von Andrew Milligan, Head of Global Strategy bei Standard Life Investments
Fusionen und Übernahmen (M & A) kommen gewöhnlich in Wellen - normalerweise zur Mitte und gegen Ende eines Zyklus. Ihren Höhepunkt erreichen sie typischerweise mit dem Höchststand der Aktienmärkte. So war das in den Jahren 2005 bis 2007, als sich die Transaktionen auf Finanzdienstleister wie RBS und ABN Amro konzentrierten. Oder Ende der 90er-Jahre mit dem Höhepunkt der Fusion von Daimler-Benz und Chrysler. Jedenfalls ist M & A-Aktivität in der Regel eng an die Aktienbewertungen gekoppelt, wenn auch mit einer Verzögerung von bis zu einem Jahr. Umso interessanter ist es, dass wir seit 2012 eine zunehmende Abkoppelung beobachten können. Ein Grund dafür könnte sein, dass unkonventionelle währungspolitische Maßnahmen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der Aktienmärkte in die Höhe getrieben haben, weshalb ein stärkeres Ertragswachstum notwendig ist, um weitere Anstiege zu rechtfertigen.
Beginnt nun die Aufholjagd? Immerhin: Im ersten Quartal 2014 wurden Transaktionen im Wert von insgesamt 697 Milliarden USDollar angekündigt, ein Anstieg von 33 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im Jahr 2013. Noch scheinen die Unternehmen für ihre Akquisitionen in diesem frühen Stadium nicht zu viel zu bezahlen; der durchschnittliche Aufschlag gegenüber dem Kursniveau vor der Ankündigung liegt mit 19 Prozent nach wie vor unter dem historischen Durchschnitt von 21 Prozent.
Was wird die Welle weiter antreiben? Erstens: Die Bedingungen für Bankfinanzierungen verbessern sich. In den vergangenen Jahren haben die Unternehmen weltweit hart daran gearbeitet, ihre Bilanzen zu verbessern. Daher hat sich das Verhältnis der Zinsaufwendungen zur Gesamtverschuldung etwa für den europäischen Aktienmarkt seit dem Ende der 90er-Jahre in etwa halbiert. In manchen Fällen liefern hohe Barbestände ebenfalls Munition für die M & A-Aktivität. Hier dominieren die USA, wo die von den S & P- 500-Nichtfinanzunternehmen gehaltenen Barbestände 1,2 Billionen Dollar erreicht haben.
Zweitens: Das Vertrauen in die Erholung der Weltwirtschaft und die Überwindung der Rezession in Europa wächst. Gleichzeitig steigt in einem Umfeld mit niedrigem nominellem BIP-Wachstum und niedriger Inflation der Preisdruck. Unternehmen müssen dann oft ihre Margen stabilisieren oder eben wachsen, wenn sie die vom Markt erwarteten Gewinne liefern wollen. Hoch verschuldete Unternehmen wiederum stehen unter Druck, ihre Schulden zu reduzieren - und attraktive Assets auf den Markt zu bringen. Auch Regulierung kann Veränderungen antreiben. So war der Telekommunikationssektor bislang ein Paradebeispiel für eine stark regulierte Branche mit starkem Verbraucherschutz , hohem Wettbewerb und niedrigen Preisen. Jetzt sollen jedoch Investitionen in Netze gefördert werden, was die Aussicht auf Konsolidierung in zahlreichen anderen Märkten eröffnet.
Die Volumina der M & A-Transaktionen machen derzeit nur etwa zwei Prozent der gesamten Marktkapitalisierung aus. In den Jahren 1990, 2000 und 2008 waren das fünf bis elf Prozent. Auf dieser Grundlage ist eine Verdoppelung oder Verdreifachung gegenüber derzeitigen Niveaus möglich. Entscheidend ist jedoch, wie die Anleger reagieren. Es zeigte sich, dass mit dem Anstieg der Bewertungen im Jahr 2013 diejenigen Unternehmen, die erhebliche Aktienrückkäufe tätigten, anfingen, schlechter abzuschneiden. Anleger bewegen sich also hin zu Unternehmen mit besseren Wachstumsaussichten statt Ertrag und Rendite.
Wir rechnen damit, dass die M & A-Aktivität in Europa, Asien und den Schwellenmärkten der in den USA folgen wird. Sie sollte ausgehend von Medien, Autos, Internet, Gesundheitswesen und Getränken auch die Branchen Finanzwesen, Immobilien, Software und Telekommunikation erfassen. Wer jetzt in potenzielle Übernahmeziele investiert, kann auf kräftige Kursaufschläge hoffen.
Andrew Milligan
Milligan ist seit dem Jahr 2000 bei Standard Life Investments (SLI) für die Analyse der wichtigsten Treiber der Finanzmärkte und für die Asset Allocation der Multi-Asset-Fonds des Hauses zuständig. Zu seinen vorherigen beruflichen Stationen zählen unter anderem das britische Schatzamt oder die Lloyds Bank. SLI ist mit einem verwalteten Vermögen von über 200 Milliarden Euro eines der großen europäischen Investmenthäuser.