Trump war in den vergangenen Tagen wegen eines umstrittenen Telefonats mit dem ukrainischen Präsidenten unter Druck geraten. Für Mittwoch hat der Republikaner die Veröffentlichung der Niederschrift des Gesprächs angekündigt - was entscheidende Fragen klären und neue aufwerfen könnte.
Im Kern geht es um folgenden Vorwurf: Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat im Juli mehrfach aufgefordert haben, Ermittlungen einzuleiten, die seinem Rivalen Joe Biden schaden könnten. Biden ist nach jetzigem Stand der aussichtsreichste Präsidentschaftsbewerber der Demokraten für die Wahl 2020. Im Gegenzug soll Trump dem Ukrainer laut Berichten ein unangemessenes "Versprechen" gegeben haben, zu dessen Inhalt allerdings nichts bekannt ist. US-Medien zufolge hatte Trump kurz vor dem Telefonat angeordnet, bereits zugesagte Hilfen von rund 400 Millionen US-Dollar für die Ukraine zunächst zurückzuhalten.
Die Demokraten sehen in der Ukraine-Affäre einen möglichen Fall von Amtsmissbrauch und versuchter Beeinflussung der nächsten Präsidentschaftswahl. Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erhob am Dienstag in Washington schwere Vorwürfe gegen Trump und warf ihm Verfassungsbruch vor. "Der Präsident muss zur Rechenschaft gezogen werden. Niemand steht über dem Gesetz", betonte Pelosi. Biden sagte, ohne umfassende Kooperation des Weißen Hauses bei der Aufklärung der jüngsten Vorwürfe müsste der Kongress Trump des Amtes entheben. "Es wäre eine Tragödie, aber eine selbstverschuldete Tragödie", so Biden.
Trump wies die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Telefonat mehrfach zurück, sprach von einer "Hexenjagd" und verteidigte sein Verhalten in dem Gespräch. Am Rande der UN-Vollversammlung in New York ließ er anklingen, dass ihm der Vorstoß der Demokraten gar in die Hände spielen könnte. "Sie werden die Wahl verlieren", sagte er mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im November nächsten Jahres. Die Öffentlichkeit werde der Veröffentlichung des Transkripts entnehmen können, "dass es ein sehr freundliches und absolut angemessenes Gespräch war", twitterte Trump. Er versicherte, keinen Druck auf Selenskyj ausgeübt zu haben. In New York war für Mittwoch ein Treffen mit Selenskyj geplant.
Die Demokraten seien nach wie vor damit beschäftigt, "ihre gesamte Energie auf parteipolitische Attacken" zu konzentrieren, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham. Sobald das Transkript des Telefonats herauskomme, würden sich Trumps Kritiker "schämen", sagte der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy.
In den Reihen der Demokraten gibt es seit langem Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump - bislang vor allem wegen der Affäre um eine mutmaßliche Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf 2016 und angeblichen Behinderung der Justizermittlungen durch Trump nach dessen Amtsantritt. Pelosi stand einem Amtsenthebungsverfahren bisher skeptisch gegenüber. In der Vergangenheit verwies sie immer wieder auf die hohen Hürden und damit verbundenen Risiken.
Angesichts der neuen Vorwürfe sprachen sich aber immer mehr demokratische Abgeordnete dafür aus, nun doch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump in Gang zu setzen. US-Medien zufolge waren es zuletzt schon rund 200 Abgeordnete. Pelosi änderte daraufhin ihre Haltung.
Nach Untersuchungen und der Identifizierung von Anklagepunkten könnte ein sogenanntes Impeachment zwar mit der Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus angestrengt werden. Nötig wären dafür mindestens 218 Stimmen in der Kammer, in der die Demokraten eine Mehrheit von 235 der 435 Sitze haben. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung läge aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Die Chancen, dass die Demokraten mit ihrem Vorhaben Erfolg haben, sind also gering.
Bisher ist noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben worden. Zuletzt musste sich der Demokrat Bill Clinton 1999 wegen einer Lüge über seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky einem Verfahren stellen. Der Senat sprach ihn jedoch von den Vorwürfen des Meineides und der Behinderung der Justiz frei. Der Republikaner Richard Nixon war 1974 in der sogenannten Watergate-Affäre um die abgehörte Wahlkampfzentrale des politischen Gegners einer Amtsenthebung durch seinen Rücktritt zuvorgekommen./jac/jbz/lkl/DP/zb