Die größten Fünf in Europa kommen auf zwei Drittel. Doch seit dem Niedergang von Air Berlin 2017 lässt die nächste spektakuläre Pleite oder größere Übernahme auf sich warten. Branchenexperten gehen davon aus, dass sich die Marktbereinigung weiter unter den rund 150 kleineren Anbietern abspielt. "Die Konsolidierung unter den kleinen Airlines geht weiter", sagt Daniel Röska, Analyst beim Brokerhaus Bernstein.

Denn für Gesellschaften mit nur zehn oder zwanzig Fliegern können belastende externe Faktoren schnell existenzgefährdend werden: Der in diesem Jahr um gut 30 Prozent gestiegene Kerosinpreis wird nach Prognosen des Internationalen Airline-Verbandes IATA 2019 nur geringfügig sinken. Auf der anderen Seite soll das Sitzplatz-Angebot der Fluggesellschaften insgesamt stärker steigen als die Nachfrage. "Das führt zu Preisdruck, vor allem im touristischen Fluggeschäft", erwartet Röska. Zugleich könnten die Zinsen anziehen, was bei kleinen Airlines mit geleasten Flugzeugen unmittelbar durchschlägt.

Und auch die Folgen des jüngsten Flugchaos bedeuten steigende Kosten, wie Eric Heymann von Deutsche Bank Research erklärt. Zwar lag die hohe Zahl an verspäteten und gestrichenen Flügen vor allem am Personalengpass in der Flugsicherung. Aber um effektiv gegenzusteuern, müsste auch an den Flughäfen und bei den Airlines selbst investiert werden, erklärt Heymann. Die notwendige Kapazitätserhöhung gebe es nicht zum Nulltarif. "Die Wachstumsschmerzen im Luftverkehr, gepaart mit zuletzt höheren Kerosinpreisen, dürften einzelne Marktakteure wirtschaftlich überfordern."

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Jene kleineren Anbieter, die auf der Strecke bleiben - wie zuletzt etwa Cobalt Air aus Zypern - hinterlassen Lücken, die schnell und geräuschlos geschlossen werden, zum Beispiel vom größten europäischen Billigflieger. "Das nützte bisher vor allem Ryanair, denn die Iren haben mit 92 die mit Abstand größte Zahl an Standorten in Europa", sagt Bernstein-Analyst Röska.

Ein Eigentümerwechsel bahnt sich bei der seit anderthalb Jahren insolventen staatlichen Alitalia an: Hier steigt die staatliche Eisenbahngesellschaft Ferrovie dello Stato (FS) mit 15 Prozent ein. Der britische Billigflieger Easyjet und die US-Airline Delta werden als weitere Anteilseigner umworben. Ursprünglich galt die Lufthansa als Wunschkandidat der staatlichen Verwalter auf der Suche nach Käufern. Doch der Dax-Konzern wollte nur zugreifen, wenn sich Alitalia zuvor gesund schrumpft - wonach es nicht aussieht. Nach Einschätzung von Ruxandra Haradau-Döser, Luftfahrtexpertin von Kepler Cheuvreux, ist das Kapitel Alitalia für die Lufthansa damit geschlossen. Allerdings werde die zu Qatar Airways gehörende Air Italy auf dem wichtigen italienischen Markt immer stärker. Deshalb gelte: "Die Lufthansa braucht einen Plan B für Italien."

Die britische Regionalfluggesellschaft Flybe hat sich unter dem Druck hoher Kosten selbst zum Verkauf gestellt. IAG und Virgin Atlantic sollen hier im Rennen sein. Als Übernahmekandidat gilt schon länger auch die skandinavische Billig-Airline Norwegian Air Shuttle, der nach Ryanair und Easyjet drittgrößte Low-Cost-Anbieter in Europa. Ein Übernahmeangebot von IAG hat Norwegian-Chef und Hauptaktionär Björn Kjos jedoch ausgeschlagen, weil es ihm zu niedrig war. Auch die Lufthansa stand nach eigenem Bekunden im Kontakt mit Norwegian. Ob daraus etwas wird, wagt aber auch die Luftfahrtexpertin von Kepler Cheuvreux nicht vorherzusagen.

Prinzipiell wäre es für die Kranich-Linie aber wichtig, sich - womöglich durch eine Übernahme - erfahrenes Management für die eigene Billigtochter Eurowings einzukaufen. Denn Eurowings soll, nachdem sie mit der Übernahme von Air-Berlin-Teilen stark ausgebaut wurde, auch künftig durch Zukäufe wachsen. "Lufthansa ist eine hervorragende Premium-Airline, aber Low-Cost ist ein anderes Geschäft", sagt Haradau-Döser. Dafür brauche Lufthansa eine bessere Kostenkontrolle.

rtr