Eine schimmernde Fassade, Schaufenster mit Schmuckauslage und Türen aus Panzerglas. Wer drin ist, wird mit Prosecco empfangen. Ein Diamantring für 20 000 Euro? Kein Problem. Viele Kunden des Luxusjuweliers Cartier legen solche Summen ohne mit der Wimper zu zucken auf den Tisch. In den letzten Tagen vor Weihnachten lief das Geschäft der Luxusboutiquen noch einmal auf Hochtouren - nicht nur bei Cartier. Für Luxusgüterkonzerne wie Brunello Cucinelli, Kering, LVMH oder Richemont sind wieder goldene Zeiten angebrochen. Das zeigt sich auch an der Börse. Viele Aktien aus dem Bereich stehen hoch in der Gunst der Anleger. Nach einem verhaltenen Vorjahr wuchs der Weltmarkt für persönliche Luxusgüter 2017 laut Bain & Company um sechs Prozent auf 308 Milliarden Dollar - deutlich stärker als erwartet. Das war aber womöglich nur der Auftakt eines neuen Aufschwungs. Bis 2020 wächst der Luxusgütermarkt weiter - im Schnitt um jährlich vier bis fünf Prozent, prognostiziert Bain. Besonders positiv: Nicht Preissteigerungen, sondern die stärkere Nachfrage treibe das Wachstum an.

Chinas Appetit auf Premium



Vor allem in China steigt die Lust auf Luxus wieder. Der Anteil des Riesenreichs am weltweiten Luxusgütermarkt lag 2016 bei knapp einem Drittel - Tendenz steigend. Im kommenden Jahr wird es in China mehr Millionäre geben als in jedem anderen Land der Welt, prognostiziert McKinsey. Für 2025 erwartet die Unternehmensberatung, dass der Anteil Chinas am globalen Umsatz mit Luxusgütern 44 Prozent erreicht.

Der Markt in dem Riesenreich hatte in den vergangenen Jahren angesichts der Antikorruptionsbemühungen der Regierung einen Dämpfer erlitten. Vor allem die Hersteller teurer Armbanduhren waren in die Bredouille gekommen. Das schlechte Geschäft mit Luxusuhren in China verhagelte etwa dem Schweizer Richemont-Konzern, der Zeitmesser der Marken IWC, Piaget oder Jaeger-LeCoultre in seinem Sortiment hat, das vergangene Geschäftsjahr. Die Talsohle scheint aber überwunden. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahrs steigerte Richemont seine Erlöse um zwölf Prozent. Und das stärkste Wachstum verzeichnete der Konzern just im Bereich Luxusuhren - unter anderem dank der hohen Nachfrage in China. Auch Nick Hayek, Chef des Schweizer Uhrenkonzerns Swatch, blickt wieder mit Zuversicht in die Zukunft. "Der Aufschwung ist massiv", sagte der Manager in einem Interview.

Selbst für kleine Firmen wie Brunello Cucinelli, einem Hersteller sündhaft teurer Kaschmirprodukte, ist China der Wachstumsmotor schlechthin. Die edlen Schals, Pullover und Jacken, allesamt handgefertigt in dem kleinen Dorf Solomeo in der italienischen Region Umbrien, finden in Fernost reißenden Absatz. In den ersten neun Monaten steigerte Brunello Cucinelli die Erlöse um zehn Prozent. Getrieben wurde das Plus von kräftigen Wachstumsraten in China. Hier verbuchten die Italiener einen Zuwachs von über einem Drittel.

Für das neue Geschäftsjahr stellt Gründer und Chef Brunello Cucinelli zweistellige Wachstumsraten in Aussicht. Dabei setzt der Designer auch auf das Internet. In der Anfang 2017 gestarteten "Online Boutique" bieten die Italiener ihre Kollektion in Eigenregie wie im Ladengeschäft an.

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Wachstumstreiber Internet



Der Onlinevertrieb von Luxusgütern wurde vor einigen Jahren noch mit großer Skepsis gesehen. Durch den Wegfall der Zwischenhändler ist der Vertrieb über den eigenen Internetshop aber extrem lukrativ. Neun Prozent des globalen Geschäfts mit teuren Uhren, Schmuck und anderen Luxusartikeln werden heute schon über das Internet abgewickelt. Bis 2025 steigt der Onlineanteil auf ein Viertel, prognostiziert Bain. Vor allem jüngere Menschen wollen teure Klamotten nicht mehr unbedingt in der Edelboutique kaufen, sondern schnell und bequem per Klick auf das Smartphone.

Der französische Branchenprimus LVMH, zu dem unter anderem die Labels Bulgari, Louis Vuitton, Veuve Clicquot und Zenith gehören, vertreibt eine Auswahl von mehr als 150 Mode- und Kosmetikmarken - darunter 20 aus dem eigenen Portfolio - seit dem vergangenen Sommer über die eigene Internetplattform 24 Sèvres. Benannt ist der Onlineshop nach der Adresse des Pariser Traditionskaufhauses Le Bon Marché, das ebenfalls zum weltgrößten Luxusgüterkonzern gehört. Mit seinen Onlineangeboten zählt LVMH zu den führenden Luxusanbietern im Web.

Auch der französische Gucci-Besitzer Kering, der die Mehrheit am Sportartikelhersteller Puma hält und der jüngst eine deutliche Anhebung der Dividende bekannt gab, hat den Internetvertrieb als Chance erkannt. Der langjährige Kering-Chef François-Henri Pinault hat für Gucci, der mit Abstand wichtigsten Marke des Konzerns, als einer der ersten sogar eine eigene Smartphone-App entwickeln lassen.

Der Erfolg zeigt sich in den Zahlen. Im vergangenen Quartal schossen Guccis Umsätze um fast 50 Prozent nach oben. Analysten schreiben das der starken Stellung im Internet zu. Gut die Hälfte der Kunden des Luxuslabels zähle zu den sogenannten Millennials, erklärt Kering-Boss Pinault. Das ist die Generation, die im Zeitraum von etwa 1980 bis 2000 geboren wurde und mit dem Internet aufgewachsen ist.

Trotz der Erfolge der Firmen, die eine ausgeklügelte Onlinestrategie fahren, scheuen andere Luxusmarken das Internet noch immer. Das privat geführte Modehaus Chanel etwa sträubt sich nach wie vor, seine extravagante Modekollektion über LVMHs Internetplattform 24 Sèvres zu verkaufen. Das Traditionsunternehmen sieht in der ständigen Verfügbarkeit seiner Produkte die Exklusivität gefährdet, für die die Käufer die Marke so schätzen. Ganz verzichten auf den Onlinehandel kann aber selbst Chanel nicht. Das Unternehmen will seinen Kunden in Zukunft zumindest ermöglichen, Produkte über das Internet zu reservieren oder einen Termin in einem der weltweit über 200 Läden zu vereinbaren. Denkbar sei sogar, heißt es, dass eines Tages doch ausgewählte Teile im eigenen Internetshop angeboten würden.

LVMH-Aktie: Starker Marktführer



Mit Marken wie Louis Vuitton, Moët
& Chandon oder TAG Heuer ist LVMH der Marktführer im Luxusgeschäft. Der Konzern setzt außerdem auf den Vertrieb über das Internet und dürfte besonders stark vom Aufschwung in der Branche profitieren. 2018 legen die Erlöse um sechs Prozent auf 45 Milliarden Euro zu, schätzen Analysten. Der Nettogewinn dürfte um zwölf Prozent auf 5,5 Milliarden Euro steigen. Die LVMH-Aktie ist ein Basisinvestment im Luxussektor.



Kering-Aktie: Fokus auf Gucci



Für die Tochter Gucci läuft es rund. Die starke Stellung im Internet hat der Marke einen Boom beschert. Für 2018 rechnen Analysten mit einem Umsatzanstieg um acht Prozent auf 16,6 Milliarden Euro. Der Gewinn dürfte um 17 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro steigen. Für Fantasie sorgt die Beteiligung an Puma (85,8 Prozent). Anleger spekulieren, dass Kering die Anteile 2018 abstößt. Das dürfte der Kering-Aktie Schub verleihen.



Brunello Cucinelli-Aktie: Exklusiver Luxusschneider



Die Italiener sind gut im Rennen. Analysten rechnen für 2018 mit einem Umsatzplus von zehn Prozent auf 552 Millionen Euro. Der Nettogewinn soll stagnieren. Operativ stellt das Unternehmen ein zweistelliges Plus in Aussicht. Nach der Kursrally der vergangenen Monate ist die Aktie sehr teuer. Die langfristigen Aussichten sind gut, angesichts der hohen Bewertung eignen sich die Titel aber nur für risikofreudige Anleger.