei Gruppen unterteilt. Zulieferer wie HELLA aber auch Hersteller wie Volkswagen hätten Gewinnwarnungen veröffentlichen müssen, während BMW seinen Ausblick bereits Ende September hochgesetzt und auch Daimler trotz Chip-Mangel und Absatzeinbruch im dritten Quartal noch recht starke Zahlen vorlegt habe. Sowohl BMW als auch Daimler befänden sich nach wie vor auf Rekordkurs, was angesichts von Teile-Engpässen und vermeintlich hohen Transformationskosten für die Elektromobilität schon etwas verblüffe.
Allerdings könnten die Fahrzeug-Hersteller infolge der "Mangelwirtschaft" gegenwärtig auch deutlich höhere Preise durchsetzen. Künstliche Knappheit stärke die Preise, so die NordLB. Während dieses Jahr weltweit über alle Konzerne rund acht bis elf Millionen Autos infolge der Versorgungsengpässe nicht gefertigt bzw. ausgeliefert werden könnten, dürfte BMW hier mit nur rund 90.000 bis 100.000 Fahrzeugen noch relativ gut davonkommen. Alles zusammengenommen erhöhte die NordLB nach der Zahlenvorlage das das im Rahmen einer Kaufempfehlung vergebene Kursziel von 93,00 Euro auf 98,00 Euro.
Für die Credit Suisse verfügt BMW über eine starke Bilanz, was dem Automobilhersteller ein hohes Maß an finanzieller Flexibilität verschaffe, um den Übergang des Geschäfts in eine Zukunft zu bewältigen, die auf elektronischen Fahrzeugen / autonomem Fahren / Digitalisierung basiert. BMW verfolge bei diesem Übergang eine etwas andere Strategie als seine deutschen Premium-Marken-Kollegen. Das Unternehmen setze auf Flexibilität in der Fertigung und ist in der Lage, die gesamte Palette der Antriebssysteme auf demselben Fließband zu montieren.
Andere Automobilhersteller konzentrierten sich auf einzigartige elektrische Architekturen und argumentierten, dass ein solcher Ansatz zwar kurzfristig kostspieliger sei, aber langfristig die Aussicht auf niedrigere Kosten und ein besseres Produkt biete. Bislang scheint BMW aus Sicht der Schweizer Großbank mit dem eigenen Ansatz gut zu fahren und der Vorstand sei zuversichtlich, was die Aussichten für den Rest des Jahres und das Jahr 2022 angehe.
Bewertung: Blickt man auf die durchschnittlichen Analystenschätzungen, dann sehen diese bei BMW beim Gewinn je Aktie für dieses Jahr eine sehr starke Verbesserung von 5,73 Euro auf 15,64 Euro vor. In den Jahren danach ist dann gemäß den Prognosen erst einmal Konsolidierung angesagt, bevor man im Schnitt für 2025 mit einem Ergebnis je Aktie von 17,17 Euro rechnet.
Auf letztgenannter Basis errechnet sich gemessen am Schlusskurs vom Mittwoch von 89,96 Euro ein geschätztes KGV im mittleren einstelligen Bereich. Das ist ein Multiplikator, der sehr moderat erscheint. Hinzu kommt, dass der Titel auch in Sachen Dividendenrendite etwas zu bieten hat, wie der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen ist.
Charttechnik: Bei BMW zeigt der Blick auf den Langfrist-Chart heftige Schwankungen und auch immer wieder spürbare Rückschläge. Doch das ist praktisch die Norm bei den großen Autobauern. Seit 1996 ist der Kurs zwar klar gestiegen, doch verglichen mit 2014 ist die Notiz aktuell nicht höher als damals, obwohl der Kurs seit März 2020 stark zugelegt hat.
Der dabei seit dem Vorjahr aufgebaute Aufwärtstrend ist seit April 2021 in einem Seitwärtstrend übergegangen. Aktuell arbeitet der Wert daran, den vorherigen Aufwärtstrend als wieder intakt zu etablieren, damit das zweifelsfrei zu attestieren ist, wäre aber im Grunde genommen ein Sprung über das Jahresschlusskurshoch von 95,89 Euro erforderlich.
Linde-Aktie
Bei Linde, dem zweiten ausgewählten Titel, erfolgte die Ergebnisvorlage am 8. Oktober. Am Markt kam das Zahlenwerk ganz offensichtlich gut an. denn ausgehend von diesem Tag ist der Kurs bis gestern von 71,80 Euro auf 281,65 Euro gestiegen.
Entstanden ist der Konzern in seiner heutigen Form aus dem im Dezember 2016 angekündigten Zusammenschluss der Linde AG und Praxair, wobei die Fusion am 31. Oktober 2018 abgeschlossen wurde. Mit einem Umsatz von 27,2 Milliarden Dollar im Jahr 2020 handelt es sich um das laut Landesbank Baden-Württemberg weltweit führende Industriegasunternehmen.
Über 80 Prozent des Konzernumsatzes entfallen auf das Gasgeschäft, wobei die Aktivitäten über zahlreiche Kundensektoren verteilt sind (z.B. Chemie & Energie, Healthcare, Nahrungsmittel & Getränke, Metall, Elektronik). 38 Prozent des Umsatzes werden in Nord¬ und Südamerika erzielt, 24 Prozent in EMEA und 21 Prozent in der Region Asien/Pazifik. Außerdem ist das Unternehmen im Anlagenbau tätig (Umsatzanteil zehn Prozent).
Infos zum aktuellen Geschäftsgang: Bei Linde stieg der bereinigte Gewinn je Aktie im dritten Quartal im Jahresvergleich um mehr als ein Viertel auf 2,73 Dollar. Das war mehr als von Experten im Schnitt erwartet. Im fortgeführten Geschäft legte der bereinigte operative Gewinn um fast ein Fünftel auf rund 1,8 Milliarden Dollar zu. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 978 Millionen Dollar nach 699 Millionen ein Jahr zuvor. Der Umsatz kletterte dank höherer Preise und Absatzmengen um zwölf Prozent auf rund 7,7 Milliarden Dollar.
Zudem hob das Unternehmen das Gewinnziel zum dritten Mal an. Für 2021 peilt Linde einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn je Aktie von 10,52 bis 10,62 Dollar an, Das wäre ein Anstieg im Jahresvergleich um 28 bis 29 Prozent. Zuletzt war das Unternehmen von einem bereinigten Ergebnis je Aktie von 10,10 bis 10,30 Dollar ausgegangen.
In Reaktion auf die Ergebnisse hoben etliche Analysten ihre Kursziele an. So erhöhte etwa die UBS die Zielvorgabe von 325,00 Euro auf 350,00 Euro. Zudem zogen die Analysten bei der Schweizer Großbank ihre Schätzungen zum Gewinn je Aktie für die Jahre 2021 bis 2023 um durchschnittlich sechs Prozent p.a. nach oben.
Der Anlagestory bei Linde basiert für die UBS auf einer im Vergleich zur Konkurrenz höheren Preisgestaltung durch das Management, einer höheren Cash-Conversion (im Vergleich zur Konkurrenz) in den nächsten drei Jahren und einer unterverschuldeten Bilanz, die es dem Management ermöglichen sollte, weiterhin Barmittel an die Aktionäre zurückzugeben.
Lobende Worte fand man auch bei der Credit Suisse. Dort hieß es, seit dem Zusammenschluss mit Praxair habe Linde gute Arbeit geleistet, die erforderlichen kartellrechtlichen Veräußerungen durchgeführt, ein konstant positives Preis-/Mix-Verhältnis erzielt und sich auf Kosten-/Produktivitätspotenziale konzentriert. Die operativen Gewinnmargen seien in den vergangenen zehn Quartalen um kumulativ 800 Basispunkte gestiegen.
Hohe und konstante operative Margen führen außerdem zu einer starken Cashflow-Generierung. Der Verschuldungsgrad sei weiterhin komfortabel. Ein positives fundamentales Krediturteil spiegele die wachsende Ertragsbasis, die Cashflow-Stärke und die angemessen konservative Finanzpolitik wider.
Bei der Berenberg Bank besserte man das Kursziel von 282,00 Euro auf 306,00 Euro nach. Die deutsche Privatbank bezeichnet Linde als bevorzugtes Engagement im Industriegassektor, was auch mit einem defensiven Ertragsprofil zu tun hat: Der Großteil der Verkäufe von Linde an zyklische Endmärkte erfolgt über den On-site-Vertrieb. Diese Verträge haben Take-or-pay-Eigenschaften, die in einem schwachen makroökonomischen Umfeld einen Schutz gegen Abwärtsbewegungen bieten. Der Rest des Geschäfts von Linde besteht aus Verkäufen an "defensive" Endmärkte wie das Gesundheitswesen und die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, wo die Nachfrage nach Gasen sehr unelastisch ist.
Als Pluspunkt Erwähnung findet auch der geringe Verschuldungsgrad und ein starker freier Cashflow. Dadurch könne man auch weiterhin Barmittel an die Aktionäre ausschütten, sofern keine renditestarken Wachstumsinvestitionen anstehen. Das Wasserstoff-Exposure von Linde schätzt man beim Umsatz und beim Auftragsbestand auf rund sieben Prozent und rund 30 Prozent.
Die Landesbank Baden-Württemberg stuft allgemein als Chancen die weltweit führende Stellung im stabilen Gasgeschäft ein, zudem stützten Effizienzsteigerungen die Margenentwicklung und das Unternehmen betreibe eine aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik. Als Risiken bezeichnet man dagegen den üblicherweise hohen Investitionsbedarf, das relativ hohe Bewertungsniveau sowie die Schwierigkeit, mögliche Coronavirus-¬Belastungen abzuschätzen.
Bewertung: Im Falle von Linde sehen die Schätzungen des Analystenkonsens den Gewinn je Aktie in diesem Jahr von 8,23 Dollar auf 10,44 Dollar steigen. Bis 2025 sollen daraus 13,91 Dollar je Anteilsschein werden. Auf letztgenannter Basis ergibt sich somit ein geschätztes KGV im unteren Zwanziger-Bereich. Das ist zwar nicht unbedingt niedrig, spiegelt aber die starke Stellung des Konzerns wider und ist deshalb durchaus zu vertreten.
Charttechnik: Wegen der durch die Fusion mit Praxair verbundenen Veränderungen reichen die Kurse bei Linde nur bis in das Jahr 2017 zurück. Der Chart ist dadurch etwas weniger aussagekräftig als bei einer deutlich längeren Kurs-Historie. Zu konstatieren ist aber, dass sich Linde in früheren Jahren im Schnitt an der Börse gut geschlagen hat.
Das gilt auch für die bisherige Vorstellung in der aktuellen Aufstellung. Denn von August 2017 ist der Kurs auf Schlusskursbasis von 100,98 Euro bis zum 02. November bis auf 283,50 Euro gestiegen. Den stärksten Rücksetzer gab es bislang im Zuge der allgemeinen Coronavirus-Baisse im ersten Quartal des Vorjahres. Diese Delle ist aber längst mehr aus ausgebügelt und aktuell ist ein völlig intakter Aufwärtstrend zu attestieren.
Lufthansa-Aktie
Die dritte und letzte Analyse bezieht sich auf die Aktien der Deutschen Lufthansa AG. Deren Kurs reagierte auf die an diesem Mittwoch erfolgte Ergebnispräsentation sogar mit einem Tagesgewinn von 6,97 Prozent auf 6,31 Euro.
Das Unternehmen ist eine der weltweit größten Luftfahrtgesellschaften mit den Schwerpunkten Passagiere und Logistik sowie den ergänzenden Geschäftsbereichen Technik und Catering. Der Konzern hält Beteiligungen an diversen Service- und Finanzgesellschaften.
Zur Gruppe gehören Lufthansa, SWISS, Austrian Airlines, Brussels Airlines und Eurowings. Lufthansa Germany ist die nationale Fluggesellschaft Deutschlands und die zweitgrößte europäische Fluggesellschaft nach Passagieren. Ihr Hauptdrehkreuz befindet sich in Frankfurt am Main, ein weiteres in München. Im Jahr 2020 erwirtschaftete der Konzern mit rund 125.000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 14 Milliarden Euro.
Infos zum aktuellen Geschäftsgang: Die wie erwähnt sehr positive Kursentwicklung zur Wochenmitte hatte mit der Meldung zu tun, dass es der Gesellschaft im dritten Quartal gelungen ist, den Umsatz fast zu verdoppeln und erstmals seit Beginn der Coronavirus-Krise wieder einen operativen Gewinn zu erwirtschaften. In den Monaten Juli bis September stieg der Umsatz um 96 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro.
Der bereinigte Verlust vor Zinsen und Steuern (angepasstes EBIT) verringerte sich auf 17 Millionen von 1,262 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Der Konzernverlust schrumpfte auf 72 Millionen bzw. 0,15 Euro je Aktie von 1,967 Milliarden Euro bzw 3,80 Euro je Anteil. Analysten hatten nach Angaben der Nachrichtenagentur Dow Jones im Konsens mit einem Umsatz von 5,512 Milliarden, einem bereinigten EBIT von minus 33 Millionen Euro und einem Ergebnis je Aktie von minus 0,40 Euro gerechnet.
Der Konzernchef Carsten Spohr sprach von einem Meilenstein beim Weg aus der Krise. Die bereits erfolgten Kosteneinsparungen bewegen sich bei jährlich rund 2,5 Milliarden Euro. Das entspricht mehr als 70 Prozent der bis 2024 geplanten jährlichen Einsparungen von 3,5 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2021 erwarten die Verantwortlichen weiterhin einen Anstieg des Konzernumsatzes. Beim operativen Verlust, gemessen am bereinigten EBIT, geht man nunmehr davon aus, diesen mindestens halbieren zu können. Bislang hatten der Vorstand lediglich eine Verringerung des operativen Verlusts in Aussicht gestellt.
Analystenstimmen: Analysten sind sich mit Blick auf die weiteren Aussichten der Lufthansa-Aktien derzeit noch immer sehr uneinig. In das Lager der Optimisten gewechselt ist dabei allerdings die DZ Bank. Denn die dortigen Analysten erhöhten am Mittwoch das Kursziel von 6,50 Euro auf 7,70 Euro und sie drehten ihr Anlageurteil von Halten auf Kaufen.
Zur Begründung heißt es, Lufthansa habe im 3. Quartal 2021 unter anderem dank der Erholung des Passagiergeschäfts und Rekordergebnissen bei Cargo erstmals seit Beginn der Krise wieder ein positives angepasstes EBIT ausgewiesen. Laut Lufthansa nähmen die Buchungen für Transatlantikflüge, Geschäftsreisen und Premiumtickets spürbar zu, was für eine weitere Erholung des Geschäfts in den kommenden Quartalen spreche.
Vor diesem Hintergrund plane das Unternehmen für 2022 eine deutliche Ausweitung der Kapazität der Konzernairlines. Auch die Perspektiven für das Frachtgeschäft sowie die Technik-Sparte im Jahr 2022 blieben günstig. Zudem erwartet man positive Effekte aus den Restrukturierungsmaßnahmen.
Raiffeisen Research sieht in Lufthansa einen möglichen mittelfristigen Gewinner der erwarteten Konsolidierung im europäischen Luftverkehr. IAG Group, Air France KLM, Lufthansa, sowie die führenden Billigfluglinien Ryanair und Wizz Air sollten mittel- bis langfristig ihre Marktanteile steigern können. Eine höhere Marktkonzentration würde auch mit einem allgemeinen Anstieg des Preisniveaus und einer verbesserten Profitabilität der Marktführer einhergehen.
Positiv sei auch das eingeleitete umfassende Restrukturierungs- und Transformationsprogramm, womit man sich auf das krisenbedingt veränderte Marktumfeld ausrichte. Demnach soll die bereinigte EBIT-Marge 2024 bei mindestens acht Prozent liegen. Das Ergebnis auf das eingesetzte Kapital (ROCE) ohne liquide Mittel solle mindestens zehn Prozent erreichen.
Negativ sei dagegen, dass der stark steigende Ölpreis durch steigende Treibstoffkosten im kommenden Jahr (rollierendes Hedging) eine negative Ergebnisauswirkung zeigen werde. Kerosinkosten seien neben Personalkosten der wichtigste Kostenblock. Zur Berechnung des hauseigenen Kurszieles von 6,50 Euro schlägt man eine Prämie von zehn Prozent auf die historischen EV/EBITDA- und KGV-Multiples, (aufgrund von langfristig erwarteten positiven Konsolidierungseffekten) auf und bewertet die Aktie anhand von Konsensschätzungen für das Jahr 2024.
Neuerlich steigende Covid-19 Infektionszahlen stünden einer nachhaltigen Erholung des Flugverkehrs in der kurzen Frist entgegen, wodurch sich eine Halten-Empfehlung ergebe. Das Erreichen des Vor-Covid Passagierniveaus werde im europäischen Flugverkehr erst für Mitte des Jahrzehntes erwartet.
Die Bank of America wiederum räumt zwar ein, dass nach der Ergebnisvorlage zunächst kurzfristig eine positive Marktreaktion sehr wahrscheinlich sei. Doch der geschätzte Unternehmenswert für 2022 bewege sich bereits um rund 16 Prozent über dem Wert von 2019 und die Umsetzung der verbleibenden Kostenmaßnahmen sei weiterhin mit Risiken behaftet. Als Folge davon bleibt es bei einem Underperform-Rating, das mit einem Kursziel von 5,20 Euro einhergeht.
Die höheren Stückkosten und der höhere Verschuldungsgrad von Lufthansa im Vergleich zu europäischen Wettbewerbern sind ein Nachteil, heißt es dazu weiter. Man erwarte, dass der Verschuldungsgrad aufgrund der Auswirkungen von COVID-19 auf die Nachfrage nach Flugreisen steigen werde.
Man geht auch davon aus, dass der Wettbewerb in den Heimatmärkten Deutschland/Österreich weiterhin intensiv sein wird und die Flugpreise unter Druck bleiben. Die Pensionsverpflichtungen der Lufthansa sein hoch - und Änderungen der Abzinsungssätze könnten sich als schmerzhaft erweisen.
Bewertung: In Sachen Ergebnis je Aktie ist es so, dass der Analystenkonsens für 2021 mit einem Minus von 2,65 Euro kalkuliert. Das vergleicht sich mit einem Verlust von 8,03 Euro im Jahr zuvor. Die durchschnittlichen Schätzungen für 2026 sehen einen Gewinn von 1,26 Euro je Anteilsschein vor. Auf letztgenannter Basis errechnet sich ein geschätztes KGV im mittleren einstelligen Bereich, was optisch betrachtet sehr günstig aussieht.
Charttechnik: Der Kurs der Lufthansa-Aktien hat zwar anscheinend einen Boden gefunden. Das Chartbild sieht aber immer noch sehr angeschlagen aus. Kein Wunder, ist die Notiz doch von Ende Dezember 2017 ausgehend von damals noch gültigen 22,21 Euro bis zum September 2020 massiv bis auf 5,032 Euro abgesackt. Damit bewegte sich der Titel übrigens knapp über dem Rekordtief von 4,932 Euro aus dem Jahr 2003.
Ansonsten ist es so, dass auch gegenüber dem im März aufgestellten diesjährigen Hoch von 9,1215 Euro derzeit noch eine beträchtliche Lücke besteht. Auffällig ist darüber hinaus, dass der Wert auch früher schon kein Papier für Witwen und Waisen war. Denn seit 1996 war die Notiz praktisch ständig auf einer ausgeprägten Berg- und Talfahrt.